§ 3 BUrlG regelt die Höhe des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs. Danach beträgt der jährliche Vollurlaubsanspruch bei einer Fünf-Tage-Woche 20 Arbeitstage. Dieser Mindesturlaubsanspruch bleibt den Beschäftigten erhalten, auch wenn sie ihn wegen Arbeitsunfähigkeit im laufenden Kalenderjahr und in dem sich anschließenden Übertragungszeitraum nicht verwirklichen konnten.

Praxis-Beispiel

Ein Beschäftigter ist von Juli 2010 bis zum 15. Januar 2012 arbeitsunfähig erkrankt. Nach seiner Rückkehr ist ihm der Mindesturlaub aus dem Jahr 2010, den er wegen der Erkrankung in den Jahren 2010 und 2011 nicht nehmen konnte, noch zu gewähren.

1.1.1 Inanspruchnahme

Nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit wird der zuvor wegen Erkrankung nicht in Anspruch genommene Urlaub dem Urlaub des dann laufenden Kalenderjahres hinzugefügt und unterliegt als ein einheitlicher Urlaubsanspruch den für diesen geltenden Fristen (BAG vom 9. August 2011 - 9 AZR 425/10). Wird der Urlaub nicht in Anspruch genommen, verfällt er somit, wenn der Arbeitnehmer im Kalenderjahr oder im Übertragungszeitraum so rechtzeitig gesund und arbeitsfähig wird, dass er in der verbleibenden Zeit den Urlaub hätte nehmen können.

Hinweis

In dem obigen Beispiel (unter 1.1) ist der Urlaub aus dem Jahr 2010 zunächst nach § 26 Abs. 2 Buchst. a bis zum 31. März 2013 zu nehmen. Aufgrund der übertariflichen Übertragungsfrist, wonach die Regelung der Beamtinnen und Beamten des Bundes gem. § 7 Sonderurlaubsverordnung Anwendung findet, ist der Urlaub bis zum 31. Dezember 2013 zu nehmen.

1.1.2 Rente auf Zeit im Anschluss an die Arbeitsunfähigkeit

Das BAG hat bislang offengelassen, ob weitere Urlaubsansprüche entstehen, wenn das Arbeitsverhältnis wegen Gewährung einer Rente auf Zeit (§ 33 Abs. 2 Satz 5, 6 TVöD) ruht (BAG vom 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10 - und vom 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - ). Eine zweitinstanzliche Entscheidung zu diesem Sachverhalt wird vom BAG in einem Revisionsverfahren am 7. August 2012 verhandelt. Eine Entscheidung bleibt abzuwarten.

Der zuvor bereits entstandene und wegen der vorhergehenden Arbeitsunfähigkeit nicht genommene Mindesturlaub bleibt jedoch auch noch während des Ruhenszeitraumes erhalten und wird, wie unter 1.1.1 für den Fall der Rückkehr nach Krankheit ausgeführt, bei Wiederaufnahme der Tätigkeit grundsätzlich dem Urlaub des dann laufenden Kalenderjahres hinzugefügt. Dabei ist die Verfallsfrist von 15 Monaten (s. u. 1.1.4) zu beachten.

1.1.3 Tarifliche Ausschlussfrist gemäß § 37 TVöD

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG gilt eine tarifliche Ausschlussfrist nicht für gesetzliche Mindesturlaubsansprüche nach §§ 1 und 3 Abs. 1 BUrlG, die gemäߧ 13 BUrlG unabdingbar sind. Dieser Grundsatz ist auch auf Urlaubsansprüche, die wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden konnten, anzuwenden. § 37 TVöD gilt daher auch insoweit nicht, und zwar weder für den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch noch für den tariflichen Mehrurlaub (s. aber zum Abgeltungsanspruch unten 1.2.2).

1.1.4 Befristung und Verfall; neue übertarifliche Regelung für die Beschäftigten des Bundes

Die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des § 7 Abs. 3 BUrlG betrifft nur den nach Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie gewährleisteten und von §§ 1 und 3 Abs. 1 BUrlG begründeten vierwöchigen Mindesturlaub. Deshalb finden für den tariflichen Mehrurlaub weiterhin die Fristen des § 26 Abs. 2 Buchstabe a TVöD Anwendung, welche durch Rundschreiben vom 25. August 2008 (neu gefasst mit gesondertem Rundschreiben vom heutigen Tage) übertariflich an die jeweils für die Beamtinnen und Beamten des Bundes geltende Regelung (§ 7 EUrlV) angepasst wurden. Danach verfällt Urlaub, der nicht innerhalb von zwölf Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres genommen worden ist.

Praxis-Beispiel

Ein Beschäftigter mit einem jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen nach § 26 Abs. 1 TVöD erkrankt im Januar 2010 und kann seine Tätigkeit erst im Januar 2012 wieder aufnehmen. Hatte er von seinem Urlaub für 2010 noch nichts verbraucht, sind hiervon die 10 Tage tariflicher Mehrurlaub Ende 2011 verfallen. Der Mindestanspruch von 20 Tagen bleibt hingegen trotz Ablaufs dieser übertariflichen Frist zunächst erhalten (s. o. 1.1).

Aus der KHS-Entscheidung des EuGH ist der Schluss zu ziehen, dass die bisher geltende Übertragungsfrist in Krankheitsfällen mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar ist, soweit sie sich auf den Mindesturlaubsanspruch bezieht. Deshalb bin ich im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen damit einverstanden, dass für den gesetzlichen Mindestanspruch auf Erholungsurlaub, der wegen Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden konnte, die Übertragungsfrist auf 15 Monate verlängert wird. Diese Regelung ist jederzeit widerrufbar. Es geht dabei nur um die Übertragung während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit. Wird die Tätigkeit wieder aufgenommen, gelten für die Befristung der zuvor entstanden Urlaubsansprüche die Ausführungen unter 1.1.1.

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