2.1 Überblick

Durch das am 1.1.2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000[1] wurden in der gesetzlichen Rentenversicherung die Renten wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit durch die Renten wegen Erwerbsminderung (teilweise/volle Erwerbsminderung) ersetzt.

Nach § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI besteht Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, wenn der Versicherte

  • die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht hat (durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz wird die Regelaltersgrenze stufenweise von bisher 65 Jahren auf 67 Jahre heraufgesetzt; beginnend im Jahr 2012 bis zum Jahr 2029),
  • teilweise bzw. voll erwerbsgemindert ist,
  • vor Eintritt der teilweisen bzw. vollen Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat

und entweder

  • in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der teilweisen bzw. vollen Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat (soweit im originären 5-Jahres-Zeitraum eine 3-jährige Pflichtbeitragszeit nicht nachgewiesen werden kann, verlängert sich der Zeitraum um die in § 43 Abs. 4 SGB VI aufgeführten Tatbestände, wie z. B. bestimmte Anrechnungszeiten) oder
  • aufgrund eines besonderen Tatbestands (z. B. Arbeitsunfall), der zur vorzeitigen Wartezeiterfüllung führt, teilweise oder voll erwerbsgemindert ist oder
  • die Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten (§ 241 Abs. 2 SGB VI) nachweisen kann.

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[1] Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl I 2000 S. 1827.

2.2 Die Erwerbsminderung

2.2.1 Begriff

Die gesetzliche Rentenversicherung geht von einer 2-stufigen Erwerbsminderungsrente aus. Eine Erwerbsminderung liegt vor, wenn wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr für mindestens 6 Stunden täglich (sog. Restleistungsvermögen) ausgeübt werden kann. Die Definition der Erwerbsminderung ist in § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI geregelt. Danach wird zwischen teilweiser und voller Erwerbsminderung unterschieden. Ohne Bedeutung ist, ob und ggf. in welcher Höhe bei einem eingeschränkten Leistungsvermögen Entgelt erzielt werden kann.

2.2.2 Feststellung

Die Feststellung der Erwerbsfähigkeit (Leistungsfall) umfasst die Beurteilung des zeitlichen (quantitativen) Umfangs, in dem die letzte berufliche Tätigkeit ausgeübt werden kann, und die Bestimmung des qualitativen und zeitlichen (quantitativen) Leistungsvermögens unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes.

Der allgemeine Arbeitsmarkt umfasst jede nur denkbare Tätigkeit, die es auf dem Arbeitsmarkt gibt. Ohne rechtliche Bedeutung ist die subjektive Zumutbarkeit einer Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt der Ausbildung oder des Status der bisherigen beruflichen Tätigkeit.

Vor einer Entscheidung über den Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung prüft der gesetzliche Rentenversicherungsträger, ob entsprechend dem Grundsatz "Reha vor Rente" nach § 8 SGB IX i. V. m. §§ 9 ff. SGB VI die Erwerbsminderung durch Leistungen zur Teilhabe vermindert oder behoben werden kann.

Für Versicherte, die vor dem 2.1.1961 geboren sind, bleibt die Berufsunfähigkeit als möglicher Leistungsfall erhalten. Es besteht weiterhin Berufsschutz. Es kann daher nicht auf jede andere Tätigkeit verwiesen werden; gegebenenfalls besteht Anspruch auf eine halbe Erwerbsminderungsrente, wenn im bisherigen oder zumutbaren anderen Beruf nicht mehr als 6 Stunden täglich gearbeitet werden kann.

 
Wichtig

Volle Erwerbsminderungsrente:

Voraussetzung hierfür ist, dass das Restleistungsvermögen des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter 3 Stunden gesunken ist.

Teilweise (halbe) Erwerbsminderungsrente:

Voraussetzung hierfür ist, dass beim Versicherten noch ein Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von 3 bis unter 6 Stunden besteht.

Keine Erwerbsminderungsrente:

Bei einem Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von 6 Stunden und mehr wird keine Erwerbsminderungsrente gezahlt.

Ermittlung des qualitativen (gesundheitlichen) Leistungsvermögens

Bei der Einschränkung des Leistungsvermögens sind für den gesetzlichen Rentenversicherungsträger allein gesundheitliche Gründe (Krankheit oder Behinderung) maßgebend. Andere leistungsmindernde Ursachen, wie z. B. hohes Alter, sind dagegen unerheblich. Der gesetzliche Rentenversicherungsträger stellt ein positives/negatives (qualitatives) Leistungsbild, bezogen auf die körperliche, geistige und psychische Belastbarkeit, auf und stellt die zumutbare tägliche Arbeitszeit für eine 5-Tage-Woche fest. Dabei werden zusätzliche Einschränkungen (z. B. abweichende Ruhepausen, betriebsunübliche Pausen, Wegebeschränkungen) in die Prüfung einer Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mit einbezogen. Die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes werden definiert nach der bestehenden Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse unter Berücksichtigung von Arbeitsentgelt, Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit, wie sie sich a...

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