Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratswahl. Anfechtung. Anfechtungsgrund. Auswirkung auf das Wahlergebnis. Auslegung der Wählerliste. Einsichtnahme in Wählerliste. Ort und Zeit der Auslegung der Wählerliste. mehrmalige Wahl des Wahlvorstandes. Ausschluss von wahlberechtigten Arbeitneh-mern, leitenden Angestellten. Wählbarkeit von wahlberechtigten Arbeitnehmern. Zulassung einer Vorschlagsliste

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG kann eine Wahl beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Wahlvorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

2. Wesentliche Wahlvorschriften i.S.v. § 19 Abs. 1 BetrVG liegen dann vor, wenn sie elementare Grundprinzipien der Betriebsratswahl enthalten oder tragende Grundsätze des Betriebsverfassungsrechts berühren.

3. Ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften muss darüber hinaus auch geeignet sein, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte.

 

Normenkette

BetrVG § 5 Abs. 3, §§ 7-8, 16, 19; WO § 2 Abs. 4, § 7 Abs. 2, § 8

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Beschluss vom 13.12.2006; Aktenzeichen 5 BV 137/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 13.12.2006 – 5 BV 137/06 – abgeändert.

Der Antrag der Antragsteller wird abgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Die Arbeitgeberin, die Beteiligte zu 19., ist ein Unternehmen des B7-Konzerns. Ihr Geschäftsgegenstand ist die Erbringung von Marketing Dienstleistungen aller Art, insbesondere Telekommunikations-Service, Telefonberatung über Hot- und Helpline, Erfassung personenbezogener Daten, Fullfillment von Kundenbindungssystemen, Customerservices von Club-Systemen, Lagerhaltung und Distribution.

Der Betrieb der Arbeitgeberin, der Beteiligten zu 19., teilt sich in zwei Teile, die konzernintern unterschiedlichen Bereichen zugeordnet sind. Der größere Bereich mit mehr als 1000 wahlberechtigten Mitarbeitern betreibt Telefonmarketing (Call-Center) und ist dem Konzernbereich a4 d4 s9 zugeordnet, die weiteren ca. 130 Mitarbeiter betreiben ein Warenlager mit Auslieferung („Fillfillment”) und sind im Konzernbereich a4 Logistik s9 zugeordnet.

Für die im Jahre 2006 turnusmäßig stattfindenden Betriebsratswahlen wurde in der Betriebsratssitzung vom 10.11.2005 ein Wahlvorstand gewählt. Unter den Gewählten befand sich auch der Zeuge M5. Auf das Protokoll der Betriebsratssitzung vom 10.11.2005 (Bl. 24 ff., 32 d.A.) wird Bezug genommen.

Wegen der Teilnahme eines unzuständigen Ersatzmitglieds an der Sitzung vom 10.11.2005 wurde die Wahl des Wahlvorstands in der Betriebsratssitzung vom 24.11.2005 wiederholt (Protokoll Bl. 34, 35 d.A.). Der Zeuge M5 befand sich nicht mehr unter den gewählten Wahlvorstandsmitgliedern.

Nachdem der Wahlvorstand neu bestellt worden war, gab es im Betriebsbereich Logistik eine Unterschriftensammlung der dort beschäftigten Arbeitnehmer mit dem Ziel, für den Bereich Logistik einen eigenen Betriebsrat zu wählen. Auf einer weiteren Sitzung kam der Betriebsrat zu dem Ergebnis, dass im Bereich Logistik ein eigener Betriebsrat gewählt werden müsse. Der Bereich Logistik stellte daraufhin auf einer Abteilungsversammlung einen eigenen Wahlvorstand, der aus drei Personen und zwei Ersatzmitgliedern bestand (Protokoll Bl. 42 ff., 48 d.A.).

Im Januar 2006 nahmen beide Wahlvorstände an einer Schulung zur Betriebsratswahlen statt. Im Anschluss an diese Schulung kam man in den Wahlvorständen zu dem Ergebnis, dass tatsächlich nur ein einheitlicher Betrieb vorliegen würde und nur ein Betriebsrat und nur ein Wahlvorstand gebildet werden könne. Daraufhin erklärten sämtliche Wahlvorstandsmitglieder ihren Rücktritt aus den Wahlvorständen (Bl. 82 ff. d.A.).

Auf der Betriebsratssitzung vom 02.02.2006 wurde schließlich ein neuer Wahlvorstand bestellt, der das weitere Wahlverfahren zur Betriebsratswahl im Betrieb der Arbeitgeberin durchführte. Wahlvorstandsvorsitzender war nunmehr der jetzige gewählte Betriebsratsvorsitzende.

Am 24.02.2006 erließ der neu gewählte Wahlvorstand ein Wahlausschreiben (Bl. 209 ff. d.A.). Hiernach war die Betriebsratswahl im Betrieb der Arbeitgeberin am 10./11.04.2006 vorgesehen. Es war ein fünfzehnköpfiger Betriebsrat zu wählen. Wahlvorschläge waren bis zum 10.03.2006, 16.00 Uhr einzureichen. Auf den weiteren Inhalt des Wahlausschreibens vom 24.02.2006 (Bl. 209 d.A.) wird Bezug genommen.

Die vom Wahlvorstand erstellte Wählerliste (Bl. 97 ff.d.A.) enthielt 1154 bzw. 1171 Personen.

Ob die Wählerliste ordnungsgemäß erstellt und ergänzt worden ist, ist zwischen den Bete...

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