9.1 Abschluss einer Inklusionsvereinbarung

Nach § 166 SGB IX hat der Arbeitgeber mit der Schwerbehindertenvertretung sowie dem Betriebs-/Personalrat eine verbindliche Inklusionsvereinbarung abzuschließen. Das Initiativrecht für den Abschluss dieser Vereinbarung liegt bei der Schwerbehindertenvertretung oder – ist diese nicht vorhanden – beim Betriebs- bzw. Personalrat. Mit der Inklusionsvereinbarung sollen betriebliche Belange im Zusammenhang mit der Eingliederung behinderter Menschen einvernehmlich geregelt werden. Sie soll den betrieblichen Erfordernissen Rechnung tragen, den Betriebsfrieden fördern und damit störungsfreie Betriebsabläufe ermöglichen.

Obligatorischer Gegenstand der Inklusionsvereinbarung sind Personalplanung, Arbeitsplatzgestaltung, Gestaltung des Arbeitsumfelds, Arbeitsorganisation, Arbeitszeit sowie Verfahrensregelungen.

Zur Stärkung dieses Gestaltungsinstruments wurden in § 166 Abs. 3 SGB IX[1] weitere Regelungsgegenstände fakultativ eingefügt

  • zur angemessenen Berücksichtigung schwerbehinderter Menschen bei der Besetzung freier, frei werdender oder neuer Stellen,
  • zu einer anzustrebenden Beschäftigungsquote, einschließlich eines angemessenen Anteils schwerbehinderter Frauen,
  • zu Teilzeitarbeit,
  • zur Ausbildung behinderter Jugendlicher,
  • zur Durchführung betrieblicher Prävention (betriebliches Eingliederungsmanagement) und zur Gesundheitsförderung,
  • über die Hinzuziehung des Werks- und Betriebsarztes auch für Beratungen über Leistungen zur Teilhabe sowie über besondere Hilfen im Arbeitsleben.

Für den Fall einer Nichteinigung sieht das Gesetz keine Regelung vor. Insbesondere besteht keine Kompetenz der Einigungsstelle, sodass es sich um eine freiwillige Betriebs- oder Dienstvereinbarung handelt. Es geht insoweit von dem guten Willen aller Beteiligten aus. Das Integrationsamt kann zu den Verhandlungen eingeladen werden, u. U. auch als Moderator zur Auflösung eines Patts, worauf es hinwirken soll.

[1] Eingefügt mit dem am 1.5.2004 in Kraft getretenen Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen.

9.2 Pflicht zur Prävention

Nach § 167 Abs. 1 SGB IX wird der Arbeitgeber verpflichtet, bei Eintritt von Schwierigkeiten bei der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen, die zur Gefährdung des Beschäftigungsverhältnisses führen können, aktiv zu werden. Durch möglichst frühzeitiges Einschalten von Schwerbehindertenvertretung sowie Betriebs-/Personalrat sollen alle Möglichkeiten und alle zur Verfügung stehenden Beratungshilfen und finanzielle Leistungen der Integrationsämter oder der Bundesagentur für Arbeit zum Erhalt des Arbeitsplatzes ausgeschöpft werden. Unterlässt der Arbeitgeber diese "Prävention", so wird ihm das der von der Schwerbehindertenvertretung informierte Arbeitnehmer in einem Kündigungsschutzprozess vorhalten.

Die Durchführung des Präventionsverfahrens nach § 167 Abs. 1 SGB IX ist keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten Menschen. Die Vorschrift stellt eine Konkretisierung des dem gesamten Kündigungsschutzrecht innewohnenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Voraussetzung für die Durchführung des Präventionsverfahrens ist, dass "Schwierigkeiten" im Arbeitsverhältnis aufgetreten sind. Die können aber nur angenommen werden, wenn es sich um bloße Unzuträglichkeiten handelt, die noch nicht den Charakter von Kündigungsgründen aufweisen.[1]

Eine besondere Stärkung der Gesundheitsprävention erfolgt durch § 167 Abs. 2 SGB IX.[2] Die Regelung will ein betriebliches Eingliederungsmanagement bei gesundheitlichen Störungen sicherstellen (wegen der Einzelheiten siehe dort).

[2] Eingefügt mit dem am 1.5.2004 in Kraft getretenen Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen.

9.3 Anzeige- und Mitwirkungspflichten

Jeder Arbeitgeber hat ein Verzeichnis der bei ihm beschäftigten schwerbehinderten Menschen zu führen (§ 163 Abs. 1 SGB IX). Einmal pro Jahr sind der Agentur für Arbeit unter Beifügung einer Durchschrift für das Integrationsamt die Zahl der zu berücksichtigenden Arbeitsplätze, die Zahl der schwerbehinderten Menschen und sonstigen anrechnungsfähigen Personen, die Mehrfachanrechnungen anzuzeigen (§ 163 Abs. 2 SGB IX). Die Anzeige hat für das vorangegangene Kalenderjahr bis spätestens zum 31.3. des Folgejahres zu erfolgen. Darüber hinaus obliegen dem Arbeitgeber allgemeine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gegenüber der Bundesagentur für Arbeit und den Integrationsämtern (§ 163 Abs. 5, 7 SGB IX).

9.4 Bestellung eines Personalverantwortlichen als Beauftragten

Nach § 181 SGB IX hat der Arbeitgeber einen Beauftragten zu bestimmen, der ihn in Angelegenheiten der schwerbehinderten Menschen verantwortlich vertritt. Der Beauftragte soll nach Möglichkeit selbst schwerbehindert sein. Die Entscheidung entfällt, wenn der Arbeitgeber keinen schwerbehinderten Menschen beschäftigt. Die Entscheidung trifft der Arbeitgeber alleine, sie ist mitbestimmungsfrei und unterliegt keiner gerichtlichen Kontrolle. Wohl ist ggf. die Arbeitnehmervertretung wegen der damit verbundenen Versetzung bzw. die Schwerbe...

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