Der EuGH hat in der "Schultz-Hoff-Entscheidung" nicht von der europarechtlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Anwendbarkeit der Entscheidung in zeitlicher Hinsicht zu begrenzen. Zunächst konnte allerdings aufgrund der BAG-Entscheidung vom 20.1.2009 – 9 AZR 650/07 – davon ausgegangen werden, dass den deutschen Arbeitgebern gestützt auf nationale Rechtsgrundsätze zumindest bis zum Bekanntwerden der Vorlageentscheidung des LAG Düsseldorf vom 2.8.2006 ein Vertrauensschutz auf das Fortbestehen der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung eingeräumt und Ansprüche ausgeschlossen sind, die bis zu diesem Termin bereits verfallen waren. Danach hat aber das BAG in der Entscheidung vom 23.3.2010 – 9 AZR 128/09 – festgestellt, das Vertrauen auf einen Fortbestand der früheren Rechtsprechung sei zumindest seit dem 24.11.1996 nicht länger schutzwürdig, da die Umsetzungsfrist für die Arbeitszeitrichtlinie am 23.11.1996 abgelaufen sei. Es sei auch voraussehbar gewesen, dass das BAG die seit 1982 begonnene ständige Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubsansprüchen bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit nach dem Ende der Umsetzungsfrist der Arbeitszeitrichtlinie überprüfen werde.

"Im Spiel" waren damit die seit 1996 entstandenen Vollurlaubsansprüche sowie die im Jahr 1995 gem. § 5 Abs. 1 Lit. a) BUrlG begründeten und gem. § 7 Abs. 3 Satz 4 BUrlG auf Verlangen des Arbeitnehmers[1] auf das gesamte Kalenderjahr 1996 übertragenen Teilurlaubsansprüche eines erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1995 begründeten Arbeitsverhältnisses. De facto bestand damit zunächst keinerlei Vertrauensschutz.

Diese Problematik hat sich aber nunmehr durch die Entscheidung des BAG vom 7.8.2012, 9 AZR 353/10 entschärft. In dieser Entscheidung hat das BAG im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 22.11.2011 – C-214/10 – [KHS]) festgestellt, dass die gesetzlichen Urlaubsansprüche aufgrund unionsrechtskonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfallen (vgl. hierzu näher oben unter Punkt 6.5.2.1).

[1] Das Verlangen muss nicht ausdrücklich erfolgen. Ein schlüssiges Verhalten reicht aus, nicht jedoch bloßes Schweigen: BAG, Urteil v. 29.7.2003, 9 AZR 270/02.

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