Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeitverringerung. Teilzeitarbeit. Anspruch auf Teilzeitarbeit. Entgegenstehende betriebliche Gründe

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Arbeitgeber ist nach § 8 Abs. 4 TzBfG verpflichtet, dem Verlangen des Arbeitnehmers nach Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, sofern nicht betriebliche Gründe dem Verlangen entgegenstehen.

2. An die entgegenstehenden betrieblichen Gründe i.S.v. § 8 Abs. 4 TzBfG dürfen nicht allzu hohe Anforderungen gestellt werden, insbesondere müssen diese nicht die Qualität eines dringenden betrieblichen Erfordernisses nach § 1 Abs. 2 KSchG aufweisen. Gleichwohl können sie nicht derart gering sein, dass letztlich lediglich noch ein Willkürverbot besteht und jedweder sachliche Grund für die Ablehnung des Reduzierungswunschs des Arbeitnehmers ausreicht.

 

Normenkette

TzBfG § 8 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Mannheim (Urteil vom 20.11.2001; Aktenzeichen 12 Ca 351/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 30.09.2003; Aktenzeichen 9 AZR 665/02)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Mannheim vom 20.11.2001 – Az.: 12 Ca 351/01 – wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte 4/5 und die Klägerin 1/5.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin steht seit Dezember 1988 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten als Verkäuferin von – überwiegend – Teppichverlegeware bei einer tarifvertraglich geregelten Wochenarbeitzeit von 37,5 Stunden. Bundesweit betreibt die Beklagte eine Vielzahl von Filialen; in ihrem W. Betrieb sind neben der Klägerin 34 Arbeitnehmer beschäftigt, darunter weitere neun Verkäufer.

Am 04.07.2001 beantragte die Klägerin die Verringerung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit auf 25 Stunden zum nächstmöglichen Zeitpunkt und eine bestimmte Verteilung der verbleibenden Arbeitszeit auf die Wochentage. Die Beklagte lehnte dies am 12.07.2001 schriftlich mit der Begründung ab, dies widerspreche ihrer Unternehmensstruktur und ihrem Marketing-Konzept.

Mit ihrer Klage vom 23.07.2001 hat die Klägerin beantragt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, der Verringerung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin auf 25 Stunden zuzustimmen.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, die Verteilung der Arbeitszeit wie folgt festzulegen:

Täglich von Montag bis Samstag im Durchschnitt 25 Std./Woche im Wechsel vormittags und nachmittags,

1.

Woche 30 Stunden:

Mo./Di./Mi./Do./Fr.

von 09.00 bis 15.00 Uhr (ohne Pause)

Sa.

von 09.00 bis 16.00 Uhr (inkl. 1 Std. Pause)

davon ein freier Tag nach Dienstplan,

2.

Woche 20 Stunden:

Mo./Di./Mi./Do.

von 15.00 bis 20.00 Uhr,

Sa.

frei

Die Beklagte hat ihren Klagabweisungsantrag wie folgt begründet: Der Verringerungsantrag widerspreche dem Organisations- und Marketing-Konzept der W. Filiale. Danach sei eine kontinuierliche Anwesenheit der Verkäufer während der Ladenöffnungszeiten notwendig, um Reibungsverluste bei einer eventuellen Informationsweitergabe möglichst gering zu halten. Im übrigen setze sie nur Verkäufer in Vollzeitbeschäftigung ein, um dem unternehmerischen Konzept eines „full-time-service” zu genügen.

Die notwendige Intensität der Kundenberatung stehe einer Teilung des Arbeitsplatzes entgegen. Wenn jeder der zehn Verkäufer seine Arbeitszeit, wie die Klägerin es wünschte, reduzieren würde, könnte der Betrieb nicht mehr ordnungsgemäß geführt werden. Im übrigen habe die Beklagte schwerwiegende Wettbewerbsnachteile zu befürchten, weil die Kunden den Wechsel von Verkäufern nicht akzeptieren würden.

Der Wunsch der Klägerin stehe auch im Widerspruch zu der bei der Beklagten praktizierten Provisionsregelung. Danach habe allein derjenige Verkäufer Anspruch auf eine volle Provision, der den ersten Kontakt mit dem Kunden herstelle. Es seien Unzuträglichkeiten bis zur Störung des Betriebsfriedens zu gewärtigen, wenn die Klägerin einen Kunden nicht zu Ende bediene, gleichwohl volle Provision verlange, obwohl ein anderer Verkäufer einen wesentlichen Teil des mehrgliedrigen Verkaufsgeschäftes getätigt habe.

Das gesamte Verkaufsgeschäft gliedere sich nämlich in eine Vielzahl von Arbeitsschritten: Zunächst sei der Kunde intensiv zu beraten, was ganze Tage oder sogar eine ganze Woche betragen könne.

Sodann sei ein Aufmaßtermin nach Maßgabe des Terminkalenders zu vereinbaren. Anschließend sei ein Formular für die Service-Abteilung auszufüllen. Nach durchgeführtem Aufmaß erfolge eine Auftragsbestätigung. Im Anschluss daran sei ein Termin für die Verlegung der Ware nach Rücksprache mit dem Service und dem Warendisponenten festzulegen.

Auf Wunsch werde ein Kostenvoranschlag erstellt. Zum Schluss erfolge die Rechnungsstellung.

Auch der Verteilungswunsch der Klägerin sei nicht zumutbar, weil er die Klägerin gegenüber anderen Arbeitskollegen bevorteile; der häufigste Kundenkontakt spiele sich nämlich in den späten Nachmittagsstunden ab. Die Klägerin könne sich jedoch nicht die besten Verkau...

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