Leitsatz (amtlich)

Allein die Tatsache, daß eine Betriebsvereinbarung die Anrechnung von Tarifentgelterhöhungen auf übertarifliche Entgeltbestandteile vorsieht, rechtfertigt noch nicht eine außerordentliche Änderungskündigung gegenüber einem Betriebsratsmitglied mit dem Ziel, ein arbeitsvertraglich vereinbartes Verbot der Anrechnung von Tariferhöhungen auf übertarifliche Entgeltbestandteile zu beseitigen.

 

Normenkette

BetrVG § 103; BGB § 626; KSchG § 15 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Entscheidung vom 18.08.1998; Aktenzeichen 2 BV 19/98)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 2 ABR 40/99)

 

Tenor

Die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den am 18.08.1998 verkündeten Beschluß des Arbeitsgerichts Dortmund – 2 BV 19/98 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I

Der antragstellende Arbeitgeber begehrt die gerichtliche Ersetzung der von dem am Verfahren beteiligten Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Änderungskündigung gegenüber dem Betriebsratsmitglied, Frau S.

Antragsteller ist die D C AG. Am Verfahren beteiligt ist der in der Niederlassung D bestehende Betriebsrat. Am Verfahren beteiligt ist außerdem das betroffene Betriebsratsmitglied, Frau S.

In der Niederlassung D des Arbeitgebers werden etwa 490 Arbeitnehmer beschäftigt. Davon sind etwa 200 kaufmännische Angestellte.

Unter dem 07.05.1997 schlossen der Arbeitgeber und der Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Effizienzsteigerung und zur Standortsicherung (Bl. 9 – 15 d.A.). Unter anderem ist in Nr. 2 der Betriebsvereinbarung vorgesehen, daß ab 01.01.1998 Tariferhöhungen bei Angestellten und Arbeitern bis zu einem Umfang von 3 % mit übertariflichen Vergütungsbestandteilen verrechnet werden sollen; dabei sollen nur 50 % der jeweiligen Tariferhöhung verrechnet werden.

Mit Schreiben vom 23.09.1997 unterrichtete der Arbeitgeber alle Arbeitnehmer über den Inhalt der Betriebsvereinbarung.

Bei den gewerblichen Arbeitnehmern war die Umsetzung der in der Betriebsvereinbarung vorgesehenen Verrechnungsmöglichkeit unproblematisch. Die Arbeitsverträge von kaufmännischen Angestellten, die erst in den letzten drei Jahren vor Abschluß der Betriebsvereinbarung eingetreten waren, sehen ausdrücklich die Verrechnungsmöglichkeit von Tariferhöhungen vor. Bei diesen Angestellten war die Verrechnung daher ebenfalls ohne weiteres möglich. Bei kaufmännischen Angestellten, deren Arbeitsverhältnisse schon länger bestehen, sehen die Arbeitsverträge eine Verrechnungsmöglichkeit nicht vor. Zu den letztgenannten Angestellten gehört auch die am Verfahren beteiligte Frau S Frau S ist seit dem 01.09.1982 im Unternehmen beschäftigt. Sie ist stellvertretende Betriebsratsvorsitzende. Ihrem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 13.06.1985 zugrunde (Bl. 17 f. d.A.). Der Arbeitsvertrag sieht u.a. die Zahlung einer außertariflichen Zulage vor. Weiter heißt es dort:

„Die außertarifliche Zulage kann nur in folgenden Fällen auf tarifliche Vergütungsbestandteile angerechnet werden: Bei tariflich ausdrücklich vereinbarter Anrechnungsmöglichkeit, bei einer Höhergruppierung, einem Vorrücken innerhalb der Tarifgruppe, der Einführung oder Durchführung einer Leistungszulagenregelung sowie sonstigen tariflichen Änderungen struktureller Art.”

Die übrigen Angestellten, deren Arbeitsverträge derartige Regelungen enthalten, stimmten einer Änderung ihrer Arbeitsverträge dahingehend zu, daß nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom 07.05.1997 Tariferhöhungen bis zu einem Umfang von 3 % auf übertarifliche Bestandteile angerechnet werden können. Frau S stimmte nicht zu.

Daher bat der Arbeitgeber Frau S mit Schreiben vom 06.11.1997, ihr Einverständnis zu erteilen.

Frau S hat behauptet, sie habe unmittelbar nach Erhalt dieses Schreibens im Personalbüro angerufen und erklärt, sie erteile ihre Zustimmung nicht.

Am 22.01.1998 fand ein Gespräch zwischen dem kaufmännischen Leiter der Niederlassung D, Herrn B, und Frau S statt, in dem es erneut um die Frage der Zustimmung zu der von dem Arbeitgeber beabsichtigten Verrechnung der außertariflichen Zulage ging. Herr B bat Frau S, die Zustimmung zu erteilen. Frau S erklärte, der Arbeitgeber solle doch einfach die Tariferhöhung verrechnen. Sie wisse noch nicht, ob sie dann wegen des Abzugs klagen werde. Der Arbeitgeber könne ja die Klage abwarten. Herr B bat Frau S, sich die Sache noch einmal zu überlegen.

Am 18.02.1998 sprach Herr B erneut Frau S auf die fehlende Zustimmung an. Frau S erklärte, sie werde die Zustimmung nicht erteilen.

Mit einem dem Betriebsrat am 18.02.1998 zugeleiteten Schreiben vom 11.02.1998 teilte der Arbeitgeber dem Betriebsrat seine Absicht mit, der Arbeitnehmerin S eine außerordentliche Kündigung mit einer Auslauffrist auszusprechen und ihr gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Maßgabe anzubieten, daß ab 01.01.1998 Tariferhöhungen bis zu einem Umfang von 3 % mit übertariflichen Bestandteilen verrechnet werden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopie des Schreibens des Arbeitg...

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