Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung bei der Eingruppierung nach § 5 Abs. 2 TV-V. Anrechnung „förderlicher Zeiten”. Zustimmungsersetzung. Eingruppierung. Stufenzuordnung. förderliche Zeiten. Wochenfrist. ordnungsgemäße Anhörung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Mitbestimmung bei der Eingruppierung nach § 5 Abs. 1 und 2 TV-V erstreckt sich auch auf die Stufenzuordnung. In diesem Zusammenhang ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Betriebsrat im Rahmen der Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitzuteilen, ob und in welchem Umfang er „förderliche Zeiten” bei der Stufenzuordnung anrechnen will. Der Arbeitgeber ist indessen nicht verpflichtet, dem Betriebsrat einen synoptischen Vergleich zwischen den gesammelten Berufserfahrungen des Arbeitnehmers und dem konkreten Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle mitzuteilen. Dieser Akt fällt in die mitbestimmungsfreie Ermessensausübung des Arbeitgebers.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 1; TV-V § 5 Abs. 2 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Beschluss vom 08.03.2011; Aktenzeichen 6 BV 139/10)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 08.03.2011, Az.: 6 BV 139/10, wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des bei der Arbeitgeberin (Antragstellerin) bestehenden Betriebsrats (Antragsgegners) zur Eingruppierung des befristet eingestellten Bauingenieurs M. B. in die EntgGr. (Entgeltgruppe) 13 Stufe 4 des Tarifvertrages für Versorgungsbetriebe (TV-V).

Die Arbeitgeberin betreibt ein Versorgungsunternehmen und stellte Herrn M. B. als Bauingenieur zweckbefristet für das Projekt Standortkonzentration für die voraussichtliche Dauer von vier Jahren mit Wirkung ab dem 01.01.2011 ein. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TV-V Anwendung. Über die beabsichtigte Einstellung und Eingruppierung in EntgGr. 13 Stufe 4 TV-V unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat per Email am 02.11.2010 (Bl. 7 – 9, 26 d. A.) mit der Bitte um entsprechende Zustimmung. Mit dieser Email übersandte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat als PDFDateien das Bewerbungsschreiben des Herrn B. vom 08.11.2010 sowie dessen eingereichtes persönliches Profil und Leistungsprofil mit diversen Zeugnissen und Leistungsnachweisen sowie dem Ingenieursdiplom (Bl. 37 – 49 d. A.). Mit Schreiben vom 09.12.2010 verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung zur personellen „Einzelmaßnahme M. B. (Einstellung) – gemäß § 99 Abs. 2 Punkt 1 und 3 BetrVG” (Bl. 11 d. A.). Zur Begründung führte er aus:

„Über die Anrechnung von anrechenbaren Zeiten muss, gem. § 5 Abs. 3 in Verbindung mit § 6 Abs. 5 TV-V, eine betriebliche Kommission entscheiden! Dieses ist nicht erfolgt.

Damit handelt es sich um einen Verstoß gegen den TV-V.

Außerdem besteht die Besorgnis, dass durch diese Maßnahme, im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist”

Soweit hier von Belang enthält der TV-V folgende Regelungen:

§ 5 Eingruppierung

(1)

(2) Die Entgeltgruppen 2 bis 15 sind in sechs Stufen aufgeteilt. Beginnend mit der Stufe 1 erreicht der Arbeitnehmer die jeweils nächste Stufe innerhalb seiner Entgeltgruppe unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit (§ 4) nach folgenden Zeiten Stufe 2 nach zwei Jahren in Stufe 1, Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2, Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3, Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4, Stufe 6 nach vier Jahren in Stufe 5.

Förderliche Zeiten können für die Stufenzuordnung berücksichtigt werden. Bei Leistungen, die erheblich über dem Durchschnitt liegen, kann die erforderliche Zeit in den Stufen verkürzt werden. Bei Leistungen, die erheblich unter dem Durchschnitt liegen, kann die erforderliche Zeit in jeder Stufe einmal bis zur Hälfte verlängert werden. Für Beschwerdefälle ist die betriebliche Kommission (§ 6 Abs. 5 mit dem entsprechenden Verfahren) zuständig.

(3) …

Protokollerklärung zu § 5 Abs. 2 und § 6 Abs. 5 und 6:

Die Mitwirkung der Kommission erfasst nicht die Vergabeentscheidung. …”

Am 17.12.2010 hat die Arbeitgeberin das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG vor dem Arbeitsgericht eingeleitet. Die Beteiligten haben den Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Betriebsrat erklärt hat, dass er sich nicht gegen die Einstellung des Arbeitnehmers B. wende.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

festzustellen, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung von Herrn M. B. (Beginn des Arbeitsverhältnisses 01.01.2011) als Bauingenieur in die Entgeltgruppe 13 des TV-V Stufe 4 gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt gilt;

hilfsweise

die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Bauingenieurs M. B. in die Entgeltgruppe 13 des TV-V Stufe 4 zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz, insbesondere des streitigen Vorbringens der Beteiligte...

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