Die Urteile des EuGH vom 20.1.2009 und des BAG vom 24.3.2009 haben auch Auswirkungen auf das Bilanzsteuerrecht. Bisher waren in den Jahresabschlüssen ausschließlich Rückstellungen für die Urlaubsverpflichtungen aus dem abgelaufenen Kalenderjahr zu bilden, da davon ausgegangen wurde, dass Urlaubsansprüche aus früheren Jahren zum Ende des Kalenderjahres oder nach Ablauf des Übertragungszeitraums verfallen. Im Hinblick auf die grundlegende Entscheidung des EuGH und die in deren Folge geänderte Rechtsprechung des BAG müssen Urlaubsansprüche aus früheren Kalenderjahren in der Rückstellung sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz berücksichtigt werden.

  • Bilanzsteuerliche Behandlung von Urlaubsansprüchen des Arbeitnehmers

In der Steuerbilanz sind – ebenso wie in der Handelsbilanz – Rückstellungen für ausstehenden Urlaub zu bilden. Es handelt sich um eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten. Sie bezieht sich auf den zum Bilanzstichtag noch nicht genommenen Urlaub der Arbeitnehmer; insoweit besteht ein Erfüllungsrückstand des Arbeitgebers.

Während das Handelsrecht hier von einer Sachleistungsverpflichtung ausgeht, sieht der BFH[1] im rückständigen Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers eine Geldleistungsverpflichtung des Arbeitgebers. Diese unterschiedliche Sichtweise hat Auswirkungen auf die Bemessung der Rückstellung. Sie fällt in der Steuerbilanz niedriger aus als in der Handelsbilanz. Bilanzsteuerlich ist sie nämlich nicht nach Vollkosten, also mit den Gesamtaufwendungen, die dem Arbeitgeber aus der Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis entstehen, anzusetzen, sondern sie wird in der Steuerbilanz mit dem Urlaubsentgelt einschließlich der Lohnnebenkosten bewertet. Dabei sind das Bruttoarbeitsentgelt, die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, das Urlaubsgeld sowie weitere lohnabhängige Nebenkosten (z. B. Beiträge an die Berufsgenossenschaft) einzubeziehen. Demgegenüber bleiben aber vereinbarte Sondervergütungen wie Weihnachtsgeld, Tantiemezahlungen sowie Zuführungen zu Pensionsrückstellungen ausdrücklich unberücksichtigt. Auch allgemeine Verwaltungskosten haben keinen Einfluss auf die Höhe der Urlaubsrückstellung in der Steuerbilanz. Das Urlaubsentgelt ist durch die Anzahl der Arbeitstage, und zwar der regulären Arbeitstage und nicht der tatsächlichen Arbeitstage, zu teilen und mit den offenen Urlaubstagen zu multiplizieren. Die Bemessung der Urlaubsrückstellung ist also davon abhängig, wie viele Urlaubstage der Arbeitnehmer zum Bilanzstichtag noch nicht in Anspruch genommen hat. Bislang war dies regelmäßig nur rückständiger Urlaub des abgelaufenen Kalenderjahres, es sei denn, in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder einzelvertraglichen Regelungen wurden abweichende Verfallsfristen (zugunsten des Arbeitnehmers) vorgesehen.

  • Bewertung von Urlaubsrückstellungen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH und des BAG

Nach der neueren Rechtsprechung des EuGH und des BAG verlieren langzeiterkrankte Arbeitnehmer ihre Urlaubsansprüche aus Vorjahren nicht. Dies schlägt unmittelbar auf die Bemessung der Urlaubsrückstellung durch, denn die offenen Urlaubstage erhöhen sich für diese Arbeitnehmer entsprechend. Damit ergibt sich eine höhere Bewertung der Urlaubsrückstellung. Die entscheidende Frage für die Passivierung der Urlaubsrückstellung in Handels- und Steuerbilanz ist dabei, ob insoweit nur der gesetzliche Urlaubsanspruch oder gegebenenfalls auch über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehende Ansprüche für langzeiterkrankte Arbeitnehmer erhalten bleiben und ob Verjährungsfristen (wie z. B. § 195 BGB) eine Rolle spielen.

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