Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindererziehungszeit. Erziehung im Ausland

 

Orientierungssatz

In ausdehnender Auslegung des § 28a Abs 3 S 1 iVm § 2a Abs 5 S 2 Nr 2 AVG sind Zeiten der Kindererziehung auch solche Zeiten, in denen der Ehegatte des erziehenden Elternteils in seiner nach § 6 AVG versicherungsfreien Beschäftigung von seinem inländischen Arbeitgeber beurlaubt ist, um vorübergehend im Ausland eine Beschäftigung oder Tätigkeit aufzunehmen, die im Interesse des Arbeitgebers liegt, ohne daß ein Entsendungsfall nach § 4 Abs 1 SGB 4 vorliegt (sogenannte Quasi-Entsendung, vgl das Urteil des BSG vom 16.8.1990 - 4 RA 4/90 -).

 

Normenkette

AVG § 28a Abs 3 S 1, § 2a Abs 5 S 2 Nr 2; SGB 4 § 4 Abs 1; RVO § 1227a Abs 5 S 2 Nr 2, § 1251a Abs 3 S 1; AVG § 6; RVO § 1229; AVG § 28a Abs 1; RVO § 1251a Abs 1

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 16.01.1990; Aktenzeichen L 11 An 3/89)

SG Würzburg (Entscheidung vom 09.11.1988; Aktenzeichen S 5 An 133/87)

 

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung von Kindererziehungszeiten während eines Auslandsaufenthaltes.

Die 1926 geborene Klägerin lebte von September 1954 bis August 1963 in M      /Italien. Dorthin war sie ihrem Ehemann, einem beamteten Lehrer im Schuldienst des Landes Bayern, gefolgt, der durch Vermittlung des Auswärtigen Amtes zunächst für die Zeit vom 1. September 1954 bis 30. August 1957 als Lehrkraft an die Deutsche Schule in M       verpflichtet worden war. Diese Tätigkeit wurde durch weitere Dienstverträge bis 31. März 1960 und danach bis 31. August 1963 verlängert. Der Ehemann der Klägerin war während dieser Zeit aus dem staatlichen Schuldienst unter Einbehalt seiner Dienstbezüge beurlaubt. Da der Dienstherr ein dienstliches Interesse an der Beurlaubung bejaht hatte, wurde sein Besoldungsdienstalter nicht gekürzt und die Zeit als ruhegehaltsfähige Dienstzeit anerkannt. Während der Auslandstätigkeit wurde er zum Lebenszeitbeamten ernannt und mehrfach befördert.

Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) lehnte die Anerkennung einer Kindererziehungszeit für das am 4. Februar 1957 geborene Kind Evelyn der Klägerin, für das am 8. Mai 1960 geborene Kind Beatrix und bei dem am 30. März 1963 geborenen Kind Gisela die Anerkennung der Zeit vom 1. April 1963 bis 31. August 1963 ab. Die Klägerin habe sich während dieser Zeiten im Ausland aufgehalten. Die Voraussetzungen des § 28a Abs 3 iVm § 2a Abs 5 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) seien nicht erfüllt (Bescheid vom 3. Juni 1987, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 5. August 1987).

Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Würzburg hat der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheides verpflichtet, Zeiten der Kindererziehung vom 1. März 1957 bis 28. Februar 1958, vom 1. Juni 1960 bis 31. Mai 1961 und vom 1. April bis 31. August 1963 anzuerkennen (Urteil vom 9. November 1988). Auf die Berufung der Beklagten hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 16. Januar 1990). Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Zeit der Kindererziehung während des Auslandsaufenthaltes der Klägerin könne nicht gemäß § 28a Abs 1 AVG anerkannt werden, da sie ihre Kinder nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes erzogen habe. Die Voraussetzungen des § 28a Abs 3 iVm § 2a Abs 5 AVG lägen ebenfalls nicht vor, da der Ehemann der Klägerin nicht iS des § 4 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften - (SGB IV) ins Ausland entsandt worden sei. Er sei zum einen nicht von einer inländischen Behörde nach M geschickt worden, habe zum anderen dort einen Arbeitsvertrag mit einem im Ausland befindlichen Schulträger abgeschlossen, der auch kein Arbeitsverhältnis mit der Bundesrepublik Deutschland begründet habe. Die beamtenrechtliche Berücksichtigung dieser Auslandstätigkeit beim Ehemann der Klägerin führe zu keiner anderen rentenrechtlichen Beurteilung.

Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung materiellen Rechts. § 28a Abs 3 iVm § 2a Abs 5 Satz 2 Nr 2 AVG enthalte eine plan- und sachwidrige Regelungslücke, die durch eine grundrechtskonforme Auslegung der Vorschriften geschlossen werden müsse. Die Interpretation des Berufungsgerichts dagegen führe zu einem generellen Ausschluß der Anerkennung von Kindererziehungszeiten bei Ehegatten von beamteten, zum Zwecke des Auslandsschuldienstes aber beurlaubten Lehrern. Sie ziehe eine nicht gerechtfertigte, damit grundgesetzwidrige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu Ehegatten von Beamten nach sich, die an einer ausländischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt seien. Der Auslandsschuldienst ihres Ehemannes sei dem Dienst an einer amtlichen Vertretung des Bundes iS von § 2 Abs 1 Nr 2 AVG vergleichbar und ihm deswegen gleichzustellen, so daß die Frage, ob dem Grunde nach für diese Tätigkeit Versicherungspflicht bestanden habe, allein an der genannten Vorschrift zu messen sei. Bei der Beschäftigung ihres Ehemannes an der deutschen Schule im Ausland habe es sich um eine vom Willen der Bundesrepublik Deutschland getragene und von ihr geförderte Tätigkeit gehandelt, wie die Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses zeige, das allein aus staats- und völkerrechtlichen Gründen in die Form eines Arbeitsverhältnisses mit einem privatrechtlich organisierten Schulträger habe gekleidet werden müssen. Da die Einrichtung deutscher Schulen und die Beschäftigung deutscher Lehrer, die als Beamte auch Hoheitsrechte ausübten, im Ausland die Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland überschreiten und die Souveränität des ausländischen Staates verletzen würde, seien für die deutschen Schulen im Ausland, die zum überwiegenden Teil von Kindern der im Ausland beschäftigten Botschaftsangehörigen besucht würden, sog Hilfsschulvereine gegründet worden, die formal als Arbeitgeber der beschäftigten Lehrer aufträten. Die gesamte Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses zeige aber, daß letztlich die Bundesrepublik Deutschland bzw das Auswärtige Amt der eigentliche Arbeitgeber sei. So behalte sich das Auswärtige Amt die Zustimmung zu dem "Dienstverhältnis" zwischen dem Hilfsschulverein und dem zu beschäftigenden Lehrer vor. Die Schule erhalte zur Finanzierung einen Personalkostenzuschuß, der aus Mitteln des Auswärtigen Amtes gezahlt werde. Es leiste neben der Vergütung durch den Schulverein eine Ausgleichszulage. Die Beurlaubung ihres Ehemannes sei erfolgt, weil ein dienstliches Interesse an der Beurlaubung bestanden habe. Die an der ausländischen Schule zugebrachte Dienstzeit sei in vollem Umfang auf die ruhegehaltsfähige Dienstzeit und das Besoldungsdienstalter angerechnet worden. Trotz Beurlaubung habe der bisherige Dienstherr Beihilfen im Krankheitsfall gewährt und schließlich ihren Ehemann während des Auslandsaufenthaltes zum Oberstudiendirektor befördert. Daraus sei zu schließen, daß die Ausgestaltung des Dienstverhältnisses zwar formal privatrechtlich gewesen sei, dem Dienst im Beamtenverhältnis bei einer auswärtigen Vertretung des Bundes aber vergleichbar sei. Das bestehende Beamtenverhältnis sei nicht beendet, sondern nur formal zum Ruhen gebracht worden. Deshalb habe während der Zeit der Auslandstätigkeit ihres Ehemannes Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs 1 Nr 2 AVG bestanden. Die Voraussetzungen für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten seien somit erfüllt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Januar 1990 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 9. November 1988 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, die Klägerin werde durch den Ausschluß von Kindererziehungszeiten nicht grundgesetzwidrig beeinträchtigt. Insbesondere liege auch im Verhältnis zu den an auswärtigen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Beamten keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor. Die deutschen Auslandsvertretungen hätten einen anderen rechtlichen Charakter als ein ausländischer Verein. Die Tätigkeit eines Bediensteten an diesen Vertretungen weise auch einen engeren Bezug zur Bundesrepublik Deutschland auf als die Tätigkeit eines Lehrers an einer deutschen Schule im Ausland.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet.

Ihr Anspruch auf Vormerkung (§ 104 Abs 3 Satz 1 AVG) der im Ausland zurückgelegten Kindererziehungszeiten beurteilt sich nach § 28a Abs 3 Satz 1 iVm § 2a Abs 5 AVG. Nach der erstgenannten Vorschrift gilt der Abs 5 der - die Versicherungspflicht nach dem 1. Januar 1986 regelnden - Vorschrift des § 2a AVG für vorher zurückgelegte Kindererziehungszeiten entsprechend. Gemäß Satz 1 des Abs 5 aaO gelten die Absätze 1 bis 4 des § 2a AVG auch für Mütter und Väter, die ihr Kind in einem Staat außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes erziehen und sich mit ihm dort gewöhnlich aufhalten, wenn sie wegen einer Beschäftigung oder Tätigkeit in diesem Staat während der Kindererziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz haben. Das ist weder bei der Klägerin noch bei ihrem Ehemann der Fall gewesen, so daß auch die Regelung des Satzes 2 Nr 1 aaO nicht eingreift.

§ 2a Abs 5 Satz 2 Nr 2 AVG bestimmt, daß die Absätze 1 bis 4 auch für die Ehegatten der Personen gelten, die wegen einer Beschäftigung oder Tätigkeit außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes nur deshalb keine Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz haben, weil sie zu den in § 6 AVG genannten Personen gehören oder von der Versicherungspflicht befreit sind. In den Fällen der Nr 1 und Nr 2 aaO müssen sich weiterhin beide Ehegatten mit dem Kind in demselben Staat gewöhnlich aufhalten. Die rentenrechtliche Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bei derartigen Fallgestaltungen mit Auslandsberührung ist deshalb sachgerecht, weil bei den nach § 6 AVG versicherungsfreien Personen oder bei von der Versicherungspflicht Befreiten noch eine Verknüpfung mit der deutschen Sozialversicherung dadurch besteht, daß sie weiterhin eine nach dem AVG an sich versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben.

Der Senat hat bereits entschieden, daß in ausdehnender Auslegung des § 2a Abs 5 Satz 2 Nr 2 AVG Kindererziehungszeiten auch solche Zeiten sind, in denen der Ehegatte des erziehenden Elternteils in seiner nach § 6 AVG versicherungsfreien Beschäftigung von seinem inländischen Arbeitgeber beurlaubt ist, um vorübergehend im Ausland eine Beschäftigung oder Tätigkeit aufzunehmen, die im Interesse des Arbeitgebers steht, ohne daß ein Entsendungsfall des § 4 Abs 1 SGB IV vorliegt. Voraussetzung dafür ist weiter, daß das inländische Beschäftigungsverhältnis während dieser Zeit fortbesteht (Urteil vom 16. August 1990 - 4 RA 4/90 - zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl auch das Urteil vom 12. Juli 1990 - 4 RA 49/89).

Die Kindererziehungszeit wird dabei nicht dem im Ausland Beschäftigten (oder Tätigen), sondern dessen Ehegatten angerechnet bzw anerkannt; denn unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebotes und der besonderen Schutzpflicht des Staates für Ehe und Familie soll es dem erziehenden Elternteil nicht zum Nachteil gereichen, wenn er das Inland verläßt, um mit dem im Ausland in einer an sich nach deutschem Sozialversicherungsrecht versicherungspflichtigen Beschäftigung stehenden Ehegatten und dem Kind als Familie zusammenzuleben (so bereits Urteil des Senats vom 12. Juli 1988 - aaO = BSGE 63, 292). Das gilt entsprechend für die im Ausland tätigen Personen, sofern sie von der Versicherungspflicht befreit sind (§§ 7, 8 AVG).

Das somit erforderliche, an sich versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis des Ehegatten der Klägerin ist vorliegend nicht gem § 4 SGB IV begründet worden (zu weiteren Möglichkeiten insbesondere aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen: Verbandskommentar, § 1227a RVO, RdNr 36); denn die Beschäftigung des Ehegatten der Klägerin in M       erfüllte die Voraussetzungen des Ausstrahlungstatbestandes nicht. Er wurde nicht iS des § 4 Abs 1 SGB IV von seinem inländischen Arbeitgeber, dem Land Bayern, nach M entsandt. Ua wegen der Gebietshoheit des fremden Staates konnte er nicht als bayerischer Landesbeamter an einer Schule in Italien beschäftigt werden.

§ 2a Abs 5 Satz 2 Nr 2 AVG ist aber nach Sinn und Zweck der Regelung in ausdehnender Auslegung auf die Ehegatten der Personengruppen anzuwenden, die zwar wegen der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung ihres inländischen Beschäftigungsverhältnisses die strengen Anforderungen einer Entsendung iS von § 4 Abs 1 SGB IV nicht erfüllen können, die jedoch vom Wertungszusammenhang des Abs 5 Satz 2 Nr 2 aaO her den in § 6 AVG genannten Gruppen der Versicherungsfreien bzw den von der Versicherungspflicht Befreiten vergleichbar sind.

Satz 2 Nr 2 der genannten Vorschrift bezieht über die Regelung des § 6 AVG Personengruppen in den Anwendungsbereich der Norm mit ein, die kraft ihrer Beauftragung mit hoheitlichen Funktionen eine dem Grunde nach versicherungspflichtige Beschäftigung nur im Ausnahmefall im Ausland ausüben können. Liegt eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgrund einer Entsendung iS des § 4 SGB IV oder eine Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs 1 Nr 10 AVG nicht vor, kommt eine dem Grunde nach aufgrund deutscher Rechtsvorschriften versicherungspflichtige Beschäftigung im Ausland nur für Beamte (§ 6 Abs 1 Nr 3 AVG) oder Gleichgestellte (§ 6 Abs 1 Nr 4 bis 6 AVG) in Betracht, die an einer Dienststelle des Bundes im Ausland (zB einer amtlichen Vertretung des Bundes) tätig sind (vgl Verbandskommentar, § 1227a RVO, RdNr 39; Kaltenbach/Maier in Koch/Hartmann, AVG, § 2a Anm 7). Nicht erfaßt werden zB diejenigen Personen, die im Inland eine nach § 6 AVG versicherungsfreie Beschäftigung oder eine Tätigkeit ausübten, in der sie von der Versicherungspflicht befreit waren, und die im Interesse und mit Zustimmung ihres Dienstherrn oder Arbeitgebers im Ausland tätig werden, ohne daß sie - wegen der Beschränkung der hoheitlichen Befugnisse auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland - iS des § 4 SGB IV entsandt werden können. Das Beamtenrecht sieht, wenn diese Tätigkeit im Ausland im Interesse der Bundesrepublik Deutschland liegt, die Möglichkeit vor, dem Beamten (ähnliche Regelungen gelten auch für Angestellte und Arbeiter) für derartige Tätigkeiten im Ausland Sonderurlaub zu bewilligen (vgl etwa § 89 Abs 2 Satz 1 Bundesbeamtengesetz - BBG - iVm der Sonderurlaubsverordnung - SUrlVO - idF der Bekanntmachung vom 13. November 1980 - BGBl I S 2975 - und die Richtlinien für die Entsendung von Bundesbediensteten in öffentliche zwischenstaatliche oder überstaatliche Organisationen - Entsendungsrichtlinien - vom 25. September 1973 - sowie die Richtlinien für die Beurlaubung von Bundesbediensteten zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungshilfe idF vom 1. Dezember 1975 - GMBl 1975 S 818). Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß bei der Beurlaubung das Beamtenverhältnis regelmäßig unverändert bestehen bleibt. Der Amtsinhaber wird lediglich von seiner Pflicht zur Dienstleistung entbunden. Während der so erfolgten beamtenrechtlichen Entsendung wird das Besoldungsdienstalter des Beamten nicht verändert. Die Zeit der Entsendung wird als ruhegehaltsfähig zugrunde gelegt. Die Entsendung steht einer Beförderung des Beamten nicht entgegen. Bei Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung ohne Versorgung ist der Betreffende gem § 9 AVG nachzuversichern (vgl Abschnitt II der Entsendungsrichtlinien sowie Abschnitt II der Richtlinien für die Beurlaubung von Bundesbediensteten zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungshilfe).

Dem aufgezeigten Entsendungstatbestand iS des Beamtenrechts oder von gleichgearteten Rechtsvorschriften ist eigentümlich, daß als Voraussetzung der Beurlaubung die Tätigkeit im Ausland im Interesse des Dienstherrn liegen muß und die Beurlaubung nur zum Zwecke der Aufnahme einer bestimmten Auslandstätigkeit erteilt wird. Die Beurlaubung ist auch von vornherein zeitlich begrenzt. Insbesondere aber - und hierin liegt die entscheidende Parallele zur Regelung des § 2a Abs 5 Satz 2 Nr 2 AVG - besteht während der beamtenrechtlichen Entsendung das Beschäftigungsverhältnis des Entsandten zu seinem deutschen Dienstherrn fort. Darauf hat zutreffend auch die Revision hingewiesen. Es ist zwar bezüglich bestimmter Hauptpflichten - nämlich der Erbringung der Dienstleistung einerseits und der Entgeltzahlung andererseits - suspendiert. Aus ihm leiten sich aber - wie aufgezeigt - nach wie vor Rechte und Pflichten des Dienstherrn und des beurlaubten Beamten (oder Angestellten bzw Arbeiters) her. Nimmt zB der Beamte eine andere als die Tätigkeit auf, für die er beurlaubt ist, verstößt er gegen Dienstpflichten. Im Hinblick auf die fortbestehenden Beziehungen des Beamten zu seinem Dienstherrn liegt dieser Sachverhalt so nahe an dem in § 2a Abs 5 Satz 2 Nr 2 erfaßten Tatbestand, daß die genannte Vorschrift auf ihn anzuwenden ist. Auch bei beamtenrechtlichen oder gleichgelagerten Entsendungsfällen ist daher bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis die Voraussetzung des § 2a Abs 5 Satz 2 Nr 2 AVG als erfüllt anzusehen, wonach eine dem Grunde nach versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt werden muß, damit bei dem Ehegatten dieser Personen eine Kindererziehungszeit anerkannt werden kann.

So liegt der Fall hier. Der Ehemann der Klägerin, ein beamteter Lehrer, war nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG von seinem deutschen Dienstherrn beurlaubt, um die sich aus dem Vertrag mit der Deutschen Schule in M       ergebende Dienstobliegenheit wahrnehmen zu können. Für die Zeit der Beurlaubung erkannte sein deutscher Dienstherr ein dienstliches Interesse an. Das Dienstverhältnis des Ehemannes der Klägerin mit den sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten bestand während der von vornherein zeitlich begrenzten Beurlaubung fort.

Bei der Klägerin, die sich während des fraglichen Zeitraumes auch mit ihrem Ehemann in M       aufgehalten hat (§ 2a Abs 5 Satz 2 letzter Halbsatz AVG), ist daher in ausdehnender Auslegung der genannten Vorschrift iVm § 28a Abs 3 Satz 1 AVG die Zeit der Kindererziehung für die in M       geborenen Kinder anzuerkennen. Das Urteil des LSG war aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1666931

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