4.1 Begriff und Rechtsnatur des Arbeitsentgelts

 

Rz. 38

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung zu gewähren.[1] Unter dem Begriff der Vergütung versteht das BGB das Arbeitsentgelt. Die Arbeitsentgeltpflicht ist die Hauptpflicht des Arbeitgebers. Sie steht im Synallagma zur Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Die Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Arbeitsleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.[2] Grundsätzlich unterliegt die Vereinbarung der Vergütungshöhe der Vertragsfreiheit der Parteien. Besteht jedoch eine beiderseitige tarifvertragliche Bindung, darf der tariflich festgelegte Mindestlohn nicht durch die Arbeitsentgeltvereinbarung unterschritten werden.[3] Zudem darf der gesetzliche Mindestlohn nach § 1 MiloG nicht unterschritten werden.

4.2 Geldschuld, Naturallohn, Sachbezüge

 

Rz. 39

Die Vergütung ist grundsätzlich eine Geldschuld. Das Arbeitsentgelt ist in Euro zu berechnen und auszuzahlen.[1] Aus § 107 Abs. 2 GewO folgt das prinzipielle Verbot des Trucksystems, doch wird durch diese Vorschriften die Vereinbarung einer Naturalvergütung nicht gänzlich ausgeschlossen. Es ist jedoch unzulässig, eine als Geldschuld eingegangene Vergütungspflicht durch eine Naturalleistung zu tilgen,[2] es sei denn, es greift eine der Ausnahmen des § 107 Abs. 2 Satz 1, 3, 5 GewO ein.[3] Eine vereinbarte Barzahlung bedeutet jedoch nicht, dass eine bargeldlose Zahlung ausgeschlossen ist, sofern der Arbeitnehmer aufgrund der Zahlungsart über den Lohnbetrag verfügen kann.

 
Praxis-Beispiel

Die Möglichkeit, einen Dienstwagen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auch für Privatfahrten nutzen zu können, ist eine zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung.[4] Eine andere Form der Sachleistung kann die Überlassung einer Werkswohnung oder das Einräumen von Personalrabatten sein.[5]

[2] BGH, Urteil v. 12.5.1975, III ZR 39/73, AP GewO § 115 Nr. 3; Müller-Glöge in MünchKom, § 611 BGB, Rz. 521.
[3] Müller-Glöge in MünchKom, § 611 BGB, Rz. 521.
[4] BAG, Urteil v. 27.5.1999, 8 AZR 415/98, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 12.
[5] Krause in MünchArbR, § 67, Rz. 2.; Müller-Glöge in MünchKom, § 611 BGB, Rz. 708.

4.3 Modalitäten der Vergütungszahlung

 

Rz. 40

Üblicherweise ist der Erfüllungsort für die Lohnzahlungsverpflichtung des Arbeitgebers der Ort, an dem sich der Betrieb befindet, in dem der Arbeitnehmer seine Dienste ständig verrichtet.[1] Der Betriebssitz bleibt auch dann der Erfüllungsort, wenn der Arbeitnehmer außerhalb der Betriebsstätte eingesetzt wird.[2] Der Arbeitnehmer hat die Vergütung grundsätzlich im Betrieb abzuholen (Holschuld). Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu erbringen.[3] Die Norm ist abdingbar, sodass TV, BV oder Arbeitsvertrag eine abweichende Regelung enthalten können. Für einzelne Arbeitnehmergruppen bestehen besondere Vorschriften über die Zahlungszeit, insbesondere für Handlungsgehilfen nach § 64 HGB.

 

Rz. 41

Ist es dem Arbeitnehmer nicht möglich oder nicht zumutbar, den Lohn abzuholen oder abholen zu lassen, muss der Arbeitgeber gem. § 270 Abs. 1 BGB die Vergütung auf seine Kosten an den Wohnsitz des Arbeitnehmers übermitteln. Es handelt sich in diesem Fall um eine qualifizierte Schickschuld. Eine qualifizierte Schickschuld des Arbeitgebers ist auch dann gegeben, wenn eine bargeldlose Lohnzahlung per Überweisung erfolgt. Mit der Gutschrift der Überweisung auf dem Konto des Arbeitnehmers tritt die Erfüllungswirkung ein, wobei der Arbeitgeber das Risiko des Fehlgehens der Überweisung trägt.[4]

[1] LAG Berlin, Urteil v. 19.5.1960, 2 Sa 14/60, AP BGB § 269 Nr. 3.
[2] Richardi in Staudinger, § 611 BGB, Rz. 646.
[4] Linck in Schaub, ArbRHdb, § 70, Rz. 7; Preis in ErfK, § 611a BGB, Rz. 398.

4.4 Nettolohnvereinbarung

 

Rz. 42

Ist im Arbeitsvertrag eine Bruttovergütung vereinbart, hat der Arbeitnehmer die anfallende Lohnsteuer im Verhältnis zum Arbeitgeber zu tragen. Der Arbeitgeber kann die abzuführende Lohnsteuer von dem vereinbarten Lohn abziehen. Das gilt auch bei einer geringfügigen Beschäftigung hinsichtlich der pauschalierten Lohnsteuer.[1] Nettolohn wird vom Arbeitgeber nur kraft besonderer Vereinbarung geschuldet. Nettolohnvereinbarungen sind zulässig, es sei denn, Arbeitgeber und Arbeitnehmer arbeiten einvernehmlich zur Hinterziehung der Lohnsteuer und der Gesamtsozialversicherungsbeiträge zusammen.[2]

[1] BAG, Urteil v. 1.2.2006, 5 AZR 628/04, AP EStG § 40a Nr. 4.
[2] BAG, Urteil v. 23.9.2021, 5 AZR 251/19 AP § 611 BGB Nettolohn Nr. 17; BFH, Urteil v. 28.2.1992, VI R 146/87, BB 1992, S. 1482.

4.5 Besondere Arten der Vergütung

4.5.1 Sondervergütungen, Gratifikationen

 

Rz. 43

Zu den Sondervergütungen gehören Gratifikation, 13. Monatsgehalt, Jahresabschlussvergütung, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Jubiläumszuwendung.[1] Ihnen allen ist gemein, dass sie nicht regelmäßig mit dem Arbeitsentgelt ausgezahlt, sondern aus bestimmten Anlässen oder zu bestimmten Terminen gewährt werden. Die Sondervergütungen haben grundsätzlich Entgeltcharakter, sodass Schenkungen des Arbeitgebers nur im Einzelfall bei persönlichen unentgeltlichen Zuwendungen anzune...

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