Verfahrensgang

ArbG Wesel (Urteil vom 10.09.1997; Aktenzeichen 4 Ca 2165/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.12.1999; Aktenzeichen 10 AZR 626/98)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 10.09.1997 – 4 Ca 2165/97 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe einer dem Kläger für das Jahr 1996 zustehenden Weihnachtsgratifikation.

Der Kläger ist seit mehreren Jahren bei der Beklagten tätig. Im Kalenderjahr 1996 fehlte er an insgesamt 44 Arbeitstagen. 25 dieser Fehltage beruhten auf einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit infolge eines Arbeitsunfalls. Sämtliche Fehltage berücksichtigte die Beklagte zu Lasten des Klägers bei der Ermittlung der Höhe der Weihnachtsgratifikation 1996. Unter Ausklammerung der auf dem Arbeitsunfall beruhenden 25 Fehltagen hätte sich die nach einem Bonus-System gestaffelte Gratifikation – streitlos – um 1.233,44 DM brutto erhöht. Diesen Betrag fordert der Kläger nebst Verzugszinsen mit der vorliegenden Klage. Er ist der Auffassung, die auf dem Arbeitsunfall beruhenden Fehlzeiten hätten nicht zu seinen Lasten Berücksichtigung finden dürfen, weil insoweit die Ursache des Arbeitsausfalls allein im Risikobereich der Beklagten gelegen habe.

Die am 22.11.1994 beklagtenseits mit dem Gesamtbetriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung „Weihnachtsgeld” lautet – soweit hier von Interesse – in ihrer für das Jahr 1996 datenmäßig aktualisierten Fassung wie folgt:

„Errechnung der Vergütung:

a)Grundlage

Grundlohn/Grundgehalt

+ übertarifliche Bezahlung

+ pauschale Überstunden

+ Prämien (bis maximal 200,– DM)

Für das erste, vor dem 01.09.1996 begonnene nicht volle Beschäftigungsjahr gelten folgende %-Sätze:

3 bis einschl.

5 Monate Beschäftigung

8 %

6 bis einschl.

8 Monate Beschäftigung

14 %

9 bis einschl.

11 Monate Beschäftigung

20 %

Für volle Beschäftigungsjahre werden folgende %-Sätze angesetzt:

1 Jahr

50 %

2 Jahre

60 %

3 Jahre

80 %

4 Jahre

90 %

5 Jahre

100 %

(Es ist jeweils die Betriebszugehörigkeit am 31.10.1996 maßgebend).

b) Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten von dem so errechneten Weihnachtsgeld 40 % = 100 %, unabhängig von den angefallenen Fehltagen. Darüberhinaus gilt folgende Staffelung:

41 und mehr

Fehltage

40 %

=

100,0 %

Basis

36 – 40

Fehltage

45 %

= +

12,5 %

Bonus

31 – 35

Fehltage

50 %

= +

25,0 %

Bonus

26 – 30

Fehltage

60 %

= +

50,0 %

Bonus

21 – 25

Fehltage

70 %

= +

75,0 %

Bonus

16 – 20

Fehltage

80 %

= +

100,0 %

Bonus

11 – 15

Fehltage

90 %

= +

125,0 %

Bonus

6 – 10

Fehltage

100 %

= +

150,0 %

Bonus

0 – 5

Fehltage

115 %

= +

187,5 %

Bonus

(nur Urlaubstage gelten nicht als Fehltage)

Mitarbeiter, die am 31.10.1996 das 55. Lebensjahr vollendet hatten, erhalten einen Bonus von 10 Fehltagen.

Fehltage werden berechnet für die Zeit vom 01.11.1995 bis 31.10.1996.”

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.233,44 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die in der Betriebsvereinbarung getroffene Kürzungsregelung für wirksam und auch für den Fall anwendbar, daß Ursache der Fehltage eine krankheitsbedingte Verhinderung infolge eines Arbeitsunfalles sei.

Dem hat sich das Arbeitsgericht Wesel mit Urteil vom 10.09.1997 angeschlossen und die Klage abgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er meint insbesondere, durch das gesetzliche Unfallversicherungsrecht sei das Risiko von Arbeitsunfällen voll umfänglich der Sphäre des Arbeitgebers zugeordnet mit der Maßgabe, daß es deshalb auch den Grundsätzen von Recht und Billigkeit widerspreche, auf einem Arbeitsunfall beruhende Fehltage als gratifikationsschädlich zu bewerten.

Der Kläger beantragt nunmehr,

  • das am 10. September 1997 verkündete und am 21. Oktober 1997 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Wesel – 4 Ca 2165/97 – aufzuheben;
  • die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.233,44 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte bittet, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält daran fest, daß nicht zu Gunsten des Klägers danach unterschieden werden könne, welche Ursache einem Fehltage zugrunde liege. Der Bonus-bezogene Teil der Weihnachtsgratifikation stelle sich als eine Anwesenheitsprämie dar, deren Zweck es sei, dem Arbeitnehmer einen Anreiz zu bieten, die Zahl seiner berechtigten oder unberechtigten Fehltage möglichst gering zu halten. Dieser Zweck liefe leer, wenn die Kürzung der Anwesenheitsprämie von der Ursache der Fehltage abhinge, etwa abgestellt auf Verschuldensmaßstäbe oder – wie der Kläger meine – nach der Risikosphäre des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers. Insbesondere die gesetzlichen Wertungen des Unfallversicherungsrecht könnten hier nicht durchschlagen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen und i...

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