Die Revision wird zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Angabe der Anzahl der Unterhaltspflichten im Rahmen der Betriebsratsanhörung. Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einer Fachkraft für Arbeitssi cherheit trotz fehlender Zustimmung des Betriebsrates zur Abberufung als Fachkraft für Arbeitssicherheit nach § 9 Abs. 3 ASiG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die objektiv fehlerhafte Angabe der Zahl der Unterhaltspflichten führt bei einer betriebsbedingten Kün di gung dann nicht zu einer Unwirksamkeit der Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrates nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG, wenn eine soziale Auswahl nach Ansicht des Arbeitgebers mangels Vergleichbarke i t des zu kündigenden Arbeitnehmers mit anderen Arbeitnehmern nicht vorzunehmen ist.

2. Die fehlende Zustimmung des Betriebsrates zur Abberufung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit führt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 9 Abs. 3 ASiG nicht zu Unwirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

 

Normenkette

BetrVG § 102; ASiG § 9 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Siegen (Urteil vom 20.01.2005; Aktenzeichen 1 Ca 2687/03 O)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 20.01.2005 – 1 Ca 2687/03 O – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 22.411,40 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

Der am 17.08.1953 geborene, geschiedene und gegenüber drei Kindern unterhaltspflichtige Kläger war seit dem 01.10.1984 bei der Beklagten zuletzt zu einer monatlichen Bruttovergütung von durchschnittlich 4.482,28 EUR beschäftigt.

Der Kläger, der zunächst als technischer Angestellter für die Beklagte tätig war, wurde seit dem 01.03.2001 als Leiter und einziger Mitarbeiter der Abteilung „Forschung und Entwicklung” beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien ist der schriftliche Arbeitsvertrag vom 22.08.1984 (Bl. 4, 5 d. GA) sowie der Änderungsvertrag vom 16.02.2001 (Bl. 6 bis 7 d. GA) einschließlich der Stellenbeschreibung vom 16.06.2003. Der Kläger wurde außerdem mit Zustimmung des Betriebsrats zur Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt.

Mit Schreiben vom 11.11.2003 (Bl. 17 d. GA) leitete die Beklagte die Anhörung des Betriebsrates zu der beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger unter Berufung auf eine Schließung der Abteilung „Forschung und Entwicklung” ein. Darüber hinaus wies sie den Betriebsrat darauf hin, dass die Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft betriebsintern anderweitig vergeben werde. Der Betriebsrat widersprach der beabsichtigten Kündigung mit Schreiben vom 19.11.2003 unter Hinweis darauf, dass „das Amt der Sicherheitsfachkraft betriebsintern nicht gewährleistet” sei.

Mit Schreiben vom 26.11.2003 (Bl. 11 d. GA), das dem Kläger am 27.11.2003 zuging, erklärte die Beklagte die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2004. Gegen diese Kündigung wehrt sich der Kläger mit seiner am 15.12.2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage vom selben Tage.

Der Kläger hat das Vorliegen des dringenden betrieblichen Erfordernisses unter Hinweis darauf bestritten, dass sein Arbeitsplatz nach wie vor im Betrieb vorhanden sei. Darüber hinaus sei es der Beklagten möglich gewesen, ihn auf einem anderen, freien Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen. In Betracht käme insoweit eine Beschäftigung als Personalsachbearbeiter oder als Produktmanager Gusstechnik, weil beide Arbeitsplätze bei Ablauf der Kündigungsfrist unbesetzt und ausgeschrieben gewesen seien. Außerdem sei es der Beklagten auch möglich gewesen, ihn zur Hälfte als Sicherheitsfachkraft weiterzubeschäftigen und ihn im Übrigen mit anderen Aufgaben zu betrauen.

Der Kläger hat darüber hinaus die Ansicht vertreten, die Beklagte habe vor Ausspruch der Kündigung den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört, was insbesondere schon daraus folge, dass sie dem Betriebsrat mitgeteilt habe, dass er geschieden und gegenüber einem Kind unterhaltspflichtig sei, während er tatsächlich gegenüber drei Kindern Unterhaltspflichten habe. Darüber hinaus habe sie den Betriebsrat auch nicht darüber unterrichtet, dass die behauptete Schließung der Abteilung „Forschung und Entwicklung” eine Betriebsänderung sei, was einen Verstoß gegen § 111 BetrVG darstelle. Außerdem hat der Kläger die Ansicht vertreten, dass die ausgesprochene Kündigung wegen fehlerhafter sozialer Auswahl unwirksam sei, weil er mit den Arbeitnehmern S6xxxxxxxx, R2xxxxxxxxx, R3xxxxxxx, H3xxxxxx und W2xxx vergleichbar sei, die weniger sozial schutzwürdig seien.

Schließlich hat der Kläger die Ansicht vertreten, dass die Kündigung jedenfalls wegen der fehlenden Zustimmung des Betriebsrates unwirksam sei, die wegen seiner Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft nach § 9 Abs. 3 Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) i.V.m. § 87 BetrVG erforderlich gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass ...

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