3.4.1 Ziel der Regelung, Überblick über die Freistellungsansprüche

Die Regelungen im PflegeZG zielen darauf ab, im Pflegefall die Möglichkeit "flexibler Auszeiten" zu schaffen, ohne den Arbeitsplatz zu gefährden. Die zeitliche Begrenzung der Pflegezeit soll sicherstellen, dass die Betreuung durch Familienangehörige die Betreuung pflegebedürftiger Menschen durch professionelle Pflegeeinrichtungen oder Pflegeheime nicht ersetzt, sondern auf die akute Phase der Pflege beschränkt bleibt.

Ein weiterer Effekt der Einführung einer Pflegezeit ergibt sich bei der Pflegeversicherung: Die Bundesregierung geht davon aus, dass durch die Pflegezeit mehr Menschen "Pflegegeld für häusliche Pflege" – statt der höheren Leistungen für stationäre Pflege – beantragen werden und die Inanspruchnahme der Pflegezeit damit zu einer Entlastung der Pflegeversicherung führen wird.

Regelungen im Sozialversicherungsrecht sollen die notwendige sozialversicherungsrechtliche Absicherung der Beschäftigten während der Pflegezeit gewährleisten. So ist z. B. in § 44a SGB XI geregelt, dass Beschäftigte, die wegen der Pflege naher Angehöriger vollständig von der Arbeitsleistung freigestellt oder nur noch geringfügig i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV beschäftigt sind, auf Antrag einen Beitragszuschuss in Höhe des Mindestbeitrags zur Kranken- und Pflegeversicherung erhalten und weiterhin nach dem SGB III arbeitslosenversichert sind. In der Rentenversicherung können unter bestimmten Voraussetzungen Zeiten der häuslichen Pflege Pflichtbeitragszeiten sein.[1]

Seit 1.1.2015 können Beschäftigte eine Auszeit zur Betreuung minderjähriger pflegebedürftiger naher Angehöriger oder zur Begleitung von nahen Angehörigen in der Sterbephase auch bei außerhäuslicher Unterbringung beanspruchen.

Die Pflegezeit kann in Form einer vollen oder einer teilweisen Freistellung von der Arbeit genommen werden.

[1] Zu den sozialversicherungsrechtlichen Einzelheiten siehe "Soziale Absicherung der Pflegepersonen".

3.4.2 Pflegezeit zur häuslichen Pflege naher Angehöriger (bis zu 6 Monate)

Beschäftigte haben einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeit für die häusliche Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen ("Pflegezeit", § 3 Abs. 1 PflegeZG).

3.4.2.1 Anspruchsvoraussetzungen

– Unternehmen mit mehr als 15 "Beschäftigten"

Sog. Kleinunternehmen sind von den Bestimmungen zur 6-monatigen Pflegezeit ausgenommen. Der Anspruch besteht nur für Beschäftigte in Unternehmen mit in der Regel mehr als 15 Beschäftigten.[1]

Teilzeitkräfte sind bei der Bemessung der notwendigen Unternehmensgröße voll mitzuzählen. Eine dem § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG entsprechende Vorschrift, wonach Teilzeitkräfte nur anteilig mit 0,5 bzw. 0,75 gerechnet werden, ist im PflegeZG nicht vorhanden.

Eine gesetzliche Klarstellung, dass die Beschäftigten in Berufsbildung nicht mitgezählt werden (wie z. B. in § 15 Abs. 7 Nr. 1 BEEG und § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG normiert), fehlt im PflegeZG.[2] Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG ist der Anspruch ausgeschlossen gegenüber Arbeitgebern mit in der Regel 15 oder weniger "Beschäftigten". Der Beschäftigtenbegriff ist in § 7 Abs. 1 PflegeZG definiert und erfasst Arbeitnehmer, zur Berufsausbildung Beschäftigte und arbeitnehmerähnliche Personen.

 
Wichtig

Bei Bemessung der Unternehmensgröße sind – entgegen der Schwellenwertregelungen in anderen Gesetzen – auch die zur Berufsbildung Beschäftigten und die arbeitnehmerähnlichen Personen mitzuzählen!

Hinsichtlich des anspruchsberechtigten Personenkreises wird verwiesen auf "Beschäftigte i. S. d. PflegeZG"; hinsichtlich des Begriffs des pflegebedürftigen nahen Angehörigen (§ 7 Abs. 1 und Abs. 3 PflegeZG) siehe "Nahe Angehörige" und "Pflegebedürftigkeit".

Der Anspruch auf Pflegezeit besteht nur, wenn die Pflegebedürftigkeit nach §§ 14 ff. SGB XI nachgewiesen ist. Sind die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit i. S. d. SGB XI (nur) "voraussichtlich" erfüllt, so besteht zwar Anspruch auf die Arbeitsbefreiung nach § 2, nicht aber auf die Pflegezeit nach § 3 PflegeZG.[3]

Die Beschäftigten haben die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen durch Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachzuweisen. Bei in der privaten Pflege-Pflichtversicherung versicherten Pflegebedürftigen ist ein entsprechender Nachweis zu erbringen.

 
Hinweis

Das Gesetz lässt als Nachweis der Pflegebedürftigkeit i. S. d. §§ 14 ff. SGB XI nur eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes bzw. der entsprechenden Einrichtungen der privaten Versicherungen zu. Ein Attest z. B. des behandelnden Hausarztes reicht für die Inanspruchnahme der Pflegezeit nicht aus. Kündigt ein Beschäftigter die Inanspruchnahme der Pflegezeit an, so muss der MDK spätestens innerhalb von 2 Wochen nach Eingang des Antrags bei der Pflegekasse eine Begutachtung durchführen und den Antragsteller unverzüglich schriftlich über seine Empfehlung informieren.

– Pflege in häuslicher Umgebung

Der Anspruch auf Pflegezeit besteht, wenn die/der Beschäftigte einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegt. Dies setzt nicht voraus, dass die/der Beschäftigte mit dem zu P...

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