Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltendmachung von während der Elternzeit entstandenen Urlaubsansprüchen nach dem 31.03. des Folgejahres

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die bei unterbliebener Kürzungserklärung nach § 17 Abs. 1 BEEG entstandenen Urlaubsansprüche sind - wie alle anderen Urlaubsansprüche auch - befristet. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG verfallen sie am 31.03. des folgenden Jahres.

2. Aus § 17 Abs. 2 BEEG ergibt sich nichts anderes. Diese Vorschrift gilt nur für den Urlaub des Urlaubsjahres, in dem die Elternzeit begonnen hat.

 

Normenkette

BEEG § 17 Abs. 1; BUrlG § 7 Abs. 2; BEEG § 17 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 08.02.2017; Aktenzeichen 6 Ca 341/16)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.03.2019; Aktenzeichen 9 AZR 495/17)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Offenburg vom 8. Februar 2017, 6 Ca 341/16, werden zurückgewiesen.
  2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte zu 6/100, die Klägerin zu 94/100.
  3. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten, ihrer vormaligen Arbeitgeberin, Urlaubsabgeltung.

Die Klägerin war vom 1. April 2005 bis zum 14. Mai 2016 als Bürokauffrau im Betrieb der Beklagten in K. tätig. Sie befand sich vom 1. Oktober bis zum 23. Oktober 2010 in der Schutzfrist nach der Geburt ihres Kindes J. (* 00.00.2010). Ab dem 24.Oktober 2010 nahm sie für die Tochter J. eine zunächst zwei, dann dreijährige Elternzeit in Anspruch. Ab dem 15. Mai 2013 bis zum 14. Mai 2016 nahm sie sodann Elternzeit für ihren am 15. März 2013 geborenen Sohn M. in Anspruch. Die Klägerin befand sich demnach ununterbrochen bis zum Ausscheiden aus dem Betrieb der Beklagten am 14. Mai 2016 in Elternzeit. Sie erzielte zuletzt im Oktober 2010 eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung von Euro 2.017,20. Der Jahresurlaub beträgt 30 Arbeitstage.

Ob die Beklagte vor oder während der Elternzeit eine Erklärung in Bezug auf die Kürzung des Erholungsurlaubs während der Elternzeit nach § 17 Abs. 1 BEEG abgegeben hat, ist zwischen den Parteien streitig. Am 20. Januar 2016 beantragte die Klägerin eine Verringerung ihrer Arbeitszeit mit einer Wochenarbeitszeit von 9 Stunden. Mit Schreiben vom 6. April 2016 bestätigte die Beklagte die beantragte Verringerung ab dem 17. Mai 2016. Zu einer Tätigkeitsaufnahme der Klägerin kam es nicht, da sie das Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit zum 14. Mai 2016 kündigte.

Die Klägerin hat von der Beklagten jeweils Lohnabrechnungen erhalten. In den Lohnabrechnungen für das Jahr 2010 ist wegen der Inanspruchnahme der Elternzeit für dieses Jahr lediglich ein Urlaubsanspruch von 22 Urlaubstagen ausgewiesen worden, während der Jahresurlaubsanspruch der Klägerin ansonsten 29 Tage betragen hätte. Für die Dauer der Elternzeit erhielt die Klägerin jeweils Lohnabrechnungen, die einen Urlaubsanspruch für das jeweils laufende Jahr von 0,0 Tagen ausgewiesen haben. Mit E-Mail vom 24. März 2010 (Anl. BB2, Aktenseite 69) fragte die Klägerin bei der Beklagten an, wie sich ihr Urlaub berechnen würde, da sie wegen des Mutterschutzes nicht 29 Tage Urlaub hätte. Die Antwort der Beklagten auf diese E-Mail ist streitig.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 22. Juli 2016 machte die Klägerin Urlaubsabgeltungsansprüche für die Kalenderjahre 2013 bis 2016 in Höhe von insgesamt 70 Urlaubstagen geltend. Die Anträge wurden seitens der Beklagten am 28. Juli 2016 mit Hinweis auf die Kürzungsmöglichkeit des § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG zurückgewiesen.

Vor dem Arbeitsgericht hat die Klägerin vorgetragen, dass die Beklagte während des laufenden Arbeitsverhältnisses eine Kürzung des Urlaubs wegen der Inanspruchnahme der Elternzeit nicht erklärt habe. Nach Beendigung sei das nicht mehr möglich. Die Urlaubsansprüche seien noch nicht verfallen, insoweit sei der Rechtsgedanke des § 17 Abs. 2 BEEG zu berücksichtigen (wegen der Berechnung der Klageforderung wird auf Aktenseite 14 und 49 der arbeitsgerichtlichen Akte Bezug genommen).

Vor dem Arbeitsgericht hat die Klägerin beantragt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Jahre 2014, 2015 und 2016 € 6.517,70 brutto als Urlaubabgeltung zu bezahlen nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 15. Mai 2016.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Jahre 2011, 2012 und 2013 € 8.379,90 brutto als Urlaubsabgeltung zu bezahlen nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 15. Mai 2016.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat darauf verwiesen, dass die möglicherweise entstandenen Urlaubsansprüche in jedem Fall nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen seien.

Das Arbeitsgericht hat durch das angegriffene Urteil vom 8. Februar 2017 die Klage überwiegend abgewiesen. Zugesprochen hat es einen Betrag von Euro 931,10, der Urlaubsabgeltung für den Teilurlaubsanspruch aus dem Kalenderjahr 2016. Eine Kürzung des Urlaubs wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit habe die Beklagte während des...

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