Rz. 2

Von der Größe des Unternehmens hängt es ab, ob die Vorschriften der §§ 111 ff. BetrVG überhaupt zur Anwendung kommen. Sie gelten nur in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern. Maßgeblich ist hier das Unternehmen als der einheitliche Rechtsträger, nicht aber der jeweilige Betrieb. Das Unternehmen kann sowohl von einer juristischen Person (Gesellschaft, Verein usw.) als auch von einer Privatperson oder einer Personengesellschaft getragen werden. Hat ein Unternehmen mehrere Betriebe, dann werden die Mitarbeiter in allen Betrieben zusammengerechnet. Damit unterfallen auch Betriebsänderungen in Kleinstbetrieben den Regeln dieses Unterabschnitts, wenn der Kleinstbetrieb zu einem größeren Unternehmen gehört. Zweck der Herausnahme von Kleinunternehmen aus dem Geltungsbereich des § 111 BetrVG ist deren fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, um im Falle einer Betriebsänderung auch die finanziellen Folgen eines Interessenausgleichs und Sozialplans zu verkraften.

Davon zu unterscheiden ist es, ob es sich im konkreten Fall um eine Betriebsänderung handelt. Hier kommt es auf die Verhältnisse im betroffenen Betrieb, nicht im Unternehmen an.

 

Rz. 3

Das Unternehmen muss regelmäßig mindestens 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer (s. § 7 BetrVG) beschäftigen. Kurzfristige Schwankungen spielen keine Rolle. Zur Klärung, ob ein Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt ist, sind sowohl ein Rück- als auch ein Ausblick erforderlich (BAG, Urteil v. 22.2.1983, 1 AZR 260/81; BAG, Urteil v. 8.6.1989, 2 AZR 624/88[1]). Im Fall einer Betriebsstilllegung ist für die Ermittlung der Zahl der in der Regel beschäftigten wahlberechtigten Arbeitnehmer der Zeitpunkt des Stilllegungsbeschlusses maßgeblich. Entscheidend ist aber nicht, wie viele Arbeitnehmer dem Unternehmen zu diesem Zeitpunkt zufällig angehören, sondern, wie viele für das Unternehmen im Allgemeinen kennzeichnend sind. Dazu ist eine die Gegebenheiten des Einzelfalls berücksichtigende rückblickende Betrachtung geboten (BAG, Urteil v. 16.11.2004, 1 AZR 642/03[2]; BAG, Urteil v. 16.11.2004, 1 AZR 10/04; BAG, Urteil v. 24.2.2005, 2 AZR 207/04[3]).

Zu berücksichtigen sind alle Arbeitnehmer des Unternehmens, es gilt das "Kopfprinzip", sodass auch Teilzeitbeschäftigte als ein Arbeitnehmer zählen. Auch die Arbeitnehmer in Betrieben ohne Betriebsrat oder in Kleinstbetrieben zählen mit[4].

 

Rz. 3a

Bei der Ermittlung des Schwellenwerts von 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern sind Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate im Unternehmen eingesetzt werden sollen, mitzuzählen, obwohl sie nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Entleiher stehen (BAG, Urteil v. 18.10.2011, 1 AZR 335/10[5]). Für die Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens macht es deshalb keinen Unterschied, ob die Arbeitsplätze mit eigenen Arbeitnehmern oder Leiharbeitnehmern besetzt sind. Maßgeblich ist allein die "Kopfzahl" der als Arbeitnehmer beschäftigten Personen. Sie sind bei der Ermittlung des Schwellenwerts in § 111 Satz 1 BetrVG allerdings nur zu berücksichtigen, wenn sie "wahlberechtigt" sind. Erforderlich ist daher, dass sie entsprechend § 7 Satz 2 BetrVG länger als 3 Monate in dem Betrieb eingesetzt werden, wobei es ausreicht, dass die geplante Einsatzdauer 3 Monate beträgt. Es gelten die Regelungen über die Wahlberechtigung von Leiharbeitnehmern (siehe § 7 Rz. 9).

Das bedeutet aber nicht, dass zwangsläufig jeder Leiharbeitnehmer nun bei der Berechnung des Schwellenwertes zur berücksichtigen ist. Vielmehr wirkt sich diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nur dahingehend aus, dass es für die Frage, ob das Unternehmen in der Regel mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt es ohne Bedeutung ist, ob es sich dabei um eigenen Arbeitnehmer oder um Leiharbeitnehmer handelt.

 
Praxis-Beispiel

Das Unternehmen beschäftigt 15 Vollzeitbeschäftigte, von denen einer in Elternzeit und einer langzeitkrank ist, zusätzlich einen Arbeitnehmer als Vertreter für den Langzeitkranken und einen Arbeitnehmer als Elternzeitvertretung, 3 Minijobber (§ 8 SGB IV) und 6 Leiharbeitnehmer, die sich jeweils für 4 Monate auf 2 Arbeitsplätzen abgelöst haben.

Das Unternehmen hat nicht mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer, sondern nur 20.

Das ergibt sich aus folgender Berechnung:

Vollzeitbeschäftigte: 15

Vertretungskräfte: 0 (siehe auch § 21 BEEG)

Minijobber: 3

Leiharbeitnehmer: 2

Die Leiharbeitnehmer werden nur als 2 Arbeitnehmer gezählt, da sich nicht das ganze Jahr über im Unternehmen sind, sondern immer nur 2 Arbeitsplätze besetzen.

 

Rz. 3b

Streitig ist, wie der Schwellenwert im gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen zu berechnen ist, ob hier die beteiligten Unternehmen als Rechtsträger, z. B. die einzelnen Gesellschaften getrennt zu betrachten sind oder ob jedenfalls bei einer Betriebsänderung im Gemeinschaftsbetrieb die Arbeitnehmer aller beteiligten Unternehmen zu berücksichtigen sind[6].

Jedenfalls in den Fällen, in denen in einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen mehr als zwanzig wahlbere...

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