Entscheidungsstichwort (Thema)

Diskriminierung, sozialer Wohnungsbau, Gleichbehandlungsgebot, Zinsvergütung auch bei Darlehen eines ausländischen Kreditinstituts

 

Leitsatz (amtlich)

Die Artikel 59 und 67 EG-Vertrag verwehren es einem Mitgliedstaat, die Gewährung einer sozialen Beihilfe für den Wohnungsbau, insbesondere einer Zinsvergütung, davon abhängig zu machen, daß die Darlehen zur Finanzierung des Baus, des Erwerbs oder der Verbesserung der subventionierten Wohnung bei einem Kreditinstitut aufgenommen wurden, das in diesem Mitgliedstaat zugelassen ist, was voraussetzt, daß es dort niedergelassen ist.

 

Normenkette

EWGVtr Art. 59, 67

 

Beteiligte

Peter Svensson und Lena Gustavsson

Ministre du Logement et de l'Urbanisme

 

Verfahrensgang

Conseil d' Etat Luxemburg (Luxemburg)

 

Tatbestand

FREIER KAPITALVERKEHR - FREIER DIENSTLEISTUNGSVERKEHR - ZINSVERGUETUNG FUER BAUDARLEHEN - DARLEHEN, DAS BEI EINEM KREDITINSTITUT AUFGENOMMEN WURDE, DAS IN DEM DIE VERGUETUNG GEWAEHRENDEN MITGLIEDSTAAT NICHT ZUGELASSEN IST

Rechtssache 484/93

PETER SVENSSON UND LENA GUSTAVSSON

GEGEN

MINSTRE DU LOGEMENT ET DE L'URBANISME.

ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: CONSEIL D'ETAT - GROSSHERZOGTUM LUXEMBURG.

Urteil

1 Der luxemburgische Conseil d' État hat mit Urteil vom 28. Dezember 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Dezember 1993, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Bestimmungen dieses Vertrages und insbesondere der Artikel 67 und 71 zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen den Eheleuten Svensson-Gustavsson (im folgenden: Kläger), die die schwedische Staatsangehörigkeit besitzen und in Luxemburg wohnen, und dem Ministre du logement et de l' urbanisme (Minister für den Wohnungs- und Städtebau; im folgenden: Beklagter), der es mit Entscheidung vom 5. November 1992 abgelehnt hatte, den Klägern eine Zinsvergütung zugunsten von Eltern unterhaltsberechtigter Kinder für ein bei der Comptoir d' Escompte de Belgique S. A. mit Sitz in Lüttich (Belgien) aufgenommenes Darlehen zum Bau einer Wohnung in Bereldange zu gewähren.

3 Diese Ablehnung wurde auf Artikel 1 Nr. 3 der Großherzoglichen Verordnung vom 17. Juni 1991 zur Festlegung der Bestimmungen über die Gewährung der Zinsvergütung für den Bau, den Erwerb oder die Verbesserung einer Wohnung gestützt, der die Gewährung einer Zinsvergütung nur an die Personen zulässt, die ein Darlehen bei einem in Luxemburg zugelassenen Kreditinstitut aufgenommen haben. Diese Voraussetzung erfüllt das Comptoir d' Escompte de Belgique jedoch nicht.

4 Der mit der Klage gegen diese Entscheidung befasste luxemburgische Conseil d' État hat zunächst festgestellt, daß die Großherzogliche Verordnung die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nicht überschritten habe, und hat sodann das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Verwehren es die Bestimmungen des Vertrages von Rom, insbesondere die Artikel 67 und 71, einem Mitgliedstaat, die Gewährung einer sozialen Beihilfe für den Wohnungsbau, insbesondere einer Zinsvergütung, davon abhängig zu machen, daß die Darlehen zur Finanzierung des Baus, des Erwerbs oder der Verbesserung der subventionierten Wohnung bei einem Kreditinstitut aufgenommen wurden, das in diesem Mitgliedstaat zugelassen ist?

 

Entscheidungsgründe

5 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. insbesondere Urteil vom 11. November 1981 in der Rechtssache 203/80, Casati, Slg. 1981, 2595, Randnrn. 8 bis 13) bedeutet Artikel 67 Absatz 1 des Vertrages nicht, daß die Beschränkungen des Kapitalverkehrs bereits zum Ende der Übergangszeit zu beseitigen waren. Die Beseitigung dieser Beschränkungen ergibt sich nämlich aus den auf der Grundlage des Artikels 69 erlassenen Richtlinien des Rates.

6 Die Beschränkungen des Kapitalverkehrs sind mit der auf der Grundlage der Artikel 69 und 70 Absatz 1 des Vertrages erlassenen und zur maßgeblichen Zeit geltenden Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages (ABl. L 178, S. 5) beseitigt worden. Deren Artikel 1 bestimmt:

"Unbeschadet der nachstehenden Bestimmungen beseitigen die Mitgliedstaaten die Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Gebietsansässigen in den Mitgliedstaaten. Zur Erleichterung der Durchführung dieser Richtlinie wird der Kapitalverkehr entsprechend der Nomenklatur in Anhang I gegliedert."

7 In Punkt VII dieses Anhangs sind aber gerade kurzfristige, mittelfristige und langfristige Darlehen und Finanzkredite aufgenommen worden. Folglich ist der Kapitalverkehr, der mit diesen Geschäften zusammenhängt, bereits liberalisiert.

8 Es ist also zu prüfen, ob eine Regelung wie die vorliegende ein Hindernis für den in dieser Weise liberalisierten Kapitalverkehr enthält.

9 Nach Artikel 1 der genannten Großherzoglichen Verordnung wird die Zinsvergütung nur gewährt, wenn die Antragsteller neben der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen außerdem nachweisen, daß sie "bei einem im Großherzogtum Luxem...

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