Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 14. November 1995 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob die beklagte Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK) den Kläger von einer Forderung der C. C. K. mbH über 22.985,– DM für eine stationäre Behandlung vom 19. November 1992 bis zum 24. November 1992 sowie von einer Forderung des beigeladenen Kreises über 858, 05 DM nebst Stundungszinsen für einen von diesem am 19. November 1992 durchgeführten Krankentransport freistellen muß.

Der 1927 geborene Kläger ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Vom 18. Oktober 1992 bis zum 6. November 1992 befand er sich wegen eines Herzinfarktes in stationärer Behandlung im Kreiskrankenhaus H.. Am 13. November 1992 stellte er sich auf Veranlassung seines Hausarztes in der Cardiologischen Gemeinschaftspraxis Prof. Dr. M./Dr. H., beide zugelassene Vertragsärzte, am Krankenhaus J. in H. vor. Aufgrund des Untersuchungsbefundes bestand eine dringliche Indikation zur operativen Bypass-Versorgung. Prof. Dr. M. schaltete daraufhin am 13. November 1992 die C. C. ein, die ihm einen Operationstermin für den 19. November 1992 fest zusagte; daraufhin stellte Prof. Dr. M. eine kassenärztliche Verordnung von Krankenhauspflege aus; das Verordnungsformular enthielt den Hinweis, daß die Kostenverpflichtungserklärung gegenüber dem Krankenhaus der Krankenkasse vorbehalten bleibe und dieser die Bewilligung obliege. Der Kläger wurde am 13. November 1992 sodann auf die Intensivstation des Kreiskrankenhauses H. verbracht. Von dort wurde er am 19. November 1992 auf Verordnung des Krankenhausarztes mit einem Krankentransport des Beigeladenen nach H. in die C. C. gebracht. Die dort durchgeführte Operation und die nachfolgende Rehabilitation in der C.-Klinik verliefen erfolgreich. Die Beklagte wurde von der dringlichen Operationsindikation sowie der Operationsdurchführung erstmals am 23. November 1992 informiert, als ihr die Aufforderung der C. C. vom 17. November 1992 zuging, die Operationskosten zu übernehmen. Der Beigeladene stellte der Beklagten am 28. Dezember 1992 858, 05 DM in Rechnung und gewährte dem Kläger Stundung.

Die LKK lehnte gegenüber dem Kläger durch Bescheid vom 2. Dezember 1992 eine „Beteiligung” an den Kosten der Herzoperation ab, weil er ungerechtfertigt ein Krankenhaus in Anspruch genommen habe, das kein zugelassenes Vertragskrankenhaus sei, und mit Bescheid vom 25. Januar 1993 auch die Erstattung der Transportkosten ab, weil sie schon nicht verpflichtet sei, die Hauptleistung, nämlich die Krankenhausbehandlung, zu erbringen. Beide Entscheidungen bestätigte die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 1993.

Zwischenzeitlich hatte die C. C. gegenüber dem Kläger erklärt, sie habe bereits wiederholt kenntlich gemacht, sie werde ihn nicht in Anspruch nehmen. Falls die Krankenkasse die Kosten nicht erstatten werde, so würde selbst in diesem Fall der Kläger nicht in Anspruch genommen; er habe mithin keinerlei rechtliche und wirtschaftliche Nachteile zu befürchten.

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte durch Urteil vom 2. März 1995 verurteilt, dem Kläger die Kosten der Behandlung in der C. C. ab dem 19. November 1992 und die Kosten des Transports von und zur C. C. von der Hand zu halten. Die Operation sei unaufschiebbar und die Beklagte nicht in der Lage gewesen, diese rechtzeitig durch ein zugelassenes Vertragskrankenhaus durchführen zu lassen. Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat auf die – vom SG zugelassene – Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, mit welcher die Verurteilung der Beklagten zur Freistellung von Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 22.985,– DM und Fahrtkosten in Höhe von 858, 05 DM begehrt werde, sei zulässig, aber unbegründet. Anspruchsgrundlage sei § 8 Abs. 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) i.V.m. § 13 Abs. 2 (ab 1. Januar 1993: Abs. 3) Regelung 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Die C. C. sei kein zugelassenes Krankenhaus i.S. von §§ 39, 108 SGB V. Der Freistellungsanspruch scheitere schon daran, daß das im Gesetz vorausgesetzte Unvermögen der Beklagten fehle, die notwendige Krankenhausbehandlung rechtzeitig zu erbringen. Wäre sie rechtzeitig darüber informiert worden, daß bei dem Kläger eine dringliche Operationsindikation bestanden habe, hätte sie die Herzoperation innerhalb des gleichen Zeitraums sicherstellen können. Als Leistungserbringer hätte die Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie im Klinikum der Ch.-A.-Universität zu K. („K. Herzzentrum”), einem zugelassenen Krankenhaus, zur Verfügung gestanden. Durch die Verordnung von Krankenhausbehandlung seitens des Vertragsarztes Prof. Dr. M. sei die Beklagte nicht verpflichtet worden, die Kosten zu übernehmen. Es bestehe keine schutzwürdige Vertrauensposition des Klägers darauf, die Beklagte würde die Kosten tragen, weil in der vertragsärztlichen Verordnung ausdrücklich der Hinweis auf den Bewilligungsvorbehalt der Krankenkasse gestanden habe. Die Fahrtkosten seien gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht von der Beklagten zu übernehmen, weil sie nicht im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse notwendig geworden seien.

Zur Begründung der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 13 Abs. 2 SGB V. Ferner habe das LSG seine Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Es habe die Auskunft der Universitätsklinik K. unzutreffend gewürdigt. Der Nachweis, daß die erforderliche Operation in dieser Klinik auch tatsächlich rechtzeitig möglich gewesen wäre, sei nicht erbracht. Es sei eine anerkannte Tatsache, daß Krankenkassen beispielsweise Bypass-Operationen in London bezahlten, weil die Kapazitäten in Schleswig-Holstein dafür nicht vorhanden seien (Beweis: Sachverständigengutachten). Eine Notfallsituation habe vorgelegen. Sie könne sich längere Zeit hinziehen, „wenn jemand auf der Intensivstation liege und dies über einen längeren Zeitraum akut vorhanden sei (Beweis: Sachverständigengutachten) „. Das LSG habe ferner nicht bedacht, wie der Kläger sich dagegen hätte schützen können, daß er durch eine falsche Einweisung der ihn behandelnden Ärzte einen theoretischen Schaden von mehreren Zehntausend DM erleide, ohne daß er letztendlich von der Intensivstation aus Kontakt mit der Außenwelt habe aufnehmen können. Da Vertragsärzte und Vertragskrankenhäuser im Lager der Krankenkasse stünden, müsse diese auch für vertragsärztliches Fehlverhalten einstehen. Die Fahrtkosten wären im übrigen in gleicher Höhe entstanden, wenn die Verlegung nach K. erfolgt wäre. Sie seien also in jedem Fall als erforderlich zu erachten und zu erstatten. Wegen des Vorbringens des Klägers im übrigen wird auf den Schriftsatz vom 18. April 1996 (Bl 8 bis 11 der Akte des Bundessozialgerichts ≪BSG≫) und auf den Schriftsatz vom 20. August 1996 (Bl 29 bis 31 der BSG-Akte) sowie auf den Schriftsatz vom 24. September 1996 (Bl 37 bis 38 der BSG-Akte) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

„das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts aufzuheben und das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe wiederherzustellen mit den Anträgen:

  1. die Bescheide der Antragsgegnerin vom 2. Dezember 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 1993 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Transportkosten des Kreises D. in Höhe von 858, 05 DM nebst entsprechenden Stundungszinsen zu übernehmen und
  2. festzustellen, daß die Antragsgegnerin verpflichtet ist, für den Fall der Inanspruchnahme durch die C. C. in H. die Ansprüche von der Hand zu halten.”

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Revision gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Der Kläger verkenne, daß aus den Regelungen des SGB V grundsätzlich keine Ansprüche auf Kostenerstattung entstehen könnten. Der Versicherte habe bei zulässiger Inanspruchnahme eines Vertragskrankenhauses keinen Zahlungsanspruch gegen die Krankenkasse. Werde eine stationäre Notfallbehandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus erforderlich, entstünden eigene Vergütungsansprüche des nicht zugelassenen Krankenhauses gegenüber der Krankenkasse. Der Kläger habe auch keine Aufwendungen für seine Krankenhausbehandlung in der C. C. gehabt, die ihn nicht in Anspruch genommen habe. Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten wird auf die Schriftsätze vom 31. Juli 1996 (Bl 24 bis 26 der BSG-Akte) und vom 27. August 1996 (Bl 32 bis 33 der BSG-Akte) verwiesen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag und hat sich nicht geäußert.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).

II.

Die zulässige Revision des Klägers ist i.S. der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Streitsache an das LSG begründet. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen nicht aus, abschließend zu entscheiden, ob der Kläger das Recht hat, von der Beklagten Freistellung von den Kosten der Krankenhausbehandlung in der C C. H. vom 19. November 1992 bis zum 24. November 1992 und Freistellung von der Gebührenforderung des Beigeladenen wegen des Krankentransports am 19. November 1992 zu verlangen.

Dem LSG ist darin beizupflichten, daß das nach § 123 SGG sinngemäß ausgelegte Begehren des Klägers darauf gerichtet ist, die Beklagte unter Aufhebung der streitigen Verwaltungsentscheidungen zur Freistellung des Klägers von den Krankenhausbehandlungs- und Krankentransportkosten zu verurteilen. Der Kläger hat somit je eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen die Ablehnungsentscheidungen der Beklagten vom 2. Dezember 1992 und vom 25. Januar 1993 erhoben. Soweit die Beklagte nunmehr bezweifelt, ob das LSG überhaupt über einen hypothetischen Anspruch auf Kostenerstattung hätte entscheiden müssen, kann dem nicht gefolgt werden. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) auf Freistellung von der Forderung der C. C. H. ist zulässig. Es kann dahingestellt bleiben, wie die prozeßrechtliche Lage zu beurteilen wäre, wenn die Beklagte davon Abstand genommen hätte, das Verwaltungsverfahren ohne Antrag des Klägers von Amts wegen zu eröffnen und diesem einen Verwaltungsakt zu erteilen, in dem festgestellt wird, er habe gegen die Beklagte kein Recht auf Freistellung von den Krankenhauskosten (Bescheid vom 2. Dezember 1992). Da in der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen grundsätzlich nur auf Antrag erbracht werden (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB IV≫), war die Beklagte verfahrensrechtlich nicht berechtigt, von Amts wegen über das jetzt streitige Recht des Klägers zu entscheiden. Da sie es aber getan hat und der Kläger durch seinen Widerspruch sinngemäß den Leistungsantrag nachgeholt hat, steht diesem jetzt das Recht zu, durch Anfechtungs- und Leistungsklage gerichtlich sein von der Beklagten verneintes Freistellungsrecht klären zu lassen.

Der Kläger ist auch klagebefugt (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG), nämlich möglicherweise in einem ihm zustehenden Freistellungsrecht verletzt. Das LSG hat die tatsächliche Feststellung getroffen, die C. C. habe ihre Leistung aufgrund eines zwischen ihr und dem Kläger geschlossenen Vertrages erbracht, ferner der Beklagten hierfür 22.985,– DM in Rechnung gestellt. Bei dieser Sachlage kann derzeit die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, daß der Kläger von der C. C. hierauf in Anspruch genommen wird. Dem steht nicht entgegen, daß die Klinik ihm erklärt hat, sie werde ihn auch dann nicht in Anspruch nehmen, wenn sie ihre Kosten von der Krankenkasse nicht erstattet bekomme. Zwar hätte dieser „Verzicht” einer Antragsbefugnis des Klägers auf Erlaß einer Verwaltungsentscheidung über sein Recht auf Freistellung in dem Sinne entgegengestanden, daß die Antragsbefugnis mangels gegenwärtiger Betroffenheit gefehlt hätte; anders liegt es jedoch deswegen, weil die Beklagte von Amts wegen eine Entscheidung über das streitige Freistellungsrecht getroffen hat.

Auch die objektive Häufung beider (jeweiligen) Anfechtungs- und Leistungsklagen ist zulässig, da beide Freistellungsansprüche deswegen in einem sachlichen Zusammenhang stehen, weil der Kläger gemäß § 60 Abs. 1 SGB V die Übernahme der Transportkosten nur beanspruchen kann, falls der Transport im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse notwendig war, wenn also die Beklagte die Kosten der Krankenhausbehandlung zu tragen hat.

Das Berufungsgericht hat ferner richtig entschieden, daß dem Kläger zwar gegen die Beklagte ein Recht auf Gewährung von Krankenhausbehandlung, aber kein Naturalleistungsanspruch gegen die Beklagte auf – kostenfreie – Erbringung dieser Krankenhausbehandlung durch die C. C. zustand. Gemäß § 8 KVLG 1989 i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V steht einem Versicherten das subjektive (Rahmen-) Recht auf Krankenbehandlung i.S. der Krankenhausbehandlung als kostenfreie Naturalleistung nur in einem i.S. von § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus zu. Der Beklagten ist es sogar gesetzlich verboten, Krankenhausbehandlung durch ein nicht zugelassenes Krankenhaus zu erbringen (Ausnahme: Notfall), wenn die erforderliche Behandlung in einem Vertragskrankenhaus erfolgen kann. So liegt der Fall hier: Da die C. C. keine Hochschulklinik i.S. des Hochschulbauförderungsgesetzes, kein Plankrankenhaus des Landes Schleswig-Holstein und auch kein Krankenhaus ist, mit dem ein Versorgungsvertrag besteht, handelt es sich nicht um ein zugelassenes Krankenhaus. Die Krankenhausbehandlung durch diese Klinik durfte also nicht im Rahmen des Naturalleistungs-/Naturalverschaffungssystems des SGB V erbracht werden. Zwar stellt auch die Beklagte nicht in Frage, daß der Kläger seit dem 13. November 1992 gegen sie ein subjektives Recht auf Krankenhausbehandlung i.S. der Durchführung einer Bypass-Operation gehabt hat; er hat dieses Recht ihr gegenüber aber nicht geltend gemacht, sondern sich die Leistung von einem außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung stehenden Dritten verschafft; dieser Behandlungsanspruch ist durch die Behandlung in der C. C., die seinen Bedarf gedeckt hat, untergegangen (Identität zwischen Bedarfsdeckung und Anspruchsinhalt).

Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß auch kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist, dessentwegen die Beklagte hätte verpflichtet sein können, dem Kläger – außerhalb des Naturalleistungssystems – die Behandlung durch die C. C. kostenfrei zu verschaffen. Denn die Krankenkassen dürfen gemäß § 108 SGB V Krankenhausbehandlung „nur” durch zugelassene Krankenhäuser erbringen lassen. Die einzige Ausnahme hiervon (ein Notfall) besteht dann, wenn die erforderliche und ausreichende Behandlung ausschließlich in einem Nichtvertragskrankenhaus rechtzeitig erbracht werden kann. Dann verdichtet sich das subjektive Rahmenrecht auf Krankenhausbehandlung zu einem Anspruch gegen die Krankenkasse auf Verschaffung der Behandlung gerade in diesem Krankenhaus (so jetzt auch BSG, Urteil vom 20. März 1996, 6 RKa 62/94, zur Veröffentlichung vorgesehen). Eine in diesem Sinne (durch Notfall) „gerechtfertigte Fremdleistung” liegt nur vor, soweit das im SGB V begründete Naturalleistungssystem objektiv außerstande ist, den erforderlichen Diagnose- oder Behandlungsbedarf rechtzeitig und in ausreichendem Maße sicherzustellen, also nur soweit und solange dieser Notfall besteht. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V und § 13 Abs. 2 Regelung 1 a.a.O. a.F. (jetzt Abs. 3 a.a.O.) verlautbaren den Rechtsgrundsatz, daß Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern (Fremdleistungen) ausnahmsweise die Vergütungspflicht/Freistellungs- oder Erstattungspflicht der Krankenkasse begründen können, soweit und solange sie notwendig sind, um die sich aus einem subjektiven Recht auf Krankenbehandlung ergebenden Ansprüche zu erfüllen; diese Fremdleistungen sind dann „gerechtfertigt”, d.h. führen zur Einstandspflicht des Versicherungsträgers. Das Berufungsgericht hat hierzu festgestellt, daß die Beklagte das Recht des Klägers auf Krankenhausbehandlung rechtzeitig und in ausreichendem Umfang hätte durch ein Vertragskrankenhaus, nämlich die Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie im Klinikum der Ch.-A.-Universität zu K. („K. Herzzentrum”), erfüllen können. Der Kläger hat seine Verfahrensrügen hiergegen nicht zulässig vorgetragen; von einer Begründung hierzu wird gemäß § 170 Abs. 3 Satz 1 SGG abgesehen. Das Revisionsgericht ist daher an diese tatsächliche Feststellung gebunden (§§ 163, 164 Abs. 2 Satz 3 SGG). Damit steht zugleich fest, daß die Krankenhausbehandlung des Klägers in der C. C. H. keine „berechtigte Fremdleistung” war.

Zutreffend ist das LSG ferner davon ausgegangen, daß bei einer solchen Sach- und Rechtslage grundsätzlich für den Versicherten kein Recht auf Freistellung bzw. Kostenerstattung gegen den Versicherungsträger entstehen kann. Nach § 13 Abs. 2 a.F. (jetzt Abs. 3) SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung, soweit diese notwendig war, in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Leistung unaufschiebbar war und die Krankenkasse sie nicht rechtzeitig erbringen konnte. Diese Voraussetzungen liegen im Blick auf die Krankenhausbehandlung des Klägers nicht vor, weil die Beklagte sie – wie das LSG bindend festgestellt hat – auch dann hätte rechtzeitig erbringen können, wenn sie i.S. von § 13 Abs. 2 Regelung 1 SGB V „unaufschiebbar” gewesen wäre.

Gleichwohl sind das Urteil des Berufungsgerichts und dessen Tatsachenfeststellungen, soweit sie den nachfolgenden rechtlichen Gesichtspunkt betreffen, aufzuheben; der Rechtsstreit ist insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen. Das LSG hat nämlich nur ansatzweise geprüft, ob dem Kläger das umstrittene Freistellungsrecht uU aufgrund eines amtspflichtwidrigen Verhaltens des Prof. Dr. M. bzw. der Ärzte des Kreiskrankenhauses H., dessen Träger der Beigeladene ist, zustehen kann. Denn ein Systemversagen, das zu einem Kostenerstattungsanspruch des Versicherten nach § 13 Abs. 2 SGB V führen könnte, kann sich auch daraus ergeben, daß der ärztliche Leistungserbringer die ihm kraft Zulassung übertragenen öffentlich-rechtlichen Informationspflichten gegenüber dem Versicherten nicht oder schlecht erfüllt hat, so daß der Versicherte die vom ärztlichen Leistungserbringer veranlaßte objektiv ungerechtfertigte Fremdleistung in schutzwürdigem Vertrauen („gutgläubig”) als Kassenleistung in Anspruch genommen hat (vgl. schon BSGE 73, 271 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 4; BSG, Urteil vom 23. April 1996, 1 RK 20/95, zur Veröffentlichung vorgesehen):

Zwar hat das LSG richtig entschieden, daß Prof. Dr. M. (oder ggf der Arzt des Kreiskrankenhauses H.) bloß durch die Verordnung von Krankenhausbehandlung und die Einweisung des Klägers in die C. C. die Beklagte nicht verpflichten kann, die Kosten der Krankenhausbehandlung zu tragen. Die Entstehung eines gesetzlichen Anspruchs auf Naturalverschaffung einer Krankenhausbehandlung setzt – abgesehen von einem Notfall – notwendig voraus, daß ein an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmender Arzt in Wahrnehmung kassenärztlicher Pflicht den Eintritt des Versicherungsfalls (in medizinischer Hinsicht) durch Diagnose eine Krankheit feststellt und eine medizinisch nach Zweck oder Art bestimmte Krankenhausbehandlung durch ein zugelassenes Krankenhaus verordnet. Insoweit beleiht das Gesetz den jeweils vom Versicherten frei gewählten „Kassenarzt” mit der öffentlich-rechtlichen Rechtsmacht (Kompetenz), die medizinischen Voraussetzungen des Eintritts des Versicherungsfalles der Krankheit für den Versicherten und die Kasse verbindlich festzustellen. Diese Rechtsmacht erstreckt sich – soweit in (gesetzmäßigen) Vorschriften des Leistungserbringungsrechts (§§ 59ff. SGB V i.V.m. nachrangigem Recht) nichts Abweichendes bestimmt ist – auch darauf, im Rahmen und in den Formen der kassenärztlichen Versorgung (§ 73 Abs. 2, § 92 SGB V) mit rechtlicher Bindungswirkung für die zuständige Krankenkasse (nur) im Leistungsverhältnis zum Versicherten festzusetzen, welche nach Zweck und Art bestimmte Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig zu erbringen ist. Der Krankenversicherungsträger ist also rechtlich nur an die medizinische Erkenntnis des ordnungsgemäß handelnden Kassenarztes gebunden (BSGE 73, 271, 282); ihm verbleiben hingegen die Entscheidungsbefugnisse über die Einwendung der Unwirtschaftlichkeit, über die Einreden der Unzweckmäßigkeit und Nichterforderlichkeit sowie über die Konkretisierung und die Art und Weise der Erbringung der Leistung (BSGE, a.a.O.). Ferner hat das zugelassene Krankenhaus nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V eigenverantwortlich über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung zu entscheiden. Insbesondere hat der zugelassene ärztliche Leistungserbringer durch die ihm übertragene Hoheitsmacht keine Kompetenz, dem Versicherten ein Recht gegen die Krankenkasse auf Bezahlung objektiv ungerechtfertigter Fremdleistungen zuzuerkennen. Weil die Beklagte die geschuldete Leistung in einem Vertragskrankenhaus hätte erbringen können, lag eine objektiv ungerechtfertigte Fremdleistung vor; sie kann dies dem Freistellungsanspruch des Klägers nur dann nicht rechtshemmend entgegenhalten, wenn sie es sich zurechnen lassen muß, daß er diese objektiv ungerechtfertigte Fremdleistung in schutzwürdigem Vertrauen (gutgläubig) darauf entgegengenommen hat, es handle sich um eine Naturalleistung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Ein Systemversagen, das der Versicherungsträger sich zurechnen lassen muß, kann auch darin bestehen, daß der ärztliche Leistungserbringer (Vertragsarzt oder der Arzt des Vertragskrankenhauses) den Versicherten nicht ausreichend darüber unterrichtet, daß er ihm eine Fremdleistung verordnen oder sonstwie verschaffen will. Der Versicherte, der krankenversicherungsrechtlich zulässig einen zugelassenen Leistungserbringer aufsucht, darf grundsätzlich darauf vertrauen, daß dieser ihm nur zugelassene Naturalleistungen im Rahmen des gesetzlichen Naturalleistungssystems, d.h. durch zugelassene Leistungserbringer, erbringt oder verschafft. Dieses System ist – wie die Beklagte zutreffend vorträgt – stets für den Versicherten kostenfrei. Ein Vertrauen des Versicherten darauf, der zugelassene ärztliche Leistungserbringer werde ihm nur für ihn kostenfreie Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, nicht aber grundsätzlich von ihm selbst zu bezahlende Fremdleistungen verordnen oder verschaffen, ist jedoch nicht schutzwürdig, wenn der Versicherte weiß oder trotz ausreichender Unterrichtung durch den ärztlichen Leistungserbringer und trotz persönlicher Einsichtsfähigkeit nicht weiß, daß eine Fremdleistung verordnet oder sonstwie veranlaßt werden soll.

Zu den öffentlich-rechtlichen Amtspflichten des ärztlichen Leistungserbringers, also des Vertragsarztes bzw. des Arztes des Vertragskrankenhauses, gehört deshalb insbesondere die dem Schutze der Versichertengemeinschaft und des Versicherten u.a. vor Belastungen aus uU objektiv ungerechtfertigten Fremdleistungen dienende Aufklärungs- und Informationspflicht darüber, daß eine Leistung veranlaßt werden soll, die der Versicherte grundsätzlich selbst bezahlen muß. Der ärztliche Leistungserbringer muß den Versicherten oder, soweit dieser krankheitsbedingt nicht mehr über die erforderliche natürliche Handlungsfähigkeit verfügt, die Krankenkasse rechtzeitig darüber unterrichten, daß er eine Fremdleistung anordnen/verordnen oder beschaffen will. Der Versicherte muß sich darüber beim Versicherungsträger Klarheit verschaffen können, ob sein Behandlungsbedarf durch das Naturalleistungssystem rechtzeitig befriedigt werden kann und ob der ärztliche Leistungserbringer zu Recht meint, die Krankenkasse könne das Erforderliche durch zugelassene Leistungserbringer nicht mehr rechtzeitig in ausreichendem Maße leisten.

Soweit der Versicherte einsichts- und handlungsfähig ist, obliegt es im Versicherungsverhältnis ihm, sich mit der Krankenkasse unverzüglich in Verbindung zu setzen und i.S. der ihn treffenden Schadensminderungspflicht die rechtzeitige und ausreichende Leistung im Naturalleistungssystem zu beantragen. Unterläßt er dies, obwohl er ggf vom ärztlichen Leistungserbringer über die beabsichtigte Fremdleistung ausreichend unterrichtet war, ist er – wie auch sonst bei einer ohne Not selbstbeschafften Leistung – nicht schutzwürdig. Ist aber der Versicherte krankheitsbedingt nicht handlungsfähig, muß der ärztliche Leistungserbringer (Vertragsarzt bzw. der Arzt des Vertragskrankenhauses) den Versicherungsträger unverzüglich von der beabsichtigten Veranlassung einer Fremdleistung und seiner Gründe hierfür unterrichten, damit dieser über die Einwilligung (§ 19 SGB IV, § 183 BGB) entscheiden kann. Ist hingegen der Versicherte hinsichtlich der Fremdleistung „gutgläubig”, d.h. weiß er nicht, daß der ärztliche Leistungserbringer ihm nun eine Fremdleistung verschaffen will, liegt aufgrund der Verletzung der öffentlich-rechtlichen Pflichten durch diesen zugelassenen Leistungserbringer ein Systemversagen vor, welches die Einstandspflicht der Versichertengemeinschaft auslöst, das also die Kasse sich (nur) kraft des öffentlich-rechtlichen Naturalleistungssystems rechtlich zurechnen lassen muß. Diese den streitigen Kostenerstattungsanspruch begründenden Umstände sind von Amts wegen zu prüfen.

In einem solchen Streit zwischen dem Versicherten und der Krankenkasse (als treuhänderischer Versicherungsträger für die Belange der Beitragszahler) um die Erstattung von Kosten für eine vom Versicherten erlangte bedarfsdeckende, aber objektiv ungerechtfertigte Fremdleistung, die ein zugelassener ärztlicher Leistungserbringer veranlaßt hat, hat der Versicherte darzulegen und die objektive Beweislast dafür zu tragen, daß er die Fremdleistung in schutzwürdigem Vertrauen im og Sinne als „Kassenleistung” entgegengenommen hat. Da der zugelassene Leistungserbringer im Rahmen seiner Zulassung als öffentlich-rechtlich beliehener Unternehmer ein eigenständiges Hoheitssubjekt mit einem eigenverantwortlich wahrzunehmenden Aufgabenkreis bleibt und keine Behörde der Krankenkasse ist, kann darüber, ob er seine öffentlich-rechtlichen Pflichten derart verletzt hat, daß dies dem Krankenversicherungsträger im Verhältnis zum Versicherten wie eigenes Fehlverhalten zuzurechnen ist, notwendig nur einheitlich entschieden werden, solange der Leistungserbringer zugelassen, d.h. beliehener Unternehmer ist. Also ist der Vertragsarzt bzw. der Träger des Vertragskrankenhauses notwendig i.S. von § 75 Abs. 2 Regelung 1 SGG beizuladen.

Ob ein solches Systemversagen vorliegt, kann derzeit noch nicht beurteilt werden. Soweit das LSG eine „schutzwürdige Vertrauensposition” des Klägers deswegen verneint hat, weil in der vertragsärztlichen Verordnung des Prof. Dr. M. der Hinweis enthalten gewesen sei, daß die Kostenverpflichtungserklärung gegenüber dem Krankenhaus der Krankenkasse vorbehalten bleibe und dieser die Bewilligung obliege, steht schon nicht fest, ob dem Kläger diese Verordnung rechtzeitig vorgelegt worden ist. Da der Versicherte – wie gesagt – grundsätzlich darauf vertrauen darf, daß der zugelassene ärztliche Leistungserbringer seine Pflichten erfüllt, bedarf der Aufklärung, ob Prof. Dr. M. oder der Arzt des Kreiskrankenhauses H. den Kläger über den Fremdleistungscharakter der Behandlung in der C. C. ausreichend und rechtzeitig unterrichtet hat. Im übrigen fehlt es an Feststellungen zur krankheitsbedingten Einschränkung der og natürlichen Einsichts- und Handlungsfähigkeit des Versicherten in der Zeit vom 13. November 1992 bis zur Operation. Das LSG wird Prof. Dr. M., in dessen Rechtsstellung durch das vom Kläger erstrebte Urteil uU eingegriffen würde, notwendig beizuladen (§ 75 Abs. 2 SGG) und aus demselben Grund die einfache Beiladung des Kreises D., des Trägers des Kreiskrankenhauses H., in eine notwendige umzuwandeln haben. Ferner wird es sodann über das rechtlich dem Grunde nach abhängige Recht auf Freistellung von den Transportkosten (§§ 13 Abs. 2, 60 SGB V) zu befinden haben.

Das Berufungsgericht wird auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens entscheiden müssen.

 

Fundstellen

BSGE, 190

NJW 1998, 850

MDR 1997, 660

SozSi 1997, 397

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