Rz. 142

Für das Arbeitsverhältnis kennzeichnend ist die zeitliche Fixierung der Arbeitszeit[1] hinsichtlich ihrer Dauer und Lage. Sie ist wegen der Verpflichtung zur Erbringung einer Tätigkeit statt eines Erfolgs von besonderer Bedeutung,[2] weil die Tätigkeit in Zeitabschnitten zu bemessen ist und davon grundsätzlich die Gegenleistung des Arbeitgebers abhängt. Von deren Bestimmung oder Bestimmbarkeit zu unterscheiden ist die Frage, welche Tätigkeiten auf die Arbeitszeit angerechnet werden können oder müssen. Der Begriff der Arbeitszeit wird durch das Gesetz nicht inhaltlich definiert. § 2 Abs. 1 Satz 1 ArbZG enthält lediglich eine terminologische Ein- und Abgrenzung, die durch die Gegenüberstellung zu den Ruhepausen eine erste Eigenschaft der Arbeitszeit benennt, aber nicht erschöpfend bestimmt, wodurch die Arbeitszeit charakterisiert wird; im Übrigen gilt diese Begriffsbestimmung allein für das ArbZG.

[1] BAG, Urteil v. 17.3.1988, 2 AZR 576/87, AP BGB § 626 Nr. 99.
[2] Reichold in MünchArbR, § 40, Rz. 63.

9.1.3.1 Dauer und Lage

 

Rz. 143

Die Festlegung von Dauer und Lage der Arbeitszeit erfolgt in erster Linie durch den Arbeitsvertrag, der jedenfalls hinsichtlich der Dauer (regelmäßige wöchentliche oder monatliche Arbeitszeit) i. d. R. ergiebig ist.

9.1.3.1.1 Bestimmung der Dauer

 

Rz. 144

Die Dauer der Arbeitszeit ist grundsätzlich Gegenstand freier Vereinbarung bei Vertragsschluss,[1] der jedoch vor allem durch die Bestimmungen des ArbZG, außerdem sehr häufig durch tarifvertragliche Normen, Grenzen gezogen werden. Gesetzliche oder tarifvertragliche Bestimmungen über die (Höchst-)Dauer der Arbeitszeit begründen weder eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung noch einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Beschäftigung.[2] Wird keine konkrete Arbeitszeit vereinbart und liegen auch keine konkretisierenden betrieblichen oder tariflichen Regelungen vor, gilt als zu leistende Arbeitszeit die übliche Arbeitszeit im Betrieb.[3]

 

Rz. 145

Es besteht kein Recht des Arbeitgebers, kraft Direktionsrecht den Umfang der Arbeitszeit einseitig zu ändern.[4] Dies gilt auch dann, wenn dem Arbeitgeber ein solches Recht im Einzelarbeitsvertrag eingeräumt wird. Nach BAG stellt eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, die den Arbeitgeber berechtigen soll, die zunächst festgelegte Arbeitszeit später einseitig nach Bedarf zu reduzieren bzw. zu erhöhen, eine objektive Umgehung von zwingenden Vorschriften des Kündigungs- und Kündigungsschutzrechts dar und ist daher nach § 134 BGB nichtig.[5]

 

Rz. 146

Strittig ist aber, ob der Arbeitgeber zur einseitigen Änderung kraft Direktionsrechts berechtigt ist, wenn ihn ein Tarifvertrag hierzu ermächtigt. Gibt eine tarifvertragliche Bestimmung dem Arbeitgeber das Recht, einseitig die Arbeitszeit über die tariflich festgelegte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus in einem tariflich vorgegebenen Rahmen zu verlängern und wieder entsprechend zu verkürzen, so bestehen für das BAG keine allgemeinen rechtlichen Bedenken.[6] In Abweichung vom früheren § 15 Abs. 2 BAT ermächtigt § 6 Abs. 4 ff. TVöD den Arbeitgeber nicht mehr zu einer einseitigen Veränderung; eine solche ist nur aufgrund von Betriebs- oder Dienstvereinbarungen möglich.

 

Rz. 147

Umstritten ist ferner, ob im Einzelvertrag wirksam eine längere Arbeitszeit vereinbart werden kann, als ein anwendbarer Tarifvertrag vorsieht.[7] Die Beantwortung der Frage hängt nicht zuletzt von dem Verständnis des Günstigkeitsprinzips[8] ab.[9] Gegen eine Begrenzung durch Tarifvertrag und für den Vorrang der individuellen Vereinbarung wird mit zutreffender Argumentation vorgebracht, dass nur aus Sicht des einzelnen Arbeitnehmers beurteilt werden kann, ob eine längere Arbeitszeit und damit eine kürzere Freizeit für den Arbeitnehmer günstiger ist.[10]

[1] Zu den Grenzen der Gestaltung betrieblicher Arbeitszeitmodelle s. Lohbeck, ZTR 2001, S. 342 ff.
[2] Linck in Schaub, ArbRHdb, § 45, Rz. 43.
[4] Richardi in Staudinger, § 611 BGB, Rz. 315.
[5] BAG, Urteil v. 12.12.1984, 7 AZR 509/83, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 6.
[7] Wank in Wiedemann, § 4 TVG, Rz. 479 ff.; eingehend Buchner, RdA 1990, S. 8 ff.
[9] Ausf. Joost, ZfA 1985, S. 173 ff.
[10] Reichold in MünchArbR, § 40, Rz. 91.

9.1.3.1.2 Bestimmung der Lage

 

Rz. 148

Anders als die Dauer der Arbeitszeit entzieht sich jedoch die Regelung ihrer Lage bei einem betrieblichen Arbeitsverhältnis weitgehend der individualvertraglichen Festlegung, denn der einzelne Arbeitnehmer ist eingebunden in die Arbeitsorganisation, etwa in einen arbeitstechnisch festgelegten Produktionsprozess. Die weitgehende Unfähigkeit der Einflussnahme des einzelnen Arbeitnehmers auf die Lage der Arbeitszeit wird durch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG kompensiert, das den Arbeitgeber zur Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Belegschaft veranlasst. Enthalten weder Tarif- noch Einzelarbeitsvertrag eine Regelung über die Lage der Arbeitszeit, ist d...

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