LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 15.5.2019, 3 TaBV 10/18

Auch nach Inkrafttreten der DSGVO hat ein Betriebsrat das Recht auf Einsichtnahme in nicht anonymisierte Listen der Bruttolöhne und -gehälter, um seine Aufgaben gem. § 80 Abs. 1 BetrVG erfüllen zu können.

Sachverhalt

Antragssteller war der Gesamtbetriebsrat eines Unternehmens, welches bundesweit zahlreiche Kliniken und Einrichtungen zur Rehabilitation betreibt. Der Arbeitgeber war bislang nur bereit, dem Betriebsrat anonymisierte Bruttolohn- und Gehaltslisten zur Verfügung zu stellen und dies auch nur unter Bewachung der Einsichtnahme, um unerlaubte Kopien oder Fotoaufnahmen zu verhindern. Der antragstellende Gesamtbetriebsrat begehrte nun die Einsicht in nicht anonymisierte Listen ohne Überwachung des Arbeitgebers.

Die Entscheidung

Der Antrag hatte Erfolg.

Das LAG entscheid, dass dem Gesamtbetriebsrat ein Einsichtsrecht in nicht anonymisierte Bruttolohn- und Gehaltslisten zustehe. Zudem dürfe die Einsichtnahme ohne Anwesenheit von Personen vorgenommen werden, die vom Arbeitgeber mit der Überwachung der Einsichtnahme beauftragt wurden. Dies Einsichtsrecht bestehe nach Auffassung des Gerichts insoweit, als dies zur Durchführung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich sei. Und dies ergebe sich grds. aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, da der Betriebsrat darüber zu wachen habe, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze und Tarifverträge durchgeführt werden. Es bestehe hierbei kein besonderes Überwachungsbedürfnis.

Auch datenschutzrechtliche Belange stünden dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegen; denn nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG n. F. ist die Datenverarbeitung zum Zweck der Ausübung von Rechten der Interessenvertretung der Beschäftigten ausdrücklich erlaubt. Sinn und Zweck der Neufassung dieser Vorschrift sei nach dem Willen des Gesetzgebers gerade auch die Klarstellung der Rechte des Betriebsrats, welche bis dahin meist nur richterrechtlich geprägt waren. Des Weiteren, so das LAG, definiere Art. 6 Abs. 1c DSGVO, dass eine Datenverarbeitung dann rechtmäßig sei, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der für die Datenverarbeitung Verantwortliche unterliegt. Somit bestehe auch aus den Erwägungen und dem Wortlaut der DSGVO keinerlei Veranlassung, eine abweichende rechtliche Beurteilung vorzunehmen.

Das Gericht entschied zudem, dass bei der Einsichtnahme in die Bruttoentgeltlisten durch den Gesamtbetriebsrat keine Personen anwesend sein dürfen, die diesen überwachen; denn es lagen keinerlei Anhaltspunkte vor, woraus man schließen könnte, dass sich der Betriebsrat im Rahmen der Einsichtnahme nicht rechtskonform verhalten wird. Rein abstrakte Missbrauchsmöglichkeiten ohne jeglichen Fallbezug könne die Überwachung der Einsichtnahme nicht rechtfertigen.

Anmerkung:

So auch LAG Niedersachsen, Beschluss v. 22.10.2018, 12 TaBV 23/18

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