Verfahrensgang

ArbG Pforzheim (Entscheidung vom 21.12.2000; Aktenzeichen 2 BV 22/00)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten Ziffer 1 (Betriebsrats) wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 21.12.2000 – 2 BV 22/00 – abgeändert: Es wird festgestellt, daß dem Beteiligten Ziffer 1 beim Einsatz von Vereinsmitgliedern des Beteiligten Ziffer 2 (Arbeitgebers) auf ehrenamtlicher Grundlage im Rettungsdienst des Beteiligten Ziffer 2 als Zweitbesetzung auf dem Rettungswagen oder Krankentransportwagen ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 99 BetrVG zusteht.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Betriebsrat bei dem Einsatz von Vereinsmitgliedern des Beteiligten Ziffer 2 (Arbeitgebers) auf ehrenamtlicher Grundlage im Rettungsdienst des Beteiligten Ziffer 2 als Zweitbesetzung auf dem Rettungswagen oder Krankentransportwagen unter dem Gesichtspunkt der Einstellung gemäß § 99 BetrVG zu beteiligen ist.

Der Beteiligte Ziffer 2 ist u.a. im Rettungsdienst tätig und unterhält Rettungswachen in C., N., Ca., Bad Herrenalb, S. und Altensteig. Er beschäftigt im Bereich des Rettungsdienstes etwa 50 Arbeitnehmer. Die Rettungsfahrzeuge sind in der Regel mit einem Rettungsassistenten und einem Rettungssanitäter besetzt.

Der Beteiligte Ziffer 1 ist der im Betrieb des Beteiligten Ziffer 2 bestehende 5-köpfige Betriebsrat. Bei der Bekanntgabe des Dienstplans für das 3. Quartal 2000 stellte er fest, dass neben den hauptamtlichen Mitarbeitern insgesamt fünf ehrenamtliche, zum Rettungssanitäter ausgebildete Vereinsmitglieder für den Einsatz im Rettungsdienst auf den Rettungswachen C., N. und Ca. an Samstagen als Zweitbesetzung (Beifahrer, Fahrer) auf den Rettungsfahrzeugen mit den Aufgaben eines Rettungssanitäters vorgesehen waren (vgl. Anlagen Bl. 6 – 12 d.A. erster Instanz). Er fasste daraufhin am 12.07.2000 den Beschluss (Anlagen Bl. 45 – 48 d.A. erster Instanz), wegen Verletzung seines Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG ein Verfahren nach § 101 BetrVG einzuleiten.

Der Beteiligte Ziffer 1 ist der Auffassung, bei den im Rettungsdienst eingesetzten sog. Ehrenamtlichen handele es sich um Arbeitnehmer. Sie erhielten Weisungen bezüglich des Inhalts der Arbeit, der Arbeitszeit und des Arbeitsortes und seien in den Betriebsablauf integriert, wie bereits der Dienstplan zeige. Ihre Tätigkeit unterscheide sich durch nichts von derjenigen der hauptamtlichen Mitarbeiter, sie benötigten eine Ausbildung zumindest als Rettungssanitäter, trügen die gleiche Dienstbekleidung und würden zusammen mit den hauptberuflichen Mitarbeitern auf Grund von Dienstplänen Rettungsdiensteinsätze unter Benutzung betrieblicher Einrichtungen fahren. Bei der ihnen gewährten Aufwandsentschädigung handele es sich auf Grund ihrer Höhe von bis zu DM 100,– je Dienst der Sache nach um eine – wenn auch geringfügige – Vergütung. Im Übrigen erfordere der Begriff der Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG aber auch weder das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses noch eine Mindestdauer oder Entgeltlichkeit der Beschäftigung, vielmehr sei für diesen allein die – hier gegebene – Eingliederung in den Betriebsablauf entscheidend. Durch den Einsatz von ehrenamtlichen Vereinsmitgliedern im Rettungsdienst würden auch die insbesondere durch § 99 Abs. 2 Nr. 3 und 6 BetrVG geschützten Interessen der in diesem Bereich beschäftigten hauptberuflichen Mitarbeiter berührt, so dass dieser auch vom Schutzzweck des Beteiligungsrechts nach § 99 BetrVG erfasst werde.

Der Beteiligte Ziffer 1 hat beantragt,

dem Antragsgegner aufzugeben, die Einstellung der Mitarbeiter M. B., A. R., K. W., T. F. und U. H. aufzuheben.

Der Beteiligte Ziffer 2 hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, die in Übereinstimmung mit der Vorschrift des § 31 seiner Satzung, nach der die Arbeit im Roten Kreuz grundsätzlich ehrenamtlich sei, im Rettungsdienst ehrenamtlich tätigen Vereinsmitglieder gehörten gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG nicht zu dem vom Betriebsrat repräsentierten Teil der Belegschaft. Sie seien auch keine Arbeitnehmer, da sie nicht seinem Weisungsrecht unterliegen würden. Im Gegensatz zu den hauptberuflichen Mitarbeitern verrichteten sie ihren Dienst freiwillig und könnten jederzeit einen avisierten Dienst absagen, ohne dass er hierauf mit Sanktionen reagieren könne. Ihrer Integration in den Betriebsablauf stehe ihr sporadischer Einsatz entgegen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass sie auf Grund der ihm nach dem Rettungsdienstgesetz obliegenden Verpflichtung zur Gewährleistung einer ständigen Grundversorgung im Rettungsdienst in die Rettungsdienstpläne aufgenommen und sie unter gelegentlicher Zusammenarbeit mit den hauptberuflichen Mitarbeitern betriebliche Einrichtungen nutzen würden. Die ihnen gewährte Aufwandsentschädigung halte sich im Rahmen des § 3 Nr. 26 EStG und stelle keine Arbeitsvergütung dar. Der Einsatz von ehrenamtlich tätigen Mitgliedern im Rettungsdienst werde auch nicht vom Schutzzweck des Beteiligungsrechts nach ...

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