Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsberechtigung. „Geschäft der laufenden Verwaltung”

 

Leitsatz (amtlich)

1) In einer Großstadt kann die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mit einfachen Büro- bzw. Reinigungskräften jedenfalls durch ordentliche Kündigung ebenso ein „Geschäft der laufenden Verwaltung” sein, wie der Abschluss eines Arbeitsvertrages.

2) Von daher kann der/die Amtsleiter/in in einer Großstadt unter Berücksichtigung der Bestimmungen einer Allgemeinen Dienst- und Geschäftsanweisung für die Stadtverwaltung kündigungsbefugt sein. Einer Vollmachtsvorlage bedarf es nicht.

 

Normenkette

BGB § 174

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 21.07.1999; Aktenzeichen 6 Ca 7848/98)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 07.11.2002; Aktenzeichen 2 AZR 493/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juli 1999 – 6 Ca 7848/98 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Sozialwidrigkeit einer von der Beklagten gegenüber dem Kläger ausgesprochenen krankheitsbedingten Kündigung.

Der 1955 geborene Kläger trat ab dem 01.02.1990 als Marktgehilfe bei den Marktbetrieben der Beklagten ein. Er fehlte arbeitsunfähigkeitsbedingt im Jahre 1990 an 123 und im Jahre 1991 an 133 Kalendertagen (davon 1991: 26 arbeitsunfallbedingt). Auf betriebsärztliche Empfehlung setzte die Beklagte ihn mit Wirkung ab dem 11.11.1991 in das Amt für Wissenschaft und Kunst um. Sie übernahm ihn mit Wirkung ab dem 01.10.1994 mit Verg.Gr. VIII BAT in das Angestelltenverhältnis. Sein Aufgabengebiet umfasste den Postein- und -ausgang, den Boten- und Postverteildienst, Kopier- und Faxarbeiten sowie Sonder- und Eilaufträge. Seine arbeitsunfähigkeitsbedingten Fehlzeiten entwickelten sich wie folgt: 1992 = 61 Kalendertage (Kt), 1993 = 88 Kt, 1994 = 70 Kt. 1995 = 91 Kt. Die daraufhin 1996 eingeschaltete Betriebsärztin erhob gegen seinen weiteren Einsatz als Bürobote keine Bedenken, stellte indes beim Kläger eine „generell erhöhte Krankheitsanfälligkeit aufgrund von Überbewertung geringfügiger Beschwerden” fest (Bl. 20 d.A.). Sie empfahl ein „Arbeitsmotivationsgespräch” (Bl. 20 d.A.). Danach verringerten sich die krankheitsbedingt ausfallenden Kalendertage im Jahre 1996 beim Kläger auf 36, stiegen aber im Jahre 1997 wieder auf 92 Kt an (Bl. 12 d.A.). Die daraufhin erneut mit einer Untersuchung beauftragte Betriebsärztin kam am 09.07.1998 zu der Prognose, auch zukünftig seien beim Kläger überdurchschnittliche Fehlzeiten nicht auszuschließen (Bl. 22 d.A.). Diese würde auch die Übertragung einer anderen Tätigkeit nicht verringern. Eine Reha-Maßnahme wurde dem Gesundheitszustand des Klägers gut tun. Es sei „im Bereich des Möglichen, dass sich die Fehlzeiten auf ein durchschnittliches Maß reduzieren” (Bl. 22 d.A.).

Daraufhin forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 15.07.1998 auf, bis zum 07.08.1998 den Nachweis zu erbringen, dass er sich „um einen entsprechenden Kuraufenthalt” bemühe (Bl. 23, 24 d.A.). Sie kündigte für den Fall einer Verweigerung (oder mangelnden Mitwirkung) „der erforderlichen Reha-Maßnahme” eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses an (Bl. 24 d.A.). Der Kläger quittierte den Empfang dieses Schreibens am 17.07.1998 (Bl. 25 d.A.).

Mit Schreiben vom 07.08.1998 setzte die Beklagten dem Kläger erfolglos Nachfrist für das Beibringen eines solchen Nachweises bis zum 12.08.1998 (Bl. 26 d.A.).

In dem sodann eingeleiteten Beteiligungsverfahren stimmte der Personalrat am 01.10.1998 der sodann vom Amtsleiter mit Schreiben vom 07.10.1998 (Bl. 4–6 d.A.) ausgesprochenen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.1999 zu (Bl. 34 d.A.). Diese ging dem Kläger am 12.10.1998 zu (Bl. 2 d.A.).

Mit Schreiben vom 13.10.1998 ließ der Kläger diese Kündigung wegen fehlender Vollmachtvorlage zurückweisen (Bl. 37 d.A.). Dagegen wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 16.10.1998 (Bl. 37 d.A.).

Der Kläger hat die Kündigung wegen fehlender Vollmachtsvorlage für rechtsunwirksam gehalten. Er hat ferner die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats bestritten und behauptet, er werde von der Beklagten vertragswidrig mit schwereren körperlichen Arbeiten belastet. Das führe zur Überschreitung der ansonsten nur durchschnittlich anfallenden Fehlzeiten. Deswegen sei die Kündigung auch sozialwidrig.

Er hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 07. Oktober 1998 nicht beendet wurde;
  2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Büroangestellter weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Kündigung als rechtswirksam verteidigt. Sie könne auch nicht als sozialwidrig angegriffen werden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage aus den im Einzelnen aus Bl. 126–138 d.A. ersichtlichen Sachfeststellungen und Gründen, für die auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung un...

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