Beim Einsatz von KI-Systemen stehen dem Betriebsrat umfangreiche Informations- und Mitbestimmungsrechte zu. Dies sind vor allem:

 
Starke Mitbestimmungsrechte Einsatz von KI bei Aufstellung von Richtlinien über personelle Auswahl § 95 Abs. 2a BetrVG
Einführung/Anwendung von technischen Einrichtungen, die zur Verhaltens-/Leistungsüberwachung geeignet sind § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG
Vorbereitung/Erteilung von Anweisungen zum Ordnungsverhalten mithilfe von KI § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG
Mitbestimmung bei Einstellungen und Versetzungen, bei denen KI im Einsatz war, insbesondere wenn Auswahlrichtlinien/Beurteilungsgrundsätze bestehen § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG
Schwache Mitbestimmungsrechte Beauftragung von Sachverständigen durch den Betriebsrat § 80 Abs. 3 Satz 2 BetrVG
Unterrichtung und Beratung des Betriebsrats bei Planung von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen einschließlich des Einsatzes von KI § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG

3.2.1 "Echte" Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats

Nach § 95 Abs. 2a BetrVG bedürfen Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen auch dann der Zustimmung des Betriebsrats, wenn ein KI-System eigenständig oder innerhalb eines vom Arbeitgeber vorgegebenen Rahmens die Auswahlrichtlinien aufstellt. Das ist z. B. der Fall, wenn die KI auf historischen Bewerberdaten, Einstellungsentscheidungen und Anforderungsprofilen trainiert wird und hieraus implizit Einstellungskriterien generiert und gewichtet, um die (mutmaßlich) besten Einstellungsentscheidungen zu treffen oder vorzuschlagen bzw. vorzusortieren. Gleiches gilt ggf. für den Einsatz von Chatbots. Im Kontext Bewertung ist auch § 94 Abs. 1 Satz 1 BetrVG relevant, also die – ebenfalls zustimmungsbedürftige – Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze. Dies betrifft neben den eben genannten Szenarien auch das Skill-Matching.

Die Festlegung des Inhalts von Stellenbeschreibungen sowie Anforderungsprofilen ist hingegen nicht mitbestimmungspflichtig. Hier kann allenfalls das Unterrichtungs- und Vorschlagsrecht aus § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einschlägig sein (Unterrichtung über Personalplanung).

Große Bedeutung im KI-Kontext hat das wohl prominenteste Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, das bei jeder Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen greift, die das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer überwachen könnten. Hierunter dürften je nach Ausgestaltung nahezu alle unter Ziffer 2 genannten KI-Systeme fallen, bei denen Arbeitnehmerdaten nicht anonymisiert sind. Eine Anonymisierung bietet sich insbesondere im Bereich Analyse und Prognoseanwendungen an, bei der Informationen über individuelle Arbeitnehmer nicht im Vordergrund stehen, sondern Rückschlüsse auf das Unternehmen oder einzelne (größere) Abteilungen ausreichen.

Fazit: KI-Systeme, die namensscharfe Mitarbeiterdaten verwenden, werden in den seltensten Fällen ohne Zustimmung des Betriebsrats eingeführt werden können.

3.2.2 Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats / Einsatz von Sachverständigen

Als Faustregel ist davon auszugehen, dass der Betriebsrat bei jeder Form des personalbezogenen KI-Einsatzes im Unternehmen rechtzeitig und umfassend zu informieren ist.[1] Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von KI beurteilen, unterstellt das Gesetz nun pauschal, dass die Hinzuziehung eines Sachverständigen erforderlich ist. Trotzdem bedarf es einer Vereinbarung (insbesondere zur Person und Vergütung) mit dem Arbeitgeber, die durch den Betriebsrat notfalls gerichtlich durchzusetzen ist. Es muss sich für diesen Anspruch auch um "echte" KI handeln, nicht bloß um gewöhnliche Software.

 
Hinweis

Der betriebsverfassungsrechtliche KI-Begriff

Die letzte BetrVG-Reform sollte ihrem Zweck nach u. a. den Betriebsrat in die Lage versetzen, "komplexe informationstechnische Zusammenhänge zu verstehen, zu bewerten und mitzugestalten".[2] Bei deterministischer Software, die keine autonomen Entscheidungen trifft und deren Ergebnisse vorhersehbar und transparent sind – mag sie auch komplex sein – dürfte es sich nicht um "künstliche Intelligenz" im Sinne des BetrVG handeln, weshalb die entsprechenden Vorschriften nicht anwendbar sind. Eine gesetzliche Definition existiert nicht.

Vorgeschlagen wird folgende Definition:

""Künstlichen Intelligenz" i. S. d. BetrVG bezieht sich auf technische Systeme, die aufgrund von Informatikanwendungen in der Lage sind, ein menschenähnliches Verhalten nachzubilden, das nicht vollständig vorsehbar ist."[3]

Mit der jüngsten Reform des BetrVG wurde in § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG klargestellt, dass das Unterrichtungs- und Beratungsrecht beim Einsatz KI-gestützter Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen einschlägig ist. Dies betrifft insbesondere Computersysteme, die Weisungen erteilen.[4] Wird die Arbeitsverteilung durch eine Software vorgenommen (Verteilung von Kundenaufträgen, Routen, Produktbearbeitungen usw.), ist das Unterrichtungs- und Beratungsrecht einschlägig.

 
Hinweis

Betriebsänderung

Bei fundamentalen Änderungen der Arbeitsmethoden kann eine Betriebsänderung vorliegen.[5]

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