4.7.6.1 Allgemeines

 

Rz. 901

Gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 KSchG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen die Gründe für die getroffene Sozialauswahl mitzuteilen. Gemeint sind hiermit die tatsächlich vom Arbeitgeber aufgrund der Sozialdaten angestellten Auswahlüberlegungen.[1] Dem Arbeitnehmer ist über die entscheidungserheblichen Sozialdaten und deren Gewichtung im Verhältnis zueinander Auskunft zu erteilen. Die Auskunftspflicht des Arbeitgebers soll es dem gekündigten Arbeitnehmer ermöglichen, die Erfolgsaussichten seines Kündigungsschutzprozesses abzuschätzen und ihm die Beweisführung für Auswahlfehler[2] zu ermöglichen. Da der gekündigte Arbeitnehmer diejenigen Kollegen namentlich zu benennen hat, die seiner Meinung nach sozial weniger schutzbedürftig sind, kann er bei Unkenntnis auch die entsprechende Auskunft vom Arbeitgeber verlangen. Der Arbeitgeber genügt diesem Auskunftsverlangen nur dann, wenn er angibt, welche konkreten Arbeitnehmer seiner Meinung nach zum auswahlrelevanten Personenkreis gehören (BAG, Urteil v. 21.7.1988, 2 AZR 81/88[3]). Die Auskunftspflicht des Arbeitgebers besteht auch uneingeschränkt im Fall der gesetzlichen Vermutungswirkung eines Interessenausgleichs mit Namensliste nach § 1 Abs. 5 KSchG (BAG, Urteil v. 27.9.2012, 2 AZR 516/11[4]).

 

Rz. 902

Folgen hat eine Verletzung der Auskunftspflicht hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast im Kündigungsschutzprozess, ferner drohen zivilrechtliche Schadensersatzforderungen aufgrund von vertraglichen Nebenpflichtverletzungen. Keine Auswirkungen hat die Verletzung der Mitteilungspflicht hingegen auf die Wirksamkeit der Kündigung.[5]

[1] ErfK/Oetker, 22. Aufl. 2022, § 1 KSchG, Rz. 339; SPV/Preis, 11. Aufl. 2015, Rz. 1133; DDZ/Deinert, KSchR, 11. Aufl. 2020, § 1 KSchG, Rz. 652.
[2] Vgl. Rz. 904.
[3] AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 10, 17.
[4] NZA 2013 S. 559.
[5] ErfK/Oetker, 22. Aufl. 2022, § 1 KSchG, Rz. 341.

4.7.6.2 Namenslisten und Ausnahmen nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG

 

Rz. 903

Nimmt der Arbeitgeber bestimmte Arbeitnehmer aufgrund der Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG aus der Sozialauswahl heraus, so hat er die Gründe, die das betriebliche Interesse an einer Fortführung des Arbeitsverhältnisses mit den betreffenden Arbeitnehmern seiner Ansicht nach rechtfertigen, ebenfalls anzugeben. Die Existenz einer – in Abstimmung mit dem Betriebsrat erstellten – Namensliste bei einem Interessenausgleich befreit den Arbeitgeber nicht von seiner Mitteilungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer.[1]

[1] BTM/Mayer, KSchG, 3. Aufl. 2004, § 1 KSchG, Rz. 427.

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