Gewerkschaften haben ein Zutrittsrecht zu einem Betrieb (§ 2 BetrVG) nicht nur, soweit es um die Mitgliederwerbung geht, sondern auch hinsichtlich der Wahrnehmung gesetzlich genannter Aufgaben und Befugnisse der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften. Das Hausrecht des Arbeitgebers ist im Falle einer zulässigen gewerkschaftlichen Betätigung suspendiert. Der Nachweis des Vertretenseins einer Gewerkschaft kann auch durch notarielle Erklärung ohne Namensnennung einzelner Arbeitnehmer erfolgen.[1] Dies ist inzwischen in § 58 Abs. 3 ArbGG ausdrücklich geregelt.[2] Anders als beim Nachweis der Anzahl der Gewerkschaftsmitglieder zur Feststellung der mitgliederstärksten Gewerkschaft nach § 4a Abs. 2 S. 2 TVG muss für die Frage des Vertretenseins einer Gewerkschaft nicht die Anzahl der Gewerkschaftsmitglieder angegeben werden. Es reicht aus, wenn ein einziger Beschäftigter in der Gewerkschaft organisiert ist. Der Zutritt erfolgt durch Beauftragte nach Unterrichtung des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber muss nicht um Genehmigung gefragt, sondern lediglich schriftlich oder mündlich informiert werden. Will er den Zugang verweigern, einschränken oder kanalisieren, ist es an ihm zu beweisen, dass die Umstände seines Betriebs oder seiner Dienststelle dies gebieten.[3] Regelmäßig sollen die Gewerkschaften ihre verfassungsgemäßen Funktionen durch ihre Mitglieder in den Betrieben und Dienststellen wahrnehmen.[4]

Nur in besonderen Ausnahmefällen darf ein Arbeitgeber einem Gewerkschaftsbeauftragten aus Gründen, die in seiner Person liegen, das Zutrittsrecht nach § 2 BetrVG verweigern. Im Falle einer wiederholten Überschreitung der gesetzlichen Aufgabenbefugnisse des Gewerkschaftsbeauftragten muss von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden und dann kann diesem konkreten Beauftragten der Zutritt verwehrt werden. Dabei ist zu beachten, dass in scharfer Form ausgetragene Differenzen mit dem Arbeitgeber kein Grund für eine Verweigerung des Zutritts sind. Die Zutrittsverweigerung erfolgt durch die Verhängung eines Hausverbots, mit dem der Arbeitgeber von seinem wieder aufgelebten Hausrecht Gebrauch macht.[5]

Das Arbeitsgericht Elmshorn hat folgende Orientierungssätze zum Zugangsrecht einer Gewerkschaft im Betrieb aufgestellt[6]:

  1. Gewerkschaften haben ein Zugangsrecht zum Betrieb, das auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann.
  2. Voraussetzung für die Ausübung des Zugangsrechts ist, dass der Betriebsrat im Rahmen seiner Aufgaben um gewerkschaftliche Unterstützung nachgesucht hat.
  3. Weitere Voraussetzung ist die rechtzeitige vorherige Unterrichtung des Arbeitgebers über den Zweck des Besuchs und über die Person des Besuchers. Die Unterrichtung soll im Regelfall so rechtzeitig sein, dass sich der Arbeitgeber auf den Zutritt einstellen und eventuelle Zutrittsverweigerungsgründe prüfen kann.
  4. Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Zutritt allgemein oder zu einem bestimmten Zeitpunkt oder für bestimmte Räumlichkeiten zu verweigern, wenn unumgängliche Notwendigkeiten des Betriebsablaufs, zwingende Sicherheitsvorschriften oder der Schutz von Betriebsgeheimnissen entgegenstehen.
  5. Das Zutrittsrecht der Gewerkschaft bezieht sich nicht nur auf das Betriebsratszimmer, sondern besteht für den Betrieb.
  6. Das Zugangsrecht besteht grundsätzlich nur während der Arbeitszeit und nicht nach deren Beendigung.
  7. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, bei dem Zutritt von Gewerkschaftsbeauftragten zum Betriebsratsbüro einen Mitarbeiter des Werkschutzes vor dem Betriebsratsbüro zu postieren.
 
Praxis-Beispiel

Auf Ersuchen des Personalrats ist dem Beauftragten einer in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaft der Zutritt zu gewähren, wenn der Beauftragte an einer Besichtigung des Arbeitsplatzes eines Angestellten durch den Personalrat zur Überprüfung der Eingruppierung teilnehmen soll.[7]

Gewerkschaftsbeauftragte haben kein Zutrittsrecht, um in einem Betrieb einen Streik auszurufen. Ein Streikaufruf wäre auch in anderer Form, z. B. beim Betreten des Betriebsgeländes möglich. Durch das Begehren auf Zutritt wird eine Unterstützungshandlung des Arbeitgebers verlangt, die regelmäßig nicht verlangt werden kann.[8] Es ist streitig, ob ein Zutrittsrecht einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft zur Wahrnehmung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben auch während eines Arbeitskampfes besteht. Nach Ansicht des Arbeitsgerichts Frankfurt beeinträchtigt ein Zutritt im Zusammenhang mit betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben nicht die Kampfführung des Arbeitgebers. Einem Missbrauch könne der Arbeitgeber durch die Verhängung eines entsprechenden, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragenden Hausverbots entgegentreten.[9]

Verweigert ein Arbeitgeber einer Gewerkschaft unberechtigt das Zugangsrecht nach § 2 Abs. 2 BetrVG, so kann dieses Recht im Beschlussverfahren vor dem zuständigen Arbeitsgericht durchgesetzt werden. Es ist fraglich, ob der Arbeitgeber der Gewerkschaft die außergerichtlichen Kosten der Durchsetzung des Zugangsrechts erstatten muss. § 12...

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