Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtswegzuständigkeit. Bindungswirkung einer Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit;. Einfirmenvertreter, § 92 a Abs. 1 HGB

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Verweisung, die ausschließlich mit der örtlichen Unzuständigkeit begründet worden ist, hat für den Judex ad quem keine Bindungswirkung hinsichtlich der Frage der Rechtswegzuständigkeit.

2. Ein Handelsvertreter, dem vertraglich die Tätigkeit für andere Unternehmen, die nicht zum Kreis der Wettbewerber des Unternehmers zählen, nur mit Einwilligung des Unternehmers gestattet ist, ist sogenannter Einfirmenvertreter im Sinne des § 92 a Abs. 1 HGB.

 

Normenkette

ArbGG § 5 Abs. 3 S. 1; HGB § 92a Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Weiden (Entscheidung vom 26.03.2001; Aktenzeichen 5 Ca 32/01)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden vom 26.03.2001 – 5 Ca 32/01 – aufgehoben.

2. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen wird für zulässig erklärt.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

4. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf DM 34.571,– festgesetzt.

 

Gründe

A.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des von ihnen abgeschlossenen Handelsvertretervertrages vom 27.01.1998 sowie Schadensersatz- und Provisionsansprüche.

§ 2 Abs. 4 des Vertrages vom 27.01.1998 enthält folgende Regelung:

Der Vertriebspartner darf nicht für Wettbewerber des Unternehmens tätig werden oder sich an einem solchen Unternehmen beteiligen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird eine Vertragsstrafe von 10 000 DM vereinbart. Sonstige Tätigkeiten sind nur mit Einwilligung des Unternehmens zulässig. Sie dürfen die angemessene Betreuung des Bezirks nicht beeinträchtigen.

Mit der vorliegenden, an das Arbeitsgericht Darmstadt gerichteten Klage vertritt der Kläger – im Widerspruch zur Auffassung der Beklagten – die Meinung, dass er gemäß §§ 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG, 92 a Abs. 1 HGB sogenannter Einfirmenvertreter sei. Der Kläger hat unstreitig in den letzten sechs Monaten vor Klageerhebung Vergütungen von weniger als DM 2.000,– monatlich bezogen.

Mit Beschluss vom 07.12.2000 hat sich das Arbeitsgericht Darmstadt für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Weiden verwiesen. Mit Beschluss vom 26.03.2001 hat das Arbeitsgericht Weiden den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen verneint und den Rechtsstreit an das Landgericht Weiden verwiesen.

Gegen den den Klägervertretern am 04.04.2001 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit Fax seiner Anwälte vom 12.04.2001, beim Arbeitsgericht Weiden am 18.04.2001 eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den angefochtenen Beschluss „aufzuheben und die sachliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Weiden auszusprechen”.

B.

I. Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig.

Über sie kann gemäß §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 78 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 573 Abs. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden entschieden werden (BAG, Beschluss vom 15.04.1993, AP Nr. 12 zu § 5 ArbGG 1979 = NZA 1993, 789; LAG München, BB 1993, 1740).

II. Die inhaltlich auf die Feststellung des richtigen Rechtswegs (nicht: sachliche Zuständigkeit) gerichtete Beschwerde ist auch begründet.

1. Das Arbeitsgericht Weiden ist – entgegen der Meinung des Klägers – nicht schon aufgrund der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 07.12.2000 zuständig. § 48 Abs. 1 ArbGG sieht zwar die entsprechende Anwendung von § 17 a GVG für den Fall der Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit vor, so dass gemäß § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG der Verweisungsbeschluss für das Gericht, an das das – wegen angenommener örtlicher Unzuständigkeit – verweisende Gericht verwiesen hat, bindend ist. Diese Bindung gilt aber nur insoweit, als das verweisende Gericht seine Unzuständigkeit geprüft und verneint hat, nicht aber – wie im vorliegenden Fall – bei bloßer Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit für alle weiteren Zuständigkeitsgesichtspunkte wie z. B. der Richtigkeit des Rechtswegs. Dies folgt aus dem eindeutigen Wortlaut des § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG. Diese Norm regelt unmittelbar nur die Wirkung der Rechtswegentscheidung. Die Rechtswegentscheidung ist – nur – „hinsichtlich des Rechtsweges bindend”. Eine zusätzliche Bindung hinsichtlich anderer Zuständigkeitsgesichtspunkte kann § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG nicht entnommen werden.

Eine entsprechende punktuelle Bindung muss bei einer Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit angenommen werden, da § 48 Abs. 1 ArbGG die „entsprechende” Anwendung des § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG vorsieht und damit § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG bei einer Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit keinen weitergehenden Inhalt haben kann als im Falle einer Rechtswegverweisung: Die Bindungswirkung ist auf die Frage der örtlichen Zuständigkeit beschränkt. Damit war das Arbeitsgericht Weiden durch den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 07.12.2000, in dem lediglich die örtliche Zuständigkeit gep...

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