Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters nach § 160 HGB für Ansprüche aus Annahmeverzug (§ 615 S. 1 BGB)

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem Dauerschuldverhältnis wie dem Arbeitsverhältnis haftet der aus der Gesellschaft ausgeschiedene Gesellschafter gesamtschuldnerisch für den Verzugslohn eines Arbeitnehmers als Gesellschaftsgläubiger nach § 160 Abs. 1 HGB in der Fassung des Nachhaftungsbegrenzungsgesetzes, der innerhalb der Fünf-Jahres-Frist fällig geworden und gerichtlich geltend gemacht worden ist (im Anschluss an BGH NJW 2000, 208).

 

Normenkette

HGB §§ 128, 160 Abs. 1; BGB § 615

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 12.10.2000; Aktenzeichen 4 Ca 2438/00)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten zu 2. gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 12.10.2000 – 4 Ca 2438/00 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil des Arbeitsgerichts vorbehalten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger macht Zahlungsansprüche unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Annahmeverzugs seit März 2000 geltend.

Der Kläger trat am 01.10.1998 als kaufmännischer Angestellter in die Dienste der Beklagten zu 1., die einen Großhandel mit Rohbaumwolle betrieb und sich zur Zeit in Liquidation befindet. Der Kläger erzielte zuletzt ein monatliches Bruttoentgelt von 7.152,00 DM.

Der Beklagte zu 2. war aufgrund des Gesellschaftsvertrages vom 15.07.1977 jedenfalls bis zum 31.03.1999 Komplementär der Beklagten zu 1. In diesem Zusammenhang streiten die Parteien darüber, ob der Kläger in der Gesellschafterversammlung vom 22.09.1998 zum 31.03.1999 eine Austrittskündigung erklärt hat. Weiterer Komplementär der Beklagten zu 1. war der im April 2000 verstorbene B. H., dessen unbekannte Erben von der Beklagten zu 3. als Nachlasspflegerin vertreten werden.

Die Beklagte zu 1. kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 31.08.1999 aus betriebsbedingten Gründen zum 31.12.1999. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Klägers vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach – 7 Ca 3010/99 – war erfolgreich. Die Berufung der Beklagten zu 1. gegen das arbeitsgerichtliche Urteil vom 26.11.1999 ist durch Urteil vom 20.06.2000 – 3 (8) Sa 40/00 – vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf zurückgewiesen worden. Die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist vom Bundesarbeitsgericht – 9 AZN 671/00 – zurückgewiesen worden.

Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1. bis 3. für die Zeit ab März 2000 Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug geltend gemacht und sich einen Verdienst in Höhe von 4.016,08 DM netto monatlich anrechnen lassen.

Durch Teil-Versäumnisurteil vom 12.10.2000 hat die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Mönchengladbach – 4 Ca 2438/00 – die Beklagte zu 1. antragsgemäß verurteilt.

Der Kläger hat sodann beantragt,

  1. die Beklagten zu 2. und 3. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 50.064,00 DM brutto abzüglich 28.112,56 DM netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 09.06.1998 aus dem sich ergebenden Restnettobetrag seit dem 14.09.2000 zu zahlen.
  2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens vor dem Bundesarbeitsgericht, Aktenzeichen: 9 AZN 671/00, jeweils zum Ende eines Kalendermonats, erstmals am 31.10.2000, eine monatliche Vergütung in Höhe von 7.152,00 DM brutto abzüglich 4.016,08 DM netto, zu zahlen.

Die Beklagten zu 2. und 3. haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 2. hat sich vor allem damit verteidigt, er könne vom Kläger auf Zahlung des Annahmeverzugslohns nicht in Anspruch genommen werden. Er sei durch die am 21.09.1998 in der Gesellschafterversammlung ausgesprochene Kündigung zum 31.03.1999 als persönlich haftender Gesellschafter bei der Beklagten zu 1. ausgeschieden. Richtig sei zwar, dass dieser Vorgang nicht Gegenstand einer Anmeldung zum Handelsregister geworden sei. Darauf käme es jedoch nicht an, weil dem Kläger das zum 31.03.1999 erfolgte Ausscheiden des Beklagten zu 2. aus der Gesellschaft bekannt gewesen sei. Ebenso wenig käme eine Nachhaftung des Beklagten zu 2. in Betracht. Insoweit beriefe sich der Beklagte zu 2. auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.05.1990 – 12 (10) Sa 318/90 –, das vom Bundesarbeitsgericht durch Urteil vom 24.03.1992 – 9 AZR 387/90 – bestätigt worden sei. Danach gehörten Vergütungsansprüche, die zugunsten des Arbeitnehmers erst nach dem Ausscheiden des Gesellschafters entstanden seien, nicht zu den Altverbindlichkeiten, für die eine Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters in Betracht käme.

Durch Teil-Urteil vom 12.10.2000 hat die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Mönchengladbach – 4 Ca 2438/00 – die Beklagten zu 2. und 3. antragsgemäß verurteilt, die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten und den Wert des Streitgegenstandes auf 40.766,96 DM festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht eine gesamtschuldnerische Haftung der ...

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