Entscheidungsstichwort (Thema)

Entstehung des Urlaubsanspruchs während der Freistellungsphase einer Altersteilzeit. Zulässigkeit der Urlaubsgewährung ohne Antrag des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Arbeitgeber ist nicht gehalten, dem Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr ohne Antrag Urlaub zu gewähren.

2. Während der Freistellungsphase einer Altersteilzeit im Blockmodell entstehen keine Urlaubsansprüche.

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 3 S. 1, Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Entscheidung vom 08.03.2018; Aktenzeichen 1 Ca 2868/17)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.09.2019; Aktenzeichen 9 AZR 481/18)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 08.03.2018 - AZ: 1 Ca 2868/17 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Urlaubsabgeltung bzw. Schadenersatz für nicht gewährten Urlaub.

Der Kläger war bei der Beklagten als Head of Quality Escalator tätig. Ursprünglich bestand ein Vollzeitarbeitsverhältnis auf Basis einer 40-Stunden-Woche. Am 20.11.2014 schlossen die Parteien einen Altersteilzeit - Arbeitsvertrag (Anlage K 2). Dieser enthält u.a. folgende Regelungen:

" § 1

Beginn und Dauer der Altersteilzeitarbeit

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird unter Abänderung des Arbeitsvertrages vom 21.09.2012 und dessen Ergänzungen ab dem 01.12.2014 als Altersteilzeitverhältnis fortgeführt. Es endet ohne Kündigung mit dem 31.07.2017.

...

§ 3

Arbeitszeit

Die wöchentliche Arbeitszeit des Beschäftigten beträgt ab Beginn der Altersteilzeit - unter Beachtung der Bestimmungen des § 6 Abs. 2 Altersteilzeitgesetz (AtG) - die Hälfte der bisherigen individuellen wöchentlichen Arbeitszeit, das sind 20 Stunden/Woche.

Die Arbeitszeit wird so verteilt, dass sie im ersten Abschnitt des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vom 01.12.2014 bis 31.03.2016 voll geleistet wird (Arbeitsphase) und der Beschäftigte anschließend ab dem 01.04.2016 bis zum Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt wird (Freistellungsphase).

...

§ 8

Urlaubsanspruch

Der anteilige Urlaubsanspruch des Beschäftigten richtet sich nach der jeweils geltenden Regelung von zurzeit 30 Arbeitstagen. Danach wird für das Jahr des Wechsels zwischen Arbeits- und Freistellungsphase in der Arbeitsphase der Urlaubsanspruch entsprechend der Dauer dieser Arbeitsphase gewährt. Vor Eintritt in die Freistellungsphase sind die bis dahin erworbenen Urlaubsansprüche abzuwickeln. Mit der Freistellung gelten alle Urlaubsansprüche sowie sonstige Freistellungsansprüche als erfüllt.

Lage und Verteilung des Urlaubs sind während der Arbeitsphase mit dem Vorgesetzten abzusprechen."

Während der Altersteilzeit erhielt der Kläger monatlich 7.035,60 EUR brutto, bestehend aus dem (anteiligen) Gehalt von 5.330,00 EUR und Aufstockungsbeträgen in Höhe von insgesamt 1.705,60 EUR (siehe Entgeltabrechnung für August 2016, Anlage K 3). Für das Kalenderjahr 2016 wurden dem Kläger in der Zeit bis zum 31.03.2016 acht Tage Urlaub gewährt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, es seien für die Jahre 2016 und 2017 auch während der Freistellungsphase Urlaubsansprüche entstanden. Da ihm der Urlaub nicht vollständig gewährt worden sei, habe eine Abgeltung zu erfolgen. Aufgrund der Erfüllung der Wartezeit habe er im Kalenderjahr 2016 bereits vor Beginn der Freistellungsphase den vollen Urlaubsanspruch für 30 Tage erlangt. Ihm stehe für die nichtgewährten 22 Tage eine Abgeltung in Höhe von 7.116,56 € brutto zu. Der Urlaub für 2016 sei auch nicht verfallen. Der Arbeitgeber müsse von sich aus Urlaub gewähren. Komme er dieser Verpflichtung nicht nach, so entstehe ein Schadenersatzanspruch.

Für das Kalenderjahr 2017 stehe dem Kläger ein Abgeltungsanspruch für 30 Tage zu; das Arbeitsverhältnis habe bestanden. Eine Erbringung der Arbeitsleistung sei für das Entstehen eines Urlaubsanspruchs nicht erforderlich. So habe das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden, dass Urlaub auch während des Ruhens eines Arbeitsverhältnisses wegen eines vom Arbeitnehmer beantragten Sonderurlaubs entstehe. Urlaub im Kalenderjahr 2017 sei nicht gewährt worden und habe aufgrund der vereinbarten Freistellung auch nicht gewährt werden können. Demensprechend stehe ihm insoweit ein Abgeltungsanspruch in Höhe von 9.704,40 € brutto zu.

Die Regelung des § 8 Abs. 1 S. 2, S. 3 ATZ-Vertrag sei unwirksam, da sie die Unabdingbarkeit des gesetzlichen Urlaubsanspruchs gem. § 13 BUrlG verletze.

Der Kläger hat beantragt:

  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.116,56 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2017 zu zahlen;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 9.704,40 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2017 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe keine weiteren Urlaubsansprüche; diese seien erfüllt. Insoweit verweist die Beklagte auf die Regelung...

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