Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifliches Urlaubsgeld. Berücksichtigung von Vordienstzeiten beim alten Arbeitgeber beim Betriebsübergang im Falle des Tarifwechsels

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach dem für den Betrieb der Rechtsvorgängerin geltenden Tarifvertrag hat der Kläger Anspruch auf Urlaubsgeld, nicht aber auf einen Urlaubsgeldzuschlag abhängig von der Beschäftigungsdauer, wie ihn der Tarifvertrag der Lufthansa vorsieht. Der Kläger meint, bei der Berechnung des Urlaubsgeldzuschlages sei der neue Arbeitgeber verpflichtet, die Besitzstandsklausel des § 613 a BGB zu berücksichtigen, mit der Folge, dass bei Berechnung des Urlaubsgeldzuschlages die Zeit der Betriebszugehörigkeit zum Betriebsveräußerer mitzuberücksichtigen sei.

2. § 613 BGB gebietet nicht, beim Rechtsvorgänger verbrachte Dienstzeiten hinsichtlich der nur beim neuen Arbeitgeber selbst geltenden Tarifbestimmung zur Höhe des Urlaubsgeldzuschlages anzurechnen. Das Gesetz gebietet lediglich Leistungsbedingungen zu wahren, die im alten Arbeitsverhältnis beim Betriebsveräußerer galten. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist kein Besitzstand, der sich hinsichtlich erst vom Betriebsnachfolger geschaffener Leistungsbedingungen anspruchserhöhend auswirkt. Das Gesetz will lediglich einen erreichten sozialen Besitzstand erhalten und die Betriebstreue des Arbeitnehmers auch gegenüber dem alten Arbeitgeber honorieren. Soweit hieraus gegenüber dem alten Arbeitgeber keine Ansprüche, Anwartschaften und Erwerbsaussichten folgten, ist dies auch gegenüber einem Rechtsnachfolger im Sinne des § 613 a BGB nicht der Fall.

 

Normenkette

MTV Nr. 14 für Bodenmitarbeiter; MTV § 30a des Lufthansavergütungstarifvertrages Nr. 37; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 01.08.2000; Aktenzeichen 5 Ca 3470/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.08.2000 – 5 Ca 3470/00 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob Vordienstzeiten des Klägers beim früheren Arbeitgeber nach dem bei der Beklagten geltenden Tarifvertrag bei der Berechnung der Höhe des tariflichen Urlaubsgeldes anzurechnen sind.

Der Kläger war seit 1972 bei der S. A. System (S.), deren Betrieb am 01.01.1999 auf die Beklagte überging, beschäftigt. Seit dem Betriebsübergang finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge der L. Anwendung, darunter der Manteltarifvertrag für Bodenmitarbeiter Nr. 14 und der L. vegütungstarifvertrag Nr. 37. Nach § 30 a des Vergütungstarifvertrages erhält jeder Mitarbeiter mit der Vergütung im Monat Mai einen Zuschlag zum Urlaubsgeld, „sofern seit dem 01. Juni des Vorjahres ein Beschäftigungsverhältnis ununterbrochen bestand, das nicht vor dem 31. Mai des laufenden Jahres endet”. Die Bestimmung verweist auf § 30 Abs. 2, die wie folgt lautet: „Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im laufenden Kalenderjahr, erwirbt der Mitarbeiter für jeden Kalendertag der Beschäftigung Anspruch auf 1/360 des Urlaubs- bzw. Weihnachtsgeldes”.

Die Beklagte zahlte an den Kläger mit der Vergütung für den Monat Juni 1999 Urlaubsgeld in Höhe von einem halben Monatsgehalt und bemaß den Zuschlag zum Urlaubsgeld nach der Betriebszugehörigkeit des Klägers ab 01.01.1999.

Der Kläger ist der Auffassung, seine Betriebszugehörigkeit müsse seit 1972 berücksichtigt werden, so dass die Beklagte ihm weitere 1.400,00 DM brutto Urlaubsgeldzuschlag schulde.

Nach den für den Betrieb der S. Ageltenden Tarifverträge hat der Kläger bis zum 31.12.1998 einen Anspruch auf Urlaubsgeld in Höhe von 2.000,00 DM, nicht aber auf einen Urlaubsgeldzuschlag.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.400,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 31.05.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 01.08.2000 der Klage stattgegeben. Auf die Begründung seiner Entscheidung wird Bezug genommen.

Die Berufung der Beklagten rügt, das Arbeitsgericht habe den Anspruch des Klägers auf einen Zuschlag zum Urlaubsgeld rechtsfehlerhaft nicht anteilig berechnet. Zutreffenderweise sei § 30 a Abs. 1 b der tariflichen Bestimmung anwendbar. Unter dem Beginn im Sinne des § 30 a Abs. 1 b MTV sei die erstmalige Tätigkeit für die Beklagte zu verstehen. Dieses Auslegungsergebnis werde bestätigt durch die Tatsache, dass Mitarbeiter für Arbeitstage ohne Vergütungsanspruch, also grundsätzlich an Tagen, an denen sie nicht gearbeitet hätten, keinen Anspruch auf einen Zuschlag zum Urlaubsgeld erwürben. Das Arbeitsgericht lege § 613 a BGB fehlerhaft aus. Der Besitzstandsschutz dieser gesetzlichen Vorschrift verpflichte den neuen Arbeitgeber nicht, Leistungen zu gewähren, die der Arbeitnehmer aufgrund seiner Betriebszugehörigkeit zum Betriebsveräußerer nicht habe beanspruchen können.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die gegnerische Berufung zurückzu...

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