Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Angehörige der Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums. Angehörige von Drittstaaten, die mit der Gemeinschaft durch ein Abkommen verbunden sind. Passives Wahlrecht zu den Arbeiterkammern und zu Betriebsräten. Verbot der Diskriminierung in Bezug auf die Arbeitsbedingungen

 

Beteiligte

Kommission / Österreich

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Republik Österreich

 

Tenor

1. a) Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 39 EG, Artikel 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2434/92 des Rates vom 27. Juli 1992 und Artikel 28 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum verstoßen, dass sie die Arbeitnehmer aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des EWR vom passiven Wahlrecht zu den Kammern für Arbeiter und Angestellte ausgeschlossen hat.

2. Die Republik Österreich trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG,

eingereicht am 4. Dezember 2001,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Sack als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

Republik Österreich, vertreten durch H. Dossi als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, des Richters R. Schintgen (Berichterstatter), der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter P. Kuris und G. Arestis,

Generalanwalt: F. G. Jacobs, Kanzler: R. Grass,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung und ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

 

Entscheidungsgründe

Urteil

1

Mit ihrer Klage begehrt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Feststellung, dass die Republik Österreich gegen ihre Verpflichtungen aus

  1. Artikel 39 EG, Artikel 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2434/92 des Rates vom 27. Juli 1992 (ABl. L 245, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1612/68) und Artikel 28 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (ABl. 1994, L 1, S. 3 und S. 572, im Folgenden: EWR-Abkommen) verstoßen hat, indem sie die Arbeitnehmer aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums vom passiven Wahlrecht zu den Arbeiterkammern ausgeschlossen hat;
  2. den von der Gemeinschaft mit bestimmten Drittstaaten geschlossenen Abkommen verstoßen hat, die zugunsten der rechtmäßig in einem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer aus diesen Staaten ein Verbot der Diskriminierung in Bezug auf die Arbeitsbedingungen vorsehen, indem sie diese Arbeitnehmer vom passiven Wahlrecht zu den Betriebsräten und den Vollversammlungen der Arbeiterkammern ausgeschlossen hat.

Rechtlicher Rahmen

Maßgebliche Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts

2

Artikel 39 EG bestimmt:

„(1) Innerhalb der Gemeinschaft ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet.

(2) Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.

(4) Dieser Artikel findet keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung.”

3

Die erste Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1612/68 lautet wie folgt:

„Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer muss innerhalb der Gemeinschaft spätestens am Ende der Übergangszeit gewährleistet sein; dies schließt die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen ein sowie das Recht für diese Arbeitnehmer, sich vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen innerhalb der Gemeinschaft zur Ausübung einer Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis frei zu bewegen.”

4

Die Artikel 7 und 8 der Verordnung Nr. 1612/68 stehen in deren Erstem Teil „Die Beschäftigung und die Familienangehörigen der Arbeitnehmer” unter Titel II „Ausübung der Beschäftigung und Gleichbehandlung”.

5

Artikel 7 der Verordnung Nr. 1612/68 sieht vor:

„(1) Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf auf Grund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.

(2) Er genießt d...

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