Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienstwohnung. Werkdienstwohnung. Mietminderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird dem Arbeitnehmer (Schulhausmeister) im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses eine Werkdienstwohnung zugewiesen, ist Rechtsgrundlage für die Nutzung dieses Wohnraums der Arbeitsvertrag. Ein eigenständiges Mietverhältnis besteht daneben nicht.

2. § 536 BGB kann deshalb nur subsidiär zur Anwendung kommen, wenn der vertraglich vorgesehene vollständige Ausschluss jeder Mietminderung im Zusammenhang mit Baumaßnahmen an dem Schulgebäude den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt.

3. Die zugestandene Mietminderung kann zunächst mit dem steuerlichen Mietwert der Werkdienstwohnung verrechnet werden.

 

Normenkette

BGB § 536

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 19.08.2004; Aktenzeichen 3 Ca 10253/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.09.2007; Aktenzeichen 9 AZR 822/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers vom 4. November 2004 wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19. August 2004 wie folgt abgeändert:

a. Die Beklagte wird verurteilt, die Dienstwohnungsvergütung zuzüglich des steuerlichen Vorteils für den Zeitraum von März 2001 bis Februar 2002 um 40 %, für den Zeitraum von Mai 2002 bis Juli 2002 um 40 %, für den Zeitraum September 2002 bis Oktober 2002 um 30 % und für den Zeitraum November 2002 bis Mai 2003 um 25 % zu mindern.

b. Im Übrigen werden die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 2/3, die Beklagte 1/3.

3. Für beide Parteien wird die Revision zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Mietminderungen bei einer Dienstwohnung. Dabei geht es der Beklagten darum, geklärt zu bekommen, ob sie bei Bau- und Sanierungsarbeiten am und in einem Schulgebäude dem dortigen Schulhausmeister als Dienstwohnungsinhaber die von ihm zu entrichtende Dienstwohnungsvergütung mindern muss, während der Kläger die geforderte Minderung seiner Dienstwohnungsvergütung auf das zu entrichtende Benutzungsentgelt angerechnet bekommen will und nicht zunächst auf den zusätzlich angesetzten steuerlichen Mietwert.

Der Kläger, verheiratet und Kinder, ist seit 1. Oktober 1999 bei der Beklagten als Schulhausmeister beschäftigt. Zum 10. Mai 2000 war ihm eine 98,75 qm große Vierzimmerwohnung im Gebäude der Berufsschule für Fahrzeugtechnik am E. in München zugewiesen worden (Schreiben der Beklagten vom 8. Juni 2000 mit Anlagen – Blatt 54 bis 57 der Akte), die er mit seiner Familie auch bezogen hat.

Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) Anwendung. Gemäß § 60 a BMT-G II gelten für die Zuweisung von Dienstwohnungen (Werkdienstwohnungen) und für die Bemessung der Dienstwohnungsvergütung (Werkdienstwohnungsvergütung) die Bestimmungen des Arbeitgebers über Dienstwohnungen (Werkdienstwohnungen) in der jeweiligen Fassung. Die Beklagte wendet diesbezüglich noch die Vorschriften über Reichsdienstwohnungen vom 30. Januar 1937 an, die gemäß § 15 der am 1. April 1938 in Kraft getretenen Allgemeinen Tarifordnung für Gefolgschaftsmitglieder im öffentlichen Dienst auch auf die städtischen Dienstwohnungen zur Anwendung kommen. Dort heißt es in Nr. 18 Abs. 1, dass die Behörde berechtigt ist, laufende Instandhaltungsarbeiten sowie bauliche Veränderungen, die zur Erhaltung der Diensträume, zur Abwendung drohender Gefahren oder zur Beseitigung von Schäden oder aus sonstigen dienstlichen Gründen notwendig werden, auch ohne Zustimmung des Dienstwohnungsinhabers auszuführen. Dasselbe gilt für Ausbesserungsarbeiten und bauliche Veränderungen, die zwar nicht notwendig, aber doch zweckmäßig sind, wenn sie den Gebrauch der Dienstwohnung nur unwesentlich beeinträchtigen. Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung kann der Dienstwohnungsinhaber, soweit er Arbeiten in den Dienstwohnungsräumen nach Abs. 1 dulden muss, weder Minderung der Dienstwohnungsvergütung noch Schadenersatz verlangen.

Gemäß § 63 BMT-G II verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Arbeiter oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus, um die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Leistungen unwirksam zu machen.

Das für die (Werk-)Dienstwohnung zu entrichtende Benutzungsentgelt wird dem Dienstwohnungsinhaber jeweils von der Abt. Liegenschaftsverwaltung des Kommunalreferats der Beklagten mitgeteilt. Für den Kläger ist das mit Schreiben vom 31. Juli 2000 (Blatt 58 der Akte) geschehen. Gleichzeitig ist ihm der steuerliche Mietwert seiner Dienstwohnung bekannt gegeben worden. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem steuerlichen Mietwert einer Dienstwohnung und der höchsten Dienstwohnungsvergütung (ohne Nebenabgaben) ist unter Berücksichtigung eines Freibetrags von jährlich DM 2.400,00 (EUR 1.227,10) dem steuerpflichtigen Entgelt des Dien...

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