Regelmäßig wird die tatsächliche Ausgestaltung und Abwicklung von Notdienstarbeiten zwischen der Gewerkschaft bzw. der örtlichen Streikleitung und dem bestreikten Arbeitgeber in einer Notdienstvereinbarung geregelt.

Es sollte in jedem Fall versucht werden, schnell eine einvernehmliche Notdienstvereinbarung mit entsprechendem Aufgabenverteilungsplan abzuschließen. Falls dies nicht möglich ist, besteht eine Notkompetenz des Arbeitgebers, die im Rahmen billigen Ermessens nach § 315 BGB ausgeübt werden muss.

a) Notdienstvereinbarung

Wir empfehlen, eine schriftliche Notdienstvereinbarung entsprechend den Mustern im Anhang abzuschließen.

In der Notdienstvereinbarung, die zwischen der Gewerkschaft bzw. der örtlichen Streikleitung und dem Arbeitgeber abgeschlossen wird, werden die erforderlichen Dienste, Art und Anzahl der dafür vorgesehenen Beschäftigten bzw. Arbeitsgruppen festgelegt.

Die personelle Bestimmung der zum Notdienst verpflichteten Beschäftigten sollte, entsprechend einer Regelung in der Notdienstvereinbarung, dann durch die Führungskräfte erfolgen. Empfehlenswert ist es, vorrangig → Arbeitswillige heranzuziehen. Weiter sollte die Notdienstvereinbarung die Befugnis des Arbeitgebers beinhalten, für Verhinderungsfälle Vertretungen zu bestellen. Die Auswahl der Beschäftigten ist nach sachlichen, arbeitsplatzbezogenen Gesichtspunkten vorzunehmen[1].

Regelungen in Notdienstvereinbarungen, die arbeitswilligen Beschäftigten während eines Arbeitskampfes den Zutritt zur Verwaltung/ zum Betrieb versagen, sollten unbeschadet ihrer rechtlichen Zulässigkeit[2] nicht vereinbart werden. Derartige Regelungen führen zu einer nicht hinnehmbaren Einschränkung der Rechte des Arbeitgebers. Entsprechendes gilt auch für Regelungen, nach denen es dem Arbeitgeber untersagt wird, durch externe Dienste arbeitskampfbetroffene Leistungen innerhalb oder außerhalb der Verwaltung/des Betriebes zu erbringen.

Dass Streiks auch in Zeiten der COVID 19 Pandemie in Betrieben der Gesundheitsvorsorge möglich sind, hat das Arbeitsgericht Gießen mit Urteil vom 6. März 2020 im Wege einer einstweiligen Verfügung bestätigt. Das Arbeitsgericht hat klargestellt, dass für die Rechtmäßigkeit von Streiks in Betrieben der Gesundheitsvorsorge die Sicherstellung eines Notdienstes zwingend erforderlich ist, nicht aber unbedingt der Abschluss einer Notdienstvereinbarung. Für die Frage, ob die Gestaltung eines Notdienstes ausreichend für die Versorgung der Bevölkerung mit bestimmten Leistungen ist, ist der Arbeitgeber darlegungspflichtig.[3]

b) Verpflichtung zum Notdienst

Soweit Beschäftigte aufgrund einer Notdienstvereinbarung zur Arbeitsleistung verpflichtet sind, sind die normalen arbeitsvertraglichen Arbeitspflichten maßgebend. Die Beschäftigten sind grundsätzlich zur Durchführung von Notdienstarbeiten, die auch in "unterwertigen" Tätigkeiten bestehen können, verpflichtet bei unverändertem Entgeltanspruch.

Es ist davon auszugehen, dass der Einsatz von → Beamten bei Notdienstarbeiten zulässig ist. Eine entsprechende dienstliche Weisung ist im Vergleich zum Einsatz streikwilliger Beschäftigter das mildere Mittel und verletzt weder die Kampfparität noch die staatliche Neutralität[4].

Lehnen es Beschäftigte ohne triftigen Grund ab, Notdienstarbeiten zu verrichten, liegt eine Arbeitspflichtverletzung vor, die zur Abmahnung oder Kündigung berechtigen kann. Sie können zudem für den durch die Arbeitsverweigerung entstandenen Schaden haftbar gemacht werden. Bei einer Weigerung, Notdienstarbeiten zu verrichten, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Arbeitsaufnahme durch eine beim Arbeitsgericht zu erwirkende einstweilige Verfügung zu erzwingen.

Die Beschäftigten haben keinen Anspruch auf Einsatz im Notdienst; dies gilt auch für Beschäftigte, die sich nicht am Arbeitskampf beteiligen[5].

Beschäftigte, die für den Notdienst vorgesehen sind, sollten vor Beginn von Arbeitskampfmaßnahmen schriftlich zum Notdienst verpflichtet werden. Dazu kann das als Anhang 5 beigefügte Muster verwendet werden. Soweit erforderlich, kann der Arbeitgeber Notdienstausweise ausgeben, um den ungehinderten Zugang zum Arbeitsplatz zu gewährleisten.

c) Notkompetenz des Arbeitgebers

Für die Frage, ob eine Notkompetenz besteht, gilt:

  • Kommt eine Notdienstvereinbarung zustande, besteht grundsätzlich keine Notkompetenz.
  • Kommt keine Notdienstvereinbarung zustande, besteht eine Notkompetenz des Arbeitgebers, da im Interesse der Erbringung von eilbedürftigen Arbeiten schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen[6].
  • Ist keine Zeit für Verhandlungen über eine Notdienstvereinbarung, besteht ausnahmsweise eine sofortige Notkompetenz[7].

Die Notkompetenz des Arbeitgebers zur Bestimmung von Art und Umfang der Notdienstarbeiten sowie der hierzu verpflichteten Beschäftigten lässt sich damit begründen, dass der Arbeitgeber präzise und umfassende Kenntnisse des gesamten Betriebsablaufs und der zur Erfüllung der Notdienstarbeiten geeigneten Beschäftigten hat.

Zu diesem billigen Ermessen gehört es z. B. auch, dass d...

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