Leitsatz (amtlich)

Als „Spesen” bezeichnete Vergütungsbestandteile können übertarifliche Zulagen i. S. des § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG sein.)

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Ziff. 10

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 16.01.1997; Aktenzeichen 13 BV 126/96)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 16. Januar 1997 – 13 BV 126/96 – teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, daß die ohne Zustimmung des Betriebsrats erfolgte Verkürzung der Spesen, die sich aus den Anlagen BR 1 bis BR 3 ergeben, rechtswidrig ist.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Zahlung von sog. Spesen.

Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen, das Büromöbelsysteme produziert und vertreibt Der Antragsteller zu 2. ist der für den Betrieb in K. (Werke 1 und 2) gewählte Betriebsrat. Der Antragsteller zu 1. ist der im Unternehmen gebildete Gesamtbetriebsrat. Neben dem Betrieb in K. bestehen Betriebe in K. und B. W.. Im Gesamtunternehmen sind etwa 1.270 Arbeitnehmer beschäftigt, davon etwa 960 Arbeitnehmer in K.. Seit vielen Jahren zahlt die Arbeitgeberin den Arbeitnehmern, die außerhalb des Betriebes tätig werden, weitere Gelder, die im betrieblichen Sprachgebrauch als Spesen bezeichnet werden. Dabei wurden für die einzelnen Funktionsbereiche

  • Verwaltungs-, Vertriebs- und Außendienst
  • Kundendienst
  • Fahrer

unterschiedliche Regelungen angewandt.

Für den Verwaltungs-, Vertriebs- und Außendienst wurden für Reisen im in- und Ausland Tagespauschalbeträge vorgegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage BR 1 (Bl. 5 d.A.) Bezug genommen.

Für den Bereich des Kundendienstes gibt es in den jeweiligen Manteltarifverträgen Montageregelungen, in denen auch Auslösungssätze enthalten sind und die Fahrtkosten von der Wohnung des Arbeitnehmers zur Montagestelle geregelt werden (vgl. jeweils § 9 des MTH vom 07.03.1992 und 30.05.1997, Hülle Bl. 79 d.A.). Im Jahre 1985 verhandelte der Betriebsrat mit der Geschäftsleitung u. a. über eine verbesserte Spesenregelung bei der Montageregelung für den Kundendienst. In diesem Zusammenhang wurde eine angebotene neue Spesenregelung akzeptiert (Protokoll vom 03.12.1985 – Bl. 89, 90 d.A.). Seitdem wurde in den jeweiligen Betriebsvereinbarungen über die Arbeitszeit jeweils eine Ausnahmeregelung für Fahrer im Werksverkehr getroffen, die lautet:

Die Spesenregelung (Anlage 1) ist in diese Vereinbarung einbezogen.

(Kopien dieser Vereinbarungen für die Jahre 1985 – 1990, Bl. 80-88 d.A.).

Wegen der Einzelheiten der „Anlage 1 … Spesenregelung für Kundendienstmonteure” wird auf Bl. 7 d.A. Bezug genommen.

Für die Fahrer und Beifahrer im Werksverkehr wurde ein Sondertarifvertrag (Bl. 76 – 78 d.A.) abgeschlossen. Dessen Ziff. 24 lautet:

  1. Tagesspesen sind unter Anlehnung an die geltenden steuerlichen Richtlinien zu vereinbaren.
  2. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Kraftfahrern und Beifahrern zur Bestreitung der notwendigen Auslagen und Spesen vor Fahrtantritt angemessene Vorschüsse zur Verfügung zu stellen.

Ziffer 26 lautet:

Ergänzende Betriebsvereinbarungen zu diesem Sondertarifvertrag sind zugelassen. Sie bedürfen der Zustimmung der Tarifvertragsparteien.

Am 03.12.1985 wurde in der bereits erwähnten Sitzung zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung weiterhin folgendes festgehalten:

Die Spesentabelle der Fahrer im Werksfernverkehr wurde ebenfalls korrigiert und teilweise für den Bereich Ausland ergänzt.

Wegen der Einzelheiten der „Tabelle Fahrerspesen”, gültig ab 01.01.1986. wird auf Bl. 6 d.A. Bezug genommen.

Am 30.01.1996 schrieb die Arbeitgeberin folgendes:

Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

bekanntlich hat der Gesetzgeber die Besteuerungsgrundlage der Verpflegungspauschalen ab 01. Januar 1996 neu geregelt.

Aus diesem Grund haben wir mit dem Betriebsrat K. entsprechende Verhandlungen geführt und es war unsere Absicht, für alle Bezieher von Reisekosten eine einheitliche Regelung verbindlich einzuführen. Dazu hat K+ ein Angebot unterbreitet.

Dem hat der Betriebsrat widersprochen und sich darüber hinaus einer Einvernehmlichkeit verweigert.

Da es unsere Pflicht ist, ab 01. Januar 1996 auch in der Frage der Spesenregelung Klarheit zu schaffen, geben wir Ihnen bis auf weiteres folgende, für alle Mitarbeiter geltende Regelung (rückwirkend ab 01. Januar 1996) zur Kenntnis:

Regelung K+

Regelung Finanzamt

8-10 Stunden

10,00 DM netto

0,00 DM

10-14 Stunden

10,00 DM + 5,00 DM netto

10,00 DM

14-24 Stunden

20,00 DM

20,00 DM

über 24 Stunden

46.00 DM

46,00 DM

Die Spesenabrechnung wird für die steuerfreien Beträge wie bisher vollzogen. Der oberhalb der steuerlichen Grenzen gewährte K+ -Zuschlag stellt für die

Betroffenen einen geldwerten Vorteil dar und muß daher über die individuelle Lohn- und Gehaltsabrechnung abgerechnet werden. Die Auszahlung erfolgt als Nettobezug.

Die Spesenregelung für den Kundendienst hatte der Betriebsrat am 15...

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