Rz. 5

Das Recht des Betriebsrats nach § 90 BetrVG bedeutet eine umfassende und frühzeitige Unterrichtung durch den Arbeitgeber über geplante – auch versuchsweise – Änderungen der in § 90 Abs. 1 BetrVG abschließend aufgeführten Gegenstände. Entscheidend ist die Unterrichtung des Betriebsrats bereits in einer Phase, in der eine tatsächliche Entscheidung durch den Arbeitgeber noch nicht getroffen wurde, um die Einflussmöglichkeiten des Betriebsrats auf die Entscheidungsfindung nicht von vornherein auszuschließen.

 

Rz. 6

Dem Betriebsrat sind alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen, soweit sie für eine Entscheidung erheblich sind. Sie haben daher auch organisatorische und technische Einzelheiten zu umfassen. Dabei sind die Unterlagen in einer allgemein verständlichen Form vorzulegen. Gegebenenfalls sind fremdsprachige Unterlagen zu übersetzen oder im Fall schwieriger technischer Ausführungen ein Sachverständiger zurate zu ziehen. Der Betriebsrat muss mithilfe der vorgelegten Unterlagen in die Lage versetzt werden, sämtliche Auswirkungen einer geplanten Maßnahme auf die Arbeitnehmer abschätzen und alle sich in diesem Zusammenhang ergebenden Fragen beantworten zu können. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Unterlagen ohne ausdrückliche Anforderung durch den Betriebsrat vorzulegen. Unterlässt der Arbeitgeber dies, kann der Betriebsrat die Unterlagen anfordern.

2.2.1 Neu-, Um- und Erweiterungsbauten

 

Rz. 7

§ 90 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG erfasst sämtliche erheblichen Veränderungen der baulichen Substanz an Fabrikations-, Verwaltungs- und allen sonstigen betrieblichen Räumen.[1] Einbezogen werden alle Plätze, an denen sich Arbeitnehmer im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Aufgabe aufhalten (z. B. Laboratorien, Lager- und Produktionshallen, Verwaltungsgebäude). Neben Werk- und Arbeitsräumen unterliegen daher auch Sozialräume dem Recht des Betriebsrats nach § 90 BetrVG. Demzufolge unterfallen Teile des Betriebsgeländes, in dem sich kein Arbeitnehmer aufhält, wie beispielsweise Gas- oder Öltanks, nicht dem Unterrichtungsrecht. Derartige Anlagen sind jedoch grundsätzlich als technische Anlage zu definieren, sodass ein Recht des Betriebsrats nach Nr. 2 eröffnet ist. Unerheblich ist aufgrund des umfassenden Schutzbereiches der Norm, ob sich durch die Maßnahme die Zweckbestimmung der Räumlichkeit ändert.

 

Rz. 8

Zur Eröffnung des Mitwirkungsrechts des Betriebsrats ist eine Auswirkung der geplanten Maßnahme auf die Arbeitsbedingungen erforderlich. Soweit es sich um Ausbesserungsarbeiten handelt, durch die der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden soll, wie dies bei Renovierungs- und Reparaturarbeiten der Fall ist, ist eine Unterrichtung nicht zwingend geboten.

 

Rz. 8a

Neben § 90 BetrVG besteht allein in Ausnahmefällen bei in Aussicht genommenen Baumaßnahmen ein – sekundäres – Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Eine solche Ausnahme ist allein in Betracht zu ziehen, wenn die Maßnahme eine dem Gesundheitsschutz dienende Handlungspflicht auslöst (LAG Nürnberg, Beschluss v. 4.2.2003, 6 (2) TaBV 39/01). Demnach fallen Umgestaltungsmaßnahmen, die nicht dem Gesundheitsschutz, sondern der Verbesserung der Kommunikation zwischen den Arbeitnehmern sowie der Schaffung von ausreichend Platz für ein Archiv dienen, nicht in den Anwendungsbereich von § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG und begründen daher kein Mitbestimmungsrecht bei der Planung und Durchführung von Baumaßnahmen im Betrieb (LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 9.3.2010, 6 TaBV 15/09).

[1] Vgl. Faber, PersR 2012, 348.

2.2.2 Technische Anlagen (Nr. 2)

 

Rz. 9

Technische Anlagen sind Maschinen, Geräte und Hilfsmittel, die unmittelbar oder mittelbar dem Arbeitsablauf dienen, ihn ermöglichen oder erleichtern sollen, wie z. B. der Neubau eines Fahrstuhls, Klimaanlagen, Schallschutzwände, Raumbeleuchtungen oder sonstiges Büromobiliar.[1] § 90 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG differenziert nicht zwischen Verwaltungs- oder Fabrikationsbereich. Die Anschaffung einer neuen EDV-Anlage unterliegt der Unterrichtungs- und Beratungspflicht genauso, wie der in Aussicht genommene Erwerb einer neuen Produktionsanlage. Von der Vorschrift erfasst wird jedoch nicht die Anschaffung einfacher Werkzeuge oder von Ersatzteilen. Eine technische Anlage ist somit erst unterrichtungspflichtig, wenn sie unmittelbare oder mittelbare Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen hat.

 

Rz. 10

Der Anwendungsbereich stimmt in diesem Teil der Vorschrift weitestgehend mit denen des gesetzlichen Arbeitsschutzes überein. Im Rahmen des § 90 BetrVG steht allerdings nicht der Gefahrenschutz des Menschen durch den Einsatz der Maschine im Vordergrund. Vielmehr soll die Arbeit und der Arbeitsablauf an den Menschen angepasst werden, um unnötige Belastungen und Beanspruchungen zu vermeiden. Die Anlagen sollen also soweit wie möglich mit folgenden Maßgaben angeschafft werden:

  • Vermeidung von Beeinträchtigungen durch Lärm, Schmutz, Staub, Nässe, Hitze oder Kälte, Gase oder Dämpfe, Lichtmangel oder Blendung
  • Berücksichtigung der Körpermaße des arbeitenden Menschen bei der Einrichtung und Gestaltung des Arbeitsplatzes (insbeso...

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