Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorrang der stofflichen Verarbeitung von Altöl gegenüber der thermischen Verarbeitung. Vorliegen wirtschaftlicher Sachzwänge im Sinne von Art. 3 der Richtlinie 75/439. Verstoß der Kommission gegen das Kollegialprinzip. Fehlende Nachfrage nach Aufarbeitungsprodukten, hohe Kosten für die Aufarbeitung und Einstellung der Zahlung von Zuschüssen nach dem früheren Altölgesetz im Rahmen der Anforderungen an rechtfertigende Sachzwänge. Befreiung für als Heizstoff genutztes Altöl von der Mineralölsteuer

 

Normenkette

EGV Art. 226; Richtlinie 75/439/EWG des Rates Art. 3 Abs. 1

 

Beteiligte

Kommission / Deutschland

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Bundesrepublik Deutschland

 

Tenor

1.

Die Bundesrepublik Deutschland hat gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 75/439/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 über die Altölbeseitigung in der Fassung der Richtlinie 87/101/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 verstoßen, indem sie, obwohl keine technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge entgegenstanden, nicht die erforderlichen Maßnahmen dafür getroffen hat, daß der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt wird.

2.

Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

1.

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 10. März 1997 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) Klage erhoben auf Feststellung, daß die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 75/439/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 über die Altölbeseitigung (ABl. L 194, S. 23) in der Fassung der Richtlinie 87/101/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 (ABl. 1987, L 42, S. 43) verstoßen hat, daß sie der stofflichen Verarbeitung von Altöl keinen Vorrang gegenüber der thermischen Verarbeitung eingeräumt hat, obwohl dem keine technischen, wirtschaftlichen oder organisatorischen Sachzwänge entgegenstanden.

2.

Die erste und die zweite Begründungserwägung der Richtlinie 87/101 lauten:

”Nach der Richtlinie 75/439/EWG sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zur schadlosen Sammlung und Beseitigung von Altölen zu ergreifen und dafür zu sorgen, daß die Beseitigung von Altölen soweit möglich durch Wiederverwendung (Aufbereitung und/oder Verbrennung zu anderen Zwecken als dem der Vernichtung) erfolgt.

Die Aufbereitung ist wegen den damit verbundenen Energieeinsparungen im allgemeinen die rationellste Altölnutzung. Daher sollte der Behandlung von Altöl im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt werden, sofern dies angesichts der technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge möglich ist.”

3.

Artikel 3 der Richtlinie 75/439 in der geänderten Fassung lautet:

”(1)

Sofern keine technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge entgegenstehen, treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen dafür, daß der Behandlung von Altölen im Wege der Aufbereitung Vorrang eingeräumt wird.

(2)

Erfolgt aufgrund der in Absatz 1 genannten Sachzwänge keine Aufbereitung des Altöls, so treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit jegliches Verbrennen von Altölen nach umweltfreundlichen Verfahren gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie erfolgen kann, soweit dieses Verbrennen technisch, wirtschaftlich und organisatorisch durchführbar ist.

(3)

Erfolgt aufgrund der in den Absätzen 1 und 2 genannten Sachzwänge weder die Aufbereitung noch das Verbrennen von Altölen, so treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um ihre schadlose Vernichtung oder kontrollierte Lagerung oder Ablagerung zu gewährleisten.”

4.

Artikel 5 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 75/439 in der geänderten Fassung bestimmt:

”(2)

In Fällen, in denen die in den Artikeln 2, 3 und 4 genannten Ziele nicht anders erreicht werden können, treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen dahin gehend, daß ein oder mehrere Unternehmen die ihnen von den Besitzern angebotenen Altöle gegebenenfalls in dem ihnen von der zuständigen Behörde zugewiesenen Bezirk sammeln und/oder beseitigen.

(3)

Zur Erreichung der in den Artikeln 2 und 4 festgelegten Ziele können die Mitgliedstaaten beschließen, für Altöle alle in Artikel 3 genannten Behandlungsverfahren vorzuschreiben. Zu diesem Zweck können sie entsprechende Kontrollen einführen.”

5.

Die Artikel 14 und 15 der Richtlinie 75/439 in der geänderten Fassung lauten:

Artikel 14

Als Ausgleich für die Verpflichtungen, welche die Mitgliedstaaten den Unternehmen, die Altöle sammeln und/oder beseitigen, gemäß Artikel 5 auferlegen, können diese Unternehmen für die erbrachte Dienstleistung Zuschüsse erhalten. Diese Zuschüsse dürfen die ungedeckten, tatsächlich festgestellten jährlichen Kosten der Unternehmen unter Berücksichtigung eines angemessenen Gewinns nicht übersteigen.

Diese Zuschüsse dürfen weder zu nennenswerten Wettbewerbsverzerrungen führen noch künstliche Handelsströme schaffen.

”Ar...

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