Entscheidungsstichwort (Thema)

Erleichterung der Ausübung einer Erwerbstätigkeit durch die Gesamtheit der Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1.

Die Gesamtheit der Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit soll den Gemeinschaftsbürgern die Ausübung jeder Art von Erwerbstätigkeit im gesamten Gebiet der Gemeinschaft erleichtern und steht Maßnahmen entgegen, die diese dann benachteiligen könnten, wenn sie im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben wollen. Zu diesem Zweck haben die Staatsangehörigen die Mitgliedstaaten insbesondere das unmittelbar aus den Artikeln 48 und 52 EWG-Vertrag fließende Recht, in das Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort aufzuhalten, um dort eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne dieser Bestimmung auszuüben.

2.

Ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats könnte davon abgehalten werden, sein Herkunftsland zu verlassen, um im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eine unselbständige oder selbständige Tätigkeit auszuüben, wenn er in dem Fall, daß er in den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, zurückkehrt, um eine unselbständige oder selbständige Tätigkeit auszuüben, nicht in den Genuß von Erleichterungen bei der Einreise oder hinsichtlich des Aufenthalts kommen könnte, die denen zumindest gleichwertig sind, die ihm nach Gemeinschaftsrecht im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats zustehen. Er würde davon insbesondere abgehalten, wenn nicht auch seinem Ehegatten und seinen Kindern erlaubt wäre, in das Hoheitsgebiet dieses Staates unter Bedingungen einzureisen und sich dort aufzuhalten, die denjenigen zumindest gleichwertig sind, die ihnen das Gemeinschaftsrecht im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats gewährt.

3.

Daß sich die Einreise des Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats in das Hoheitsgebiet dieses Staates und sein Aufenthalt dort nach den aus seiner Staatsangehörigkeit fließenden Rechten richtet, ohne daß er sich auf die Rechte aus den Artikeln 48 und 52 EWG-Vertrag berufen müßte, schließt nicht aus, daß er sich bei seiner erneuten Niederlassung in diesem Mitgliedstaat auf diese Rechte beruft.

4.

Artikel 52 EWG-Vertrag und die Richtlinie 73/148 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs verpflichten also einen Mitgliedstaat, dem Ehegatten eines Angehörigen dieses Staats ohne Rücksicht auf seine Staatsangehörigkeit die Einreise in sein Hoheitsgebiet und den Aufenthalt dort zu gestatten, wenn sich der Angehörige dieses Staates mit diesem Ehegatten in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats begeben hatte, um dort eine unselbständige Tätigkeit im Sinne von Artikel 48 EWG- Vertrag auszuüben, und zurückkehrt, um sich im Hoheitsgebiet des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, im Sinne von Artikel 52 EWG-Vertrag niederzulassen. Der Ehegatte muß zumindest in den Genuß der Rechte kommen, die das Gemeinschaftsrecht ihm gewähren würde, wenn sein Ehegatte in einen anderen Mitgliedstaat einreisen und sich dort aufhalten würde.

 

Normenkette

EWGVtr Art. 52, 48

 

Beteiligte

The Queen

Immigration Appeal Tribunal et Surinder Singh

Secretary of State for Home Department

 

Fundstellen

NJW 1993, 2093

EuGHE I 1992, 4265

NVwZ 1993, 261

NZA 1993, 267

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