Entscheidungsstichwort (Thema)

verspätetes Vorbringen. Verzögerung des Rechtsstreits. Annahmeverzug. tatsächliches Angebot der Arbeitskraft. Beweisführung durch Hilfstatsachen. Kündigung. fristlos. Überstunden. Abrechnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft tatsächlich anbieten, wozu erforderlich ist, dass er sich am Arbeitsplatz einfindet.

2. Das Angebot der Arbeitskraft am Arbeitsplatz ist nur dann wirksam, wenn es „zur rechten Zeit” erfolgt, d. h. zu einer Zeit, zu der es auch angenommen werden kann; das ist z. B. am Tage eines Betriebsausflugs nicht der Fall – ebenso nicht zu einer Uhrzeit, zu der noch niemand anwesend ist, der die Arbeitskraft annehmen könnte. Nach diesen Anwesenheitszeiten muss sich der Arbeitnehmer auch und gerade dann richten, wenn mit ihm keine bestimmten Arbeitszeiten vereinbart worden sind.

3. Eine Entgeltabrechnung schuldet der Arbeitgeber auch dann, wenn er die Vergütung rechtsgrundlos gezahlt hat.

 

Normenkette

ZPO § 531 Abs. 2, § 284; BGB § 615 Abs. 2, §§ 294, 320 Abs. 1, §§ 614, 626 Abs. 1, § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 27.09.2001; Aktenzeichen 3 Ca 1422/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.09.2001 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bonn – 3 Ca 1422/01 – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

  1. Die Beklagte bleibt verurteilt, der Klägerin für den Monat Mai 2001 eine Gehaltsabrechnung zu erteilen.
  2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt zu 95 % die Klägerin und zu 5 % die Beklagte mit Ausnahme der Berufungskosten: Diese trägt die Beklagte allein.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien – nämlich die beklagte GmbH, die sich u. a. mit der Erhebung und Bearbeitung von Daten für Statistik, Politikforschung und Raumanalysen befaßt und die am 06.12.1972 geborene, noch studierende Klägerin, die sie ab Februar 2000 als Projektmanagerin für 20 Stunden in der Woche beschäftigt hat und die unter dem 12.11.2001 das Arbeitsverhältnis selbst zum 31.12.2001 gekündigt hat – streiten um eine ordentliche Kündigung vom 15.05.2001 zum 30.06.2001, die die Klägerin für unwirksam hält, weil das Kündigungsschutzgesetz nach Anzahl der Beschäftigten (13) anwendbar sei; um eine fristlose Kündigung vom 07.06.2001 und um die (restliche) Vergütung für April (1.260,– DM brutto) und Juni 2001 (2.700,– DM). Nach Ansicht der Klägerin, die für April 2001 bis zum 17. d.M. in Höhe von 1.440,– DM vergütet worden ist, bestehen diese Gehaltsansprüche trotz der unstreitigen Tatsache, daß sie ab 17.04.2001 nicht mehr gearbeitet hat, weil ihr der Geschäftsführer der Beklagten, nachdem er ihr am 11.04.2001 die Schlüssel für die Geschäftsräume entzogen habe, am 17.04.2001 unter vier Augen mündlich fristlos gekündigt und ihr Hausverbot erteilt habe, wogegen die Klägerin unter dem 08.05.2001 eine später zurückgenommene Klage erhoben hat. Sie beruft sich auf mehrere Schreiben, in denen sie ihre Arbeitskraft angeboten hat – u. a. bereits unter dem 17.04.2001 (Bl. 48), 27.04.2001 (Bl. 49), 30.04.2001 (Bl. 50), 02.05.2001 (Bl. 10) und 14.05.2001 (Bl. 13); darüber hinaus habe sie versucht, ihre Arbeitskraft am 30.04. und 02.05.2001 zu Beginn ihrer bis zum 12.05.2001 währenden Arbeitsunfähigkeit persönlich anzubieten, ohne daß ihr auf ihr Klingeln am Eingang zu den Geschäftsräumen jemand geöffnet habe.

Die Parteien streiten ferner um die Bezahlung von Überstunden in Hohe von 2.032,96 DM, die die Klägerin in den Monaten Januar bis März 2001 geleistet haben will sowie um die Erteilung einer Lohnabrechnung für das Maigehalt, das die Beklagte ihr unter dem 31.05.2001 – nach deren Darstellung irrtümlich – überwiesen hat.

Das Arbeitsgericht hat der Klage insgesamt stattgegeben. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter und behauptet, außer der Klägerin lediglich sieben Arbeitnehmer beschäftigt zu haben – und zwar geringfügig und in der Regel nicht über zehn Stunden in der Woche. Eine fristlose Kündigung oder ein Hausverbot sei am 17.04.2001 nicht ausgesprochen worden, vielmehr habe ihr Gesellschafter und Prozeßbevollmächtigter, der Zeuge W., die Klägerin mehrfach aufgefordert, die Arbeit wieder aufzunehmen, nachdem sie ihren Arbeitsplatz am 17.04.2001 im Verlaufe eines Streits mit ihrem Geschäftsführer verlassen habe. Auch ihr Geschäftsführer habe sie zur Arbeitsaufnahme aufgefordert – und zwar schriftlich unter Erteilung einer Abmahnung, nämlich mit Schreiben vom 16.05.2001 (Bl. 101), der Klägerin unstreitig zugegangen, und mit Schreiben vom 05.06.2001 (Bl. 102). Persönlich habe die Klägerin ihre Arbeitskraft nicht angeboten, auch nicht am 30.04. oder 02.05.2001 – jedenfalls nicht wirksam: Am 30.04.2001 sei der Betrieb wegen Betriebsausflugs geschlossen gewesen, wie ihr Praktikant S. der Klägerin am 26.04.2001 gegen 16.00 Uhr telefonisch mitgeteilt habe; am 02.05.2001 könne die Klägerin nur zur Unzeit vor dem Betrieb erschi...

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