Verfahrensgang

LSG für das Land Brandenburg (Urteil vom 20.01.1994)

SG Potsdam (Urteil vom 08.07.1993)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 21.11.2001; Aktenzeichen 1 BvL 19/93, 1 BvR 1318/94, 1 BvR 1513/94, 1 BvR 2358/94, 1 BvR 308/95)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 20. Januar 1994 abgeändert und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 8. Juli 1993 in vollem Umfang zurückgewiesen.

Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist die Entziehung einer Dienstbeschädigungsteilrente (DBTR).

Die Klägerin ist die Ehefrau des am 4. September 1921 geborenen und inzwischen verstorbenen S. J. (J.). Dieser stand bis Dezember 1981 im Dienst des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der ehemaligen DDR. Nach seinem Vorbringen hatte J. sich während seiner Tätigkeit als Dolmetscher bei der Vernehmung eines Rauschgiftschmugglers eine Beinverletzung zugezogen. Aus den Verwaltungsakten der Beklagten, auf die das Landessozialgericht (LSG) im angefochtenen Urteil Bezug genommen hat, ergibt sich, daß die Gesundheitsschädigung am 17. Juni 1980 eingetreten ist. Jedenfalls zu dieser Zeit war J. – (Hauptamtlicher Inoffizieller Mitarbeiter – (HIM) der Hauptabteilung II (Spionageabwehr). In dem von J. zu den Gerichtsakten in Ablichtung überreichten Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung ist ua bescheinigt, daß J. vom 1. Juli 1971 bis 31. Dezember 1981 als Angestellter beim Ministerium des Innern beschäftigt gewesen ist sowie anschließend bis mindestens 31. Dezember 1989 eine freiberufliche Tätigkeit für den Rat des Kreises K. W. ausgeübt hat.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst des MfS wurde J. ab 1. November 1981 eine DBTR von 430,00 M wegen eines Körperschadens von 30 vH und ausgehend von einer monatlichen Durchschnittsvergütung von 1.788,33 M gezahlt (Bescheid vom 15. Februar 1982). Seit Januar 1982 erhielt er eine Invalidenrente, weshalb die DBTR als niedrigere Rente auf die Hälfte – 215,00 M – gekürzt wurde (weiterer Bescheid vom 15. Februar 1982). Ab 4. September 1986 wurde die Invalidenrente in eine Altersrente umgewandelt. Aufgrund des (DDR-)Gesetzes über die Aufhebung der Versorgungsordnung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit vom 29. Juni 1990 (GBl I S 501) wurde die DBTR ab 1. Juli 1990 weiter auf 145,00 M gekürzt. Dieser Betrag wurde – neben der Altersrente – von der Beklagten nach deren „Mitteilung über die Gewährung einer Unfallrente” vom 27. März 1991 mit dem Hinweis gezahlt, daß sie die Versorgungsordnung des ehemaligen MfS (Ordnung Nr 7/87 des Ministers für Staatssicherheit über die soziale Versorgung der Berufsoffiziere, Fähnriche, Berufsunteroffiziere und Unteroffiziere auf Zeit des Ministeriums für Staatssicherheit – Versorgungsordnung ≪VersO≫ – vom 30. September 1987) nach den Maßgaben des Einigungsvertrages (EV) bis zur Überführung in die Rentenversicherung (RV) fortführe.

Mit Bescheid vom 31. Juli 1991 stellte die Beklagte die Zahlung der bis dahin gewährten DBTR ab 1. August 1991 ein, weil eine solche Rente nach § 11 Abs 5 Satz 2 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz ≪AAÜG≫ vom 25. Juli 1991 ≪BGBl I S 1606, 1677≫, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Ergänzung der Rentenüberleitung vom 24. Juni 1993 ≪BGBl I S 1038≫), neben Altersrenten und Invalidenvollrenten nicht mehr gewährt würden. Im anschließenden Widerspruchsverfahren fügte die Beklagte hinzu, § 11 Abs 5 AAÜG schreibe die Entziehung der DBTR zum 1. August 1991 zwingend vor (Widerspruchsbescheid vom 7. November 1991).

Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat die Klage durch Urteil vom 8. Juli 1993 abgewiesen. Das LSG für das Land Brandenburg hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG und die streitigen Verwaltungsentscheidungen der Beklagten abgeändert, die Beklagte verurteilt, dem Rechtsvorgänger der Klägerin DBTR auch für August 1991 zu zahlen, sowie dessen Berufung im übrigen zurückgewiesen (Urteil vom 20. Januar 1994). Im wesentlichen ist ausgeführt worden: Entgegen der Auffassung des SG stehe dem Kläger eine DBTR auch für August 1991 zu. Bei Einstellung der DBTR sei § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu berücksichtigen gewesen, weil über § 8 Abs 3 Satz 2 iVm § 10 Abs 5 und § 11 Abs 5 Satz 5 AAÜG die Vorschriften des SGB X heranzuziehen gewesen seien. Für Leistungen, die allein wegen qualitativer Arbeit und nicht wegen einer regimenahen Tätigkeit gewährt worden seien, sei der Entzug ohne Vertrauensschutz nicht gerechtfertigt. Danach sei im Fall des Klägers nur eine Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zukunft zulässig. Bei Zugang des Bescheides vom 31. Juli 1991 sei die DBTR für den Monat August 1991 jedoch bereits gezahlt gewesen. Für die Zeit ab September 1991 bestehe indessen gemäß § 11 Abs 5 Satz 4 AAÜG kein Anspruch mehr auf DBTR. Diese Vorschrift verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Insbesondere werde Art 14 des Grundgesetzes (GG) nicht verletzt, weil die Eigentumsgarantie nur Ansprüche betreffe, die im Geltungsbereich des GG begründet worden seien. Die Bundesrepublik Deutschland sei auch gemäß Art 135a GG nicht verpflichtet, sämtliche Ansprüche der früheren Bewohner der DDR zu erfüllen. Schließlich liege auch keine Verletzung von Art 3 GG vor, weil es zur Vereinheitlichung der RV notwendig gewesen sei, systemwidrige Versorgungen zu beseitigen.

Beide Beteiligten haben die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügen eine fehlerhafte Anwendung von § 11 AAÜG sowie eine Verletzung von Art 3 und 14 GG.

Die Klägerin führt den Rechtsstreit ihres während des Revisionsverfahrens am 22. Mai 1994 verstorbenen Ehemannes, mit dem sie in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hatte, als Sonderrechtsnachfolgerin fort.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Revision vor, das LSG habe § 11 AAÜG falsch ausgelegt. Diese Vorschrift lasse den Bezug einer DBTR neben einer Altersrente ab 1. August 1991 nicht mehr zu. Ohne Ermessen sei sie verpflichtet gewesen, die DBTR ab 1. August 1991 auch nachträglich noch durch Verwaltungsakt zu entziehen. Denn § 10 Abs 5 AAÜG sei entsprechend anzuwenden und schließe einen Rückgriff auf § 48 SGB X aus.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 20. Januar 1994 abzuändern und die Berufung des Rechtsvorgängers der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 8. Juli 1993 in vollem Umfang zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

  1. die Revision der Beklagten zurückzuweisen,
  2. das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 20. Januar 1994 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 1991 auch insoweit aufzuheben, als die Einstellung der Dienstbeschädigungs-Teilrente des Rechtsvorgängers der Klägerin ab 1. September 1991 verfügt worden ist.

Die Klägerin hält das Urteil des Berufungsgerichts im wesentlichen für unrichtig. Sie hat eine gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. A. (Bl 31 bis 35 der BSG-Akten), eine Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 27. Mai 1992 (VIIIb 4 – 41119 – Bl 36 der BSG-Akten) sowie eine Kopie der gegen das Urteil des Senats vom 29. September 1994 (4 RA 7/94, zur Veröffentlichung in SozR 3 vorgesehen) eingelegten Verfassungsbeschwerde nebst einem Antrag der Fraktion der SPD des Deutschen Bundestages vom 8. November 1994 zur Novellierung des Renten-Überleitungsgesetzes (≪RÜG≫ Bl 92 der BSG-Akten) vorgelegt und trägt im wesentlichen vor:

Das LSG habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, den zuständigen Unfallversicherungsträger beizuladen. Denn wenn J. von der Beklagten keine DBTR zu gewähren sei, habe er jedenfalls gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger einen Anspruch auf Gewährung einer Unfallrente gehabt. In erster Linie gingen die §§ 11 Abs 5 Satz 1 und 9 Abs 1 Nr 2 AAÜG allerdings von der Weitergewährung der DBTR aus. Im Blick auf Art 3 Abs 1 GG seien also zu vergleichen jene Empfänger einer DBTR, die diese Leistung weiterhin erhielten, und diejenigen, denen diese Leistung entzogen werde. Für eine Unterscheidung gebe es aber keinen sachgerechten Grund. Dienstbedingte Unfallfolgen seien generell als Sonderopfer zu entschädigen. Der Gesamtstaat dürfe nur einer Überkompensation entgegenwirken. Die Differenzierung werde auch nicht dadurch gerechtfertigt, daß das AAÜG die Dienstbeschädigungsvollrente als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) behandele, was letztlich ihren völligen Wegfall bewirke. Der vollständige Entzug der auf einem Sonderopfer beruhenden Entschädigungsleistung verstoße sowohl gegen das Willkürverbot als auch gegen das Eigentumsgrundrecht. Entgegen der Ansicht des SG und des Bundessozialgerichts (BSG) sei aus § 11 Abs 5 Satz 1 AAÜG zu entnehmen, daß der Gesetzgeber die DBTR unter Eigentumsschutz gestellt habe und sie nur begrenze. § 11 Abs 5 Satz 1 AAÜG sei die Grundnorm für den bundesrechtlichen Eigentumsschutz. § 11 Abs 5 Satz 2 AAÜG, der den Wegfall der DBTR neben einer Rente wegen EU oder wegen Alters anordne, sei mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar, der im Sozialleistungsrecht anders als im Eingriffsrecht zu konkretisieren sei; die Gleichheitsprüfung müsse nämlich schon im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen. Der Entzug der Dienstunfallentschädigung beseitige aber keine systemwidrigen, planwidrigen oder der Systemgerechtigkeit widerstreitenden Leistungen. Die Entschädigung berufsbedingter Unfallfolgen gehöre zum Kernbestand der gemeindeutschen Rechtstradition auf allen Gebieten des Arbeits- und Dienstrechts. Der Gedanke der Gleichbehandlung der Dienstbeschädigungsteilrentner mit den Dienstbeschädigungsvollrentnern könne den Verfassungsverstoß nicht beheben. Die Beseitigung der Dienstbeschädigungsvollrente durch ihre Umqualifizierung zur Rente wegen EU iS der Sozialversicherung sei nämlich selbst verfassungswidrig. Die Bürger der DDR hätten nicht „grundrechtslos” den Status des Bürgers der Bundesrepublik Deutschland erworben. Spätestens mit dem Verfassungsgrundsätzegesetz der DDR vom 17. Juni 1990 hätten ihnen Rechtspositionen zugestanden, die ihnen der DDR-Gesetzgeber nicht habe entziehen können. Daher könnten ihnen diese Rechte auch gesamtstaatlich nicht nachträglich entzogen werden. Die zum Rechtsstaat gewandelte DDR habe von Verfassungs wegen ihren Bürgern im Wege einer völkerrechtlichen Vereinbarung nicht das entziehen oder einen Dritten zu solch einem Entzug ermächtigen können, was sie selbst zu entziehen von Verfassungs wegen nicht befugt gewesen sei. Dieser Grundsatz sei für das Recht der Bundesrepublik Deutschland im Blick auf internationale Verträge unbestritten und gelte als allgemeiner rechtsstaatlicher Grundsatz für die DDR und ihre Bürger sowie für alle gesamtstaatlichen Verfassungsorgane. Es komme also auf den Wortlaut des EV nicht an. Deshalb müßten § 4 Abs 2 Nr 1 AAÜG und § 11 Abs 5 Satz 2 AAÜG am Maßstab der Eingriffsmöglichkeiten des Gesetzgebers der DDR gemessen werden, auch wenn dabei die gewandelten ökonomischen Verhältnisse beachtet werden müßten. In keinem Falle könne gerechtfertigt werden, daß die Dienstbeschädigungsrenten ganz und gar abgeschafft worden seien. Dies könne auch nicht durch Art 135a GG gerechtfertigt werden. Insbesondere habe der erkennende Senat in seinem Urteil vom 10. Mai 1994 (4 RA 49/93) den Inhalt des EV, des AAÜG und die verfassungsrechtlichen Vorgaben verkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze vom 29. März 1994 (Bl 14 bis 29 der BSG-Akten), 27. April 1994 (Bl 42 bis 44 der BSG-Akten) und 15. August 1994 (Bl 60 bis 77 der BSG-Akten) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II

Die durch Zulassung statthafte Revision der Beklagten ist begründet; hingegen ist die Revision der Klägerin unbegründet. Das LSG hätte die Berufung des Rechtsvorgängers der Klägerin insgesamt zurückweisen müssen, weil das SG richtig entschieden hat.

Die Klägerin ist als Sonderrechtsnachfolgerin iS von § 56 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verfahrensrechtlich und sachlich-rechtlich befugt, den um die Weiterzahlung der DBTR geführten Rechtsstreit ihres am 22. Mai 1994 nach Einlegung der Revision verstorbenen Ehemannes fortzusetzen. Bei dem geltend gemachten Anspruch handelt es sich um eine laufende Geldleistung; nach dem glaubhaften Vorbringen der Klägerin hat sie mit J. zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt.

Einer Beiladung des Trägers der Unfallversicherung bedurfte es nicht (vgl Urteil des Senats vom 31. August 1994 – 4 RA 56/93). Nach den vom LSG getroffenen und den Senat gemäß § 163 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bindenden tatsächlichen Feststellungen ist eine Rechtsgrundlage, die dem Rechtsvorgänger der Klägerin einen Anspruch gegen einen Unfallversicherungsträger auf Zahlung einer Entschädigung wegen einer bei dem MfS erlittenen Dienstbeschädigung einräumt, nicht ersichtlich. Denn der Bundesgesetzgeber hat – wie unten noch weiter auszuführen sein wird – den dienstunfallverletzten Bestandsrentnern aus dem engeren Staatsdienst der DDR keine eigenständige Unfallentschädigung zuerkannt (vgl Urteil des Senats vom 10. Mai 1994 – 4 RA 49/93, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 3-8570 § 11 Nr 1, und vom 29. September 1994 – aaO). Die Dienstbeschädigung, wegen der dem Rechtsvorgänger der Klägerin die DBTR bewilligt wurde, ist nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG in einem inneren Zusammenhang mit dem Dienst beim MfS eingetreten. Es handelte sich somit nicht um einen Arbeitsunfall iS der allgemeinen Sozialversicherung der ehemaligen DDR.

Der streitige Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 1991 ist rechtmäßig. Die Beklagte durfte und mußte dem Kläger die DBTR ab 1. August 1991 entziehen. Die außerordentliche Eingriffsermächtigung des § 10 Abs 5 AAÜG geht zwar trotz der Rückbewirkung von Rechtsfolgen und der Ausschaltung der Vertrauensschutzprüfung bis an die äußersten Grenzen des rechtsstaatlich Zulässigen. Sie ist aber aus den im Urteil des Senats vom 27. Januar 1993 (4 RA 40/92 in BSGE 72, 50 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1) genannten Gründen noch hinzunehmen. Insbesondere verdrängt sie – entgegen der Ansicht des LSG – für diesen einmaligen Eingriff die §§ 45 bis 50 SGB X. In der Sache selbst haben die §§ 4 und 11 AAÜG den Anspruch auf DBTR für Beschädigte aus Sonderversorgungssystemen ab August 1991 abgeschafft, wenn sie eine Volleistung aus der RV oder Versorgungssystemen erhalten. Dies war bei J. der Fall (dazu unten). Daher war das Urteil des LSG bezüglich der DBTR für den Monat August 1991 abzuändern. Hiergegen haben die Vorinstanzen im übrigen die Rechtsmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen zu Recht bestätigt.

Gegen diese Regelung hat der Senat zwar weiterhin aus Gründen rechtsstaatlicher Gleichheit Bedenken. Mangels hinreichend eindeutiger verfassungsrechtlicher Maßstäbe steht aber nicht zu seiner Überzeugung fest, daß der Bundesgesetzgeber mit § 11 AAÜG die Grenzen seines Gestaltungsspielraumes überschritten hat. Eine Vorlagepflicht nach Art 100 Abs 1 GG besteht somit nicht. Dies hat der Senat bereits in mehreren Entscheidungen (seit dem og Urteil vom 10. Mai 1994) geklärt und insbesondere in seinem og Urteil vom 29. September 1994 nochmals verdeutlicht. Er hält hieran nach erneuter Überprüfung fest:

A. J. stand nach den bindenden Feststellungen des LSG bis Dezember 1981 im Dienst des MfS der ehemaligen DDR. Daher hatte er zwar bis einschließlich Juli 1991 aufgrund der – für das BSG allein maßgeblichen (§ 162 SGG) – bundesrechtlichen Übergangsregelung in EV Nr 9 Buchst e Satz 2 und entsprechend Buchst b Satz 2 iVm Teil IV Nr 6.611 der VersO einen Anspruch auf DBTR ab Oktober 1990 „bis zur Überführung der in EV Nr 9 Buchst b Satz 1 genannten Leistungen in die gesetzliche Rentenversicherung”) von monatlich 145,00 DM. Dies war durch den gemäß Art 19 Satz 1 EV wirksam gebliebenen Bescheid vom 15. Februar 1982 mit Bindungswirkung iS von § 77 SGG auch für die Beklagte anerkannt und im übrigen von ihr durch den Bescheid vom 27. März 1991 auch bestätigt worden. Nach § 11 Abs 5 Satz 2 und Satz 5 Halbsatz 2 AAÜG iVm § 10 Abs 5 Sätze 1 bis 3 AAÜG war die Beklagte als zuständiger Versorgungsträger aber verpflichtet, den Bewilligungsbescheid vom 27. März 1991 mit Wirkung ab 1. August 1991 (ohne hierzu den Rechtsvorgänger der Klägerin iS von § 24 SGB X anhören zu müssen, was vorliegend aber im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden ist) aufzuheben und die Weitergewährung der DBTR zu versagen.

1. J. hat mit der seit Vollendung des 65. Lebensjahres (4. September 1986) gezahlten Altersrente aus der Sozialversicherung eine Rente „im Sinne des § 4 Abs 3 AAÜG” bezogen. § 4 Abs 2 und 3 AAÜG bestimmt für die dort genannten Renten aus den Sonderversorgungssystemen, daß sie mit Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 hinsichtlich der zum 31. Dezember 1991 angeordneten Überführung (§ 2 Abs 2 AAÜG) als nach den Vorschriften für das Beitrittsgebiet berechnete Renten der RV behandelt werden. Dabei gelten (Sonder-)Invalidenvollrenten und (Sonder-)Dienstbeschädigungsvollrenten als (RV-)Invalidenrenten, (Sonder-)Altersrenten als (RV-)Altersrenten und (Sonder-)Hinterbliebenenrenten sowie (Sonder-)Dienstbeschädigungshinter-bliebenenrenten als (RV-)Hinterbliebenenrenten. Die in § 11 Abs 5 Satz 2 AAÜG genannten „Renten im Sinne des § 4 Abs 2 Nr 1 und 2 sowie Abs 3 Nr 1 und 2” sind also seit August 1991 für die gesamte Thematik der Überführung dieser Renten – fiktiv – als Renten der RV, wie sie damals im Beitrittsgebiet bestand, zu behandeln. Renten, neben denen ua eine DBTR aus dem Sonderversorgungssystem nach § 11 Abs 5 Satz 2 AAÜG nicht gewährt werden darf, sind also gerade – ursprüngliche oder fiktive – RV-Renten. Die Renten aus Sonderversorgungsrecht, die nicht wie Renten aus der RV behandelt werden und neben denen DBTR gleichfalls nicht zu gewähren ist, sind in § 11 Abs 1 Satz 1 Buchst a iVm Abs 2 AAÜG genannt (vgl §§ 9 Abs 1 und 13 AAÜG).

2. Das AAÜG läßt die Gewährung einer DBTR (wenn auch nur für die in EV Nr 9 Buchst e Satz 2 genannten Bestandsrentner) bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres ausnahmsweise zu, wenn keine Invalidenrente, Altersrente oder Hinterbliebenenrente iS der im August 1991 im Beitrittsgebiet gültigen Bestimmungen bezogen wird. Tritt neben die DBTR ab 1. Januar 1992 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit iS von §§ 43 ff Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) oder von Art 2 §§ 7 ff RÜG, ist diese nach § 9 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AAÜG auf die DBTR anzurechnen. Diese Renten sind mit den in § 4 Abs 2 und 3 AAÜG geregelten Renten nicht identisch. Nach § 11 Abs 5 Satz 4 AAÜG entfällt der Anspruch ua auf DBTR spätestens mit Beginn einer Rente wegen Alters, jedenfalls aber mit der Vollendung des 65. Lebensjahres. Abgesehen davon läßt es das AAÜG durchaus zu, daß eine DBTR, die seit August 1991 nur noch als „isolierte” oder iVm anderen Teilrenten, nicht aber neben einer Volleistung aus der gesetzlichen RV oder aus dem Versorgungssystem gewährt werden darf, bezogen wird, sofern der Berechtigte eine Invaliden-, Alters- oder Hinterbliebenenrente (kein Anspruch) bzw Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Anrechnung gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AAÜG) bezieht.

3. Der Senat hat seit seinem og Urteil vom 10. Mai 1994 in ständiger Rechtsprechung überprüft und entschieden, daß die Gesamtheit der einzelnen Regelungen des AAÜG über das Thema der Dienstbeschädigungsvoll- und -teilrenten mit rechtsstaatlich gerade noch hinreichender Klarheit folgende Rechtsnormen erkennen läßt:

Wer im „engeren” Staatsdienst der DDR (iS der Anlage 2 zum AAÜG: Nationale Volksarmee, Deutsche Volkspolizei, Feuerwehr, Strafvollzug, Zollverwaltung und MfS) beschäftigt war und im inneren Zusammenhang mit einem solchen Dienst eine Dienstbeschädigung erlitten hat, erhält ab 1. August 1991 keine Dienstunfallentschädigung mehr. Dies gilt lediglich nicht, solange der Berechtigte das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und eine DBTR, aber noch keine Volleistung aus der RV (bis zum 31. Dezember 1991: keine Altersrente, Invalidenrente, Hinterbliebenenrente) und auch keine Volleistung aus dem Versorgungssystem bezieht. Der Fortfall der Ansprüche auf DBTR ist zum 1. August 1991 unter Aufhebung entgegenstehender Verwaltungsakte durchzusetzen, ohne daß eine Anhörung der Betroffenen erforderlich ist.

Die Ausgestaltung vor allem der §§ 4 Abs 2 und 3, 9, 10 und 11 AAÜG beruht auf der Grundentscheidung bzw sog Systementscheidung (vgl og Senatsurteil vom 27. Januar 1993; dazu Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫, Beschluß der 2. Kammer des 1. Senats vom 7. Juli 1993 – 1 BvR 620/93), auch den Sonderversorgungsberechtigten ausschließlich eine Volleistung, sei es aus der RV, sei es als – weil in die RV nicht überführbar – weitergeführte Versorgungsleistung zu gewähren. Deshalb stellt das AAÜG folgende Grundsätze auf: Es gibt nur und ausschließlich eine Volleistung; weitergezahlte Versorgungsvolleistungen werden höchstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt; sie entfallen mit Gewährung einer Altersrente – wie bei J. – und soweit eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gewährt wird; eine zusätzliche Dienstunfallentschädigung gibt es nicht; eine DBTR darf nur noch isoliert, dh nicht neben einer Volleistung aus der RV oder aus dem Versorgungssystem oder als Bestandteil einer Zusammenrechnung von Teilrenten gewährt werden. Dies hat der Senat im og Urteil vom 10. Mai 1994 und in der nicht veröffentlichten, mit der og Verfassungsbeschwerde angefochtenen Parallelentscheidung vom selben Tage – 4 RA 47/93 – sowie in einer Reihe weiterer Urteile (zuletzt im og Urteil vom 29. September 1994) im einzelnen ausgeführt; das ist den Beteiligten bekannt. An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach Prüfung der hiergegen von der Klägerin erhobenen Bedenken fest.

B. Das Vorbringen der Klägerin gegen die Rechtsprechung des Senats gibt weiterhin keinen Grund, die Auslegung und Anwendung des einfachgesetzlichen Bundesrechts zu ändern oder in der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Rechtslage zu einem anderen Ergebnis, nämlich zur Vorlage an das BVerfG gemäß Art 100 Abs 1 GG, zu gelangen:

1. Auch die Klägerin geht davon aus, daß § 4 Abs 2 und 3 AAÜG die Dienstbeschädigungsvollrente als eigenständige Unfallentschädigung abgeschafft hat. Eine Unfallentschädigungsrente ist indessen nicht in die gesetzliche RV iS des SGB VI überführbar. Zwar war die Dienstbeschädigungsvollrente nach der VersO teilweise nach Tatbestand und Rentenberechnung ähnlich wie eine Invalidenrente der allgemeinen Sozialpflichtversicherung der ehemaligen DDR ausgestaltet. Dies bot dem Gesetzgeber die Möglichkeit, diese Unfallentschädigung unter gleichzeitiger Beibehaltung einer Rentenzahlung dadurch abzuschaffen, daß er sie durch die Fiktion eines anderen Rechtsgrundes (Invalidität statt Dienstbeschädigung) in die RV „überführte”. Sie gilt als Invalidenrente, obwohl sie zuvor als Rente gleicher Art wie die Unfallrente galt (vgl Teil IV Nr 1.101.7 VersO) und auch ihrem Wesen nach eine Dienstunfallentschädigung war. Aus der allgemeinen Sozialversicherung (RV) kann es aber nur eine Invalidenrente geben. Deswegen war durch diese „Umwidmung” die Dienstunfallentschädigung für Vollbeschädigte beseitigt. Schon aus § 4 AAÜG ergibt sich also, daß neben einer Volleistung aus der RV eine eigenständige Dienstunfallentschädigung nicht mehr gewährt wird.

2. Vor diesem Hintergrund konnte § 11 AAÜG sich im Blick auf Dienstbeschädigungsrenten auf folgende zwei Regelungsthemen beschränken: Zum einen wurde durch Abs 2 und Abs 5 Satz 2 aaO auch diejenige DBTR grundsätzlich abgeschafft, die bislang neben einer Volleistung aus dem Versorgungssystem (Abs 1 Satz 1 aaO) oder neben einer RV-Rente iS von § 4 Abs 3 aaO gewährt worden war; zum anderen wurden durch § 11 Abs 5 Satz 1 und 3 bis 5 AAÜG die Bedingungen festgelegt, unter denen überhaupt nur noch eine DBTR gewährt werden durfte. Zwecks Gleichbehandlung mit den Dienstbeschädigungsvollrentnern wird auch diese DBTR der proportionalen Kürzung nach § 10 Abs 1 und Abs 2 AAÜG unterworfen (Abs 5 Satz 1 aaO); das Prinzip der Ausschließlichkeit nur einer Volleistung wird wiederholt (Abs 5 Satz 2 aaO) und für das Zusammentreffen mehrerer Teilrenten präzisiert (Satz 3 aaO), ebenso die Altersgrenze und der Wegfallgrund des Bezuges einer Altersrente (Satz 4 aaO); wie bei Beziehern von weitergeführten Volleistungen aus dem Versorgungssystem (§ 11 Abs 1 und Abs 3 AAÜG) wird die Anrechnung von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit iS von § 9 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AAÜG vorgeschrieben (§ 11 Abs 5 Satz 3 Halbsatz 2 AAÜG). § 11 Abs 5 Satz 1, 3 bis 5 AAÜG ist also keine „Grundnorm” für die Weitergewährung von DBTR, sondern eine übergangsrechtliche Ausnahmeregelung, die sozialstaatlich begründet ist.

3. Soweit die Klägerin hierin eine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG sieht, weil es keinen sachgerechten Grund dafür gebe, einigen Empfängern einer DBTR diese Unfallentschädigung zu belassen, sie aber anderen zu entziehen, kann sich der Senat auch nach erneuter Prüfung nicht davon überzeugen, daß der parlamentarische Gesetzgeber das Gleichbehandlungsgebot verletzt hat. Er hat die Grundentscheidung getroffen, den Sonderversorgungsberechtigten keine eigenständige Unfallentschädigung zu gewähren, wenn sie eine Volleistung aus der RV oder aus dem Versorgungssystem erhalten. Sachgrund dafür, den Empfängern einer DBTR, die eine solche Volleistung nicht beziehen, ausnahmsweise und für eine Übergangszeit bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres diese Leistung gleichwohl zu gewähren, ist die Berücksichtigung der Erschwernisse,

welche diese früheren Angehörigen aus dem „engeren” Staatsdienst der ehemaligen DDR sowie Berufs- und Zeitsoldaten wegen ihrer dienstbedingten Gesundheitsschäden bei der Wiedereingliederung ins Erwerbsleben und bei der Ausübung ihres Zivilberufes haben. Diese Belastungen liegen typischerweise bei den Beziehern einer Volleistung aus der RV oder aus dem Versorgungssystem nicht (mehr) vor.

4. Der Senat hält auch an seiner Auffassung fest, daß Art 3 Abs 1 GG mangels anderweitiger verfassungsrechtlicher Vorgaben keine hinreichend bestimmte Maßstabsnorm ist, welche die rechtsprechende Gewalt instand setzt, dem Gesetzgeber den Vorwurf zu machen, er habe durch die Abschaffung einer eigenständigen Dienstunfallentschädigung für Sonderversorgungsberechtigte den allgemeinen Gleichheitssatz verletzt.

In diesem Zusammenhang weist der Senat erneut darauf hin, daß er entgegen der Darstellung der Klägerin in seiner ständigen Rechtsprechung die Möglichkeit unterstellt hat, der bundesrechtliche Grundsatz, allen abhängig Beschäftigten eine eigenständige Entschädigung bei Arbeits- oder Dienstunfall zu gewähren, könne zu einem allgemeinen Prinzip des Arbeits- und Dienstunfallrechts erstarkt sein. Unzutreffend ist auch die Behauptung der Klägerin, der Senat habe eine Differenzierung aus Gründen der „Systemnähe” für gerechtfertigt gehalten. Der Ausdruck „engerer” Staatsdienst der DDR ist vom Senat rein formal durch Hinweis auf die Anlage 2 zum AAÜG definiert und nirgendwo zur Legitimierung einer Gleich- oder Ungleichbehandlung verwendet worden.

5. Unzutreffend ist die Rechtsbehauptung der Klägerin, der EV habe die Gewährung von Dienstbeschädigungsrenten bis zur Schließung der Sonderversorgungssysteme und darüber hinaus deren Überführung in die Sozialversicherung der Bundesrepublik Deutschland angeordnet. Vielmehr hat EV Nr 9 Buchst e Satz 2 die Weitergewährung von Dienstbeschädigungsrenten und deren Neubewilligung nur zugelassen, wenn der Sonderversorgungsberechtigte die Dienstbeschädigung vor dem 3. Oktober 1990 erlitten hat und bis zum 31. Dezember 1990 aus dem im Sonderversorgungssystem erfaßten aktiven Staatsdienst entlassen worden ist. EV Nr 9 Buchst e Satz 1 gilt für alle Rentenleistungen aus den Versorgungssystemen „aufgrund vorzeitiger Entlassung bei Erreichen besonderer Altersgrenzen oder bestimmter Dienstzeiten (erweiterte Versorgung, Übergangsrente oder vergleichbare Leistungen)”.

a) Nach der – bis heute amtlich nicht veröffentlichten – Ordnung Nr 7/87 des Ministers für Staatssicherheit über soziale Versorgung der Berufsoffiziere, Fähnriche, Berufsunteroffiziere und Unteroffiziere auf Zeit des Ministeriums für Staatssicherheit vom 30. September 1987 (mit späteren, gleichfalls nicht veröffentlichten Änderungen) wurden Dienstbeschädigungsvoll- und -teilrenten nur nach der Entlassung aus dem Dienst des MfS gezahlt (VersO Teil IV Nr 6.601.6 iVm 6.501.1 und 6.611.1). Trat hingegen während des aktiven Dienstes Dienstunfähigkeit infolge einer Dienstbeschädigung ein, gab es Lohnfortzahlung oder Krankenbezüge (VersO Teil II Nr 3.301.1 und 3.301.2). Dienstbeschädigungsrenten sind daher grundsätzlich und in aller Regel Versorgungsleistungen „aufgrund vorzeitiger Entlassung aus dem aktiven Dienst” und mit den in EV Nr 9 Buchst e ausdrücklich, aber nicht abschließend genannten Versorgungsleistungen iS dieser Vorschrift „vergleichbar”. Dem steht nicht entgegen, daß während des aktiven Dienstes auch eine Sonderregelung über die Gewährung einer DBTR (vgl VersO Teil IV Nr 6.611.1) vorgesehen war, wenn aufgrund einer Dienstbeschädigung mit einem Schaden von mindestens 20 vH eine Minderung in der Besoldung durch Ernennung in eine niedriger bewertete Dienststellung oder Wegfall von Zulagen oder Zuschlägen eintrat. EV Nr 9 Buchst e Satz 1 hat also die Dienstbeschädigungsrenten mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 grundsätzlich abgeschafft. Sie durften seither gemäß Satz 2 aaO nur den Bestandsrentnern und solchen Sonderversorgungsberechtigten gewährt werden, die bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 eine Dienstbeschädigung erlitten und bis Ende 1990 aus dem Dienst entlassen worden waren. Diese Regelung ist auch konsequent, weil Dienstbeschädigungen iS der Sonderversorgungssysteme ab dem 3. Oktober 1990 nicht mehr eintreten konnten. Aktive Soldaten waren seither durch das Soldatenversorgungsgesetz, sonstige im Öffentlichen Dienst abhängig Beschäftigte durch Beamten- oder allgemeines Unfallversicherungsrecht geschützt.

b) Unzutreffend ist auch die Auffassung der Klägerin, EV Nr 9 Buchst a garantiere die Fortgeltung der Versorgungsvorschriften über Dienstbeschädigungen sowie deren Überleitung in die Sozialversicherung. EV Nr 9 Buchst a enthält vielmehr überhaupt keine Regelungen über das Leistungsrecht der Versorgungssysteme. Satz 1 aaO behandelt lediglich die Thematik der Schließung der Versorgungssysteme. Satz 2 aaO bestimmt nur, daß die „versicherungs- und beitragsrechtlichen Regelungen der jeweiligen Versorgungssysteme” weiter anzuwenden sind, soweit sich aus diesem Vertrag nichts anderes ergibt. Versicherungs- und Beitragsrecht ist aber gerade nicht Leistungsrecht. Dies belegt auch die Systematik von EV Nr 9:

EV Nr 9 Buchst a ordnet lediglich an, daß die Bestimmungen der Versorgungssysteme über die Einbeziehung in den Versicherungsschutz und das damit zusammenhängende Beitragsrecht nachrangig fortgelten, soweit in spezielleren Regelungen des EV Abweichendes nicht geregelt ist. Erstmals in EV Nr 9 Buchst b ist das Leistungsrecht angesprochen (zutreffend die Erläuterungen zu den Anlagen zum EV ≪BT-Drucks 11/7817 vom 10. September 1990≫, EV mit amtlichen Erläuterungen, 4. überarbeitete Aufl, 1992, Nomos Verlagsgesellschaft, S 497, 720). Dort ist der Kreis der in die gesetzliche RV des SGB VI überführbaren Renten aus den Versorgungssystemen konkretisiert und das Programm ihrer Überführung entworfen. EV Nr 9 Buchst c regelt das organisatorische, Buchst d das finanzielle Überführungsprogramm für diese Renten. Folgerichtig werden die Renten aus den Versorgungssystemen, die nicht in die gesetzliche RV überführbar sind, erst anschließend in EV Nr 9 Buchst e angesprochen. Die solche Rentenleistungen betreffenden Regelungen werden dort mit Ablauf des 31. Dezember 1990 außer Kraft gesetzt. Nur den Bestandsrentnern iS von Satz 2 aaO wird die Weitergewährung der Leistungen zugesagt, dies aber nur vorübergehend, nämlich in entsprechender Anwendung von EV Nr 9 Buchst b Satz 2 „bis zur Überführung” der für die Überleitung in die RV vorgesehenen Ansprüche. Außerdem wird diese begrenzte vorübergehende Zusage auch noch unter den Anpassungsvorbehalt entsprechend EV Nr 9 Buchst b Satz 3 gestellt, um Besserstellungen der Bezieher von nicht überführbaren Versorgungsleistungen gegenüber Berechtigten mit überführbaren Ansprüchen zu verhindern. Sodann folgen auch in EV Nr 9 Buchst e Satz 3 organisatorische und finanzielle Regelungen. Insbesondere sind die in EV Nr 9 Buchst e erfaßten Versorgungsregelungen, also auch diejenigen über Dienstbeschädigungsrenten, der sog Zahlbetragsgarantie in EV Nr 9 Buchst b Satz 4 und 5 nicht unterstellt worden.

6. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat der EV die von Sonderversorgungssystemen erfaßten Dienstunfälle und die von der allgemeinen Sozialversicherung erfaßten Arbeitsunfälle (oder Berufskrankheiten ≪BKen≫) nicht gleich behandelt und auch nicht geboten, sie künftig im Bundesrecht im wesentlichen gleich auszugestalten:

a) In EV Nr 9 ist ua – wie ausgeführt – für Dienstbeschädigungsrenten grundsätzlich deren Abschaffung bestimmt worden. Hinsichtlich der Bestandsrentner (iS von EV Nr 9 Buchst e Satz 2) ist die Weitergewährung der Dienstbeschädigungsrenten nur bis zu dem Zeitpunkt vorübergehend zugestanden worden, in dem die überführbaren Rentenansprüche (Buchst b) in die RV überführt werden. Sodann soll auch für die DBTR die sog Systementscheidung (vgl dazu das og Urteil des Senats vom 27. Januar 1993) gelten, dh daß Rentenansprüche aus Sonderversorgungssystemen grundsätzlich nur in eine einzige Rentenleistung (soweit möglich: aus der RV) einmünden sollen. Deswegen soll nach EV Nr 9 die Rechtsstellung auch derjenigen Sonderversorgungsberechtigten, die als Bestandsrentner in die RV nicht überführbare Ansprüche (siehe oben) haben, denjenigen mit überführten Ansprüchen nach Art, Grund und Umfang angepaßt werden. Die og Grundentscheidungen des AAÜG fügen sich also nahtlos und vollständig in das Normprogramm von EV Nr 9 ein.

b) Demgegenüber sind Arbeitsunfälle und BKen, die außerhalb des von Sonderversorgungssystemen erfaßten Staatsdienstes der ehemaligen DDR erlitten worden sind, nach den gestuften Überleitungsregelungen von Art 8 EV iVm Anlage I und Art 9 Abs 2 und 4 EV iVm Anlage II, jeweils Kapitel VIII Sachgebiet I: Gesetzliche Unfallversicherung beginnend ab 1. Januar 1991 mit Vollendung am 1. Januar 1992 in die allgemeine gesetzliche Unfallversicherung übergeleitet worden.

Die Meinung der Klägerin wird auch nicht durch EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet I Nr 4 gestützt. Dort ist für die Übergangszeit bis zum 1. Januar 1992 die Fortgeltung ua von § 220 des Arbeitsgesetzbuches der DDR vom 16. Juni 1977 (≪AGB≫ GBl I Nr 18 S 185) angeordnet worden. Zwar gelten nach § 220 Abs 4 AGB die durch Ausübung des Dienstes in den Bereichen des Ministeriums des Innern, des Ministeriums für Abrüstung und Verteidigung und der Zollverwaltung erlittenen Körper- und Gesundheitsschäden als Folgen eines Arbeitsunfalles bzw einer BK. Wie sich aber aus dem Anwendungsbereich der og Regelung des EV ergibt, soll § 220 AGB für die Übergangszeit vom 3. Oktober 1990 bis zum 1. Januar 1992, dem Inkrafttreten der §§ 548 ff der Reichsversicherungsordnung (RVO), den Begriff des Arbeitsunfalls umschreiben. Ihr kommt im Rahmen des EV also lediglich Bedeutung für diese Übergangszeit zu, in der Dienstbeschädigungen iS der VersO nicht mehr eintreten konnten und die in § 220 Abs 4 AGB genannten Institutionen im übrigen ohnehin nicht mehr existierten. Für die bis zum 3. Oktober 1990 eingetretenen Dienstunfälle der Sonderversorgungsberechtigten scheidet also die Anwendung des § 220 AGB aus. Für sie gilt als spezielle Regelung EV Nr 9 Buchst e.

c) Entgegen dem klägerischen Vorbringen hat also der EV die in dienstunfallrechtlichen Regelungen der Sonderversorgungssysteme erfaßten Sachverhalte völlig anders als die Arbeitsunfälle und BKen im allgemeinen Erwerbsleben behandelt. Deswegen hat der Bundesgesetzgeber im RÜG, als dessen Art 3 das AAÜG ergangen ist, in § 1150 Abs 2 RVO bestimmt, daß nur solche „Unfälle und Krankheiten, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren, als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten iS des Dritten Buches der RVO gelten”. Die Dienstbeschädigungen der Sonderversorgungsberechtigten waren aber keine Arbeitsunfälle oder BKen „der Sozialversicherung”. Die Annahme der Klägerin, es gebe aus dem EV selbst ein Gebot, die Sonderversorgungsleistungen aufgrund von Dienstbeschädigungen mit Unfallrenten infolge von Arbeitsunfällen und BKen in der allgemeinen Sozialversicherung gleichzubehandeln, trifft also nicht zu.

7. Vor diesem Hintergrund kann der Senat sich weiterhin nicht davon überzeugen, es gebe ein iS von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG inhaltsbestimmendes Bundesgesetz, das die Ansprüche und Anwartschaften auf Dienstbeschädigungsrenten als Eigentum iS der Institutsgarantie dieser Vorschrift qualifiziert und als grundrechtlich geschütztes Individualeigentum ausgestaltet. Es gibt keine derartige Norm des einfachgesetzlichen Bundesrechts.

a) Soweit die Klägerin im Blick hierauf rügt, die Eigentumsqualität iS von Art 14 Abs 1 GG ergebe sich aus fortgeltendem Recht der ehemaligen DDR, trifft dies nicht zu. Das BSG darf als ein oberster Gerichtshof des Bundes das Urteil des LSG nur daraufhin überprüfen, ob Bundesrecht (iS von § 162 SGG) verletzt worden ist (vgl og Urteil des Senats vom 27. Januar 1993). Es gibt jedoch keine Norm des einfachen Bundesrechts, welche die Anwendung von Recht der ehemaligen DDR als inhaltsbestimmendes Bundesrecht vorschreibt (vgl Urteil des Senats vom 25. Januar 1994 – 4 RA 20/92, in SozR 1300 § 44 Nr 8 ≪Rentennachzahlung vor Juli 1990≫):

Recht der früheren DDR gilt nur weiter, soweit dies im EV angeordnet worden ist. Dort ist aber bestimmt worden, daß „mit dem Wirksamwerden des Beitritts Bundesrecht in dem in Art 3 genannten Gebiet in Kraft tritt”, soweit es nicht partielles Bundesrecht ist und durch diesen Vertrag, insbesondere dessen Anlage I, nichts anderes bestimmt wird. Nur wenn und soweit im EV die Geltung oder Anwendung von – originärem – Bundesrecht hintangehalten worden ist, besteht überhaupt Raum für eine Fortgeltung von Recht der ehemaligen DDR als Bundesrecht. Dieses kann zwar nach Maßgabe von Art 9 Abs 1 Satz 1 oder 2 EV als Landesrecht fortgelten, bis die am 3. Oktober 1990 in den Bund eingetretenen Bundesländer im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenz etwas anderes bestimmen (Satz 1 aaO) oder bis der Bund das in seinen Kompetenzbereich fallende Recht der ehemaligen DDR, das als Landesrecht fortgilt, verdrängend regelt.

Als Bundesrecht hingegen gilt Recht der ehemaligen DDR grundsätzlich nur nach Art 9 Abs 2 und Abs 4 iVm Anlage II weiter, soweit es nicht von nach Anlage I gültigem Bundesrecht oder nach Maßgabe spezieller Regelungen im EV verdrängt ist. Die Frage, ob und mit welchen Maßgaben die Regelungen der Sonderversorgungssysteme fortgelten, ist jedoch ausschließlich in EV Nr 9 im dargelegten Sinne geregelt worden. Dort findet sich jedoch – wie ausgeführt -kein inhaltsbestimmendes Gesetz iS von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG (abgesehen von der hier nicht anwendbaren sog Zahlbetragsgarantie, dazu Vorlagebeschluß des Senats vom 30. März 1994 – 4 RA 33/92, veröffentlicht in NJ 1994, 484). Schon deshalb ist nicht zu erörtern, ob und ggf in welchem Sinne die Regelungen der bislang niemals amtlich veröffentlichten VersO die Qualität von gültigem Bundesrecht erlangt haben können (vgl dazu Beschluß des Senats vom 24. August 1994 – 4 BS 4/93, zur Veröffentlichung in SozR 3 vorgesehen ≪betriebsbezogene Zuwendung an Ballettänzer≫).

b) Unzutreffend ist auch die Behauptung, daß Sonderversorgungsberechtigte nach der vom Senat vorgenommenen Auslegung keinen Krankenversicherungsschutz hätten. Insoweit greift nämlich EV Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet G Abschnitt II Nr 1 ein. Danach gilt grundsätzlich das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ab 1. Januar 1991 einschließlich des § 309 Abs 2 SGB V; ferner sind bis zum 31. Dezember 1990 die bisherigen Regelungen anzuwenden (§ 308 Abs 1 SGB V). Da die Bezieher von Sonderversorgungsrenten nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Staatsdienst aufgrund der versicherungsrechtlichen Regelungen der Sonderversorgungsordnungen iVm § 8 der Verordnung zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten (SVO) vom 17. November 1977 (BGBl I Nr 35 S 373, mit späteren Änderungen) beitragsfreien Versicherungsschutz im Blick auf die Sachleistungen nach der SVO hatten, konnten sie diese bis Ende 1990 weiterhin in Anspruch nehmen. Ab 1. Januar 1991 sind sie kraft Gesetzes freiwillige und beitragspflichtige Mitglieder der für sie zuständigen Krankenkasse, solange sie ihren Austritt nicht erklären (näher dazu Urteil des Senats vom 31. August 1994 – 4 RA 19/93, zur Veröffentlichung in SozR 3 vorgesehen).

c) Im übrigen erkennt die Klägerin in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (og Beschluß vom 24. August 1994), daß aus der Überschrift von EV Anlage II Kapitel VIII „Sachgebiet H: Gesetzliche Rentenversicherung” nichts für oder gegen die Fortgeltung der Vorschriften über Dienstbeschädigungsrenten herzuleiten ist. Denn in diesem Sachgebiet sind, aus bundesrechtlicher Sicht, arbeits-, dienst-, entschädigungs-, rentenversicherungs- und versorgungsrechtliche Rentenregelungen der ehemaligen DDR zusammengefaßt worden, die iS von Art 9 Abs 4 EV als Bundesrecht zu qualifizieren sind; nur für einen Teil von ihnen kommt jedoch eine Überführung in die gesetzliche RV iS des SGB VI in Betracht.

Nach alledem findet die Kritik der Klägerin an der Rechtsprechung des Senats im einfachgesetzlichen Bundesrecht keine Stütze.

8. Bei dieser Rechtslage konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, daß der Bundesgesetzgeber aus der Institutsgarantie des Eigentums iS von Art 14 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 GG verpflichtet war, den Dienstbeschädigungsrentnern zumindest einen Teil ihrer Dienstunfallentschädigung dauerhaft zu belassen.

a) Zwar standen die deutschen Staatsbürger, die bis zum 3. Oktober 1990 (zugleich auch) Bürger der früheren DDR sein mußten, dem Bundesgesetzgeber schon immer als Grundrechtsträger gegenüber (Art 1 Abs 3 GG). Sie haben am 3. Oktober 1990 nicht „den Status des Bürgers der BRD erworben”, sondern waren immer schon Staatsbürger des früher unter dem Namen „Deutsches Reich” auftretenden Völkerrechtssubjekts, mit dem die Bundesrepublik Deutschland durchgängig identisch und nur bezogen auf das deutsche Staatsgebiet teilidentisch war (BVerfGE 36, 1 ff; BVerfGE 77, 137 ff). Jedoch wurde den deutschen Staatsbürgern im Beitrittsgebiet bis zur Demokratisierung der DDR gewaltsam die Möglichkeit vorenthalten, ihre Grundrechte in Deutschland geltend zu machen. Dies war ihnen im Vollsinne erst ab 3. Oktober 1990 möglich. Schon deshalb ist der Einwand der Klägerin zurückzuweisen, es entspreche der derzeit herrschenden Ansicht und der Rechtsprechung des BSG, die Bürger der DDR hätten grundrechtslos den Status eines Bürgers der Bundesrepublik Deutschland erworben oder seien an diesem Tage Grundrechtsträger ausschließlich nach Maßgabe hinreichend konkreter inhaltlicher Regelungen des EV geworden. Vielmehr war der parlamentarische Bundesgesetzgeber auch bei der Ausgestaltung des EV gegenüber den deutschen Staatsbürgern im Beitrittsgebiet gehalten, deren Rechte und Pflichten ab dem 3. Oktober 1990 verfassungs- und damit grundrechtsgemäß auszugestalten (vgl og Vorlagebeschluß des Senats vom 30. März 1994).

b) Die Institutsgarantie des Eigentums iS von Art 14 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 GG verpflichtet aber den Bundesgesetzgeber gerade angesichts der außerordentlichen Probleme aufgrund des Staatsbankrotts der DDR nicht dazu, die den Sonderversorgungsberechtigten in der ehemaligen DDR früher gezahlten Renten nach Art und Höhe zu übernehmen (vgl Urteil des Senats vom 31. August 1994 – 4 RA 25/93; zur Veröffentlichung vorgesehen ≪Übergangsrente≫). Er war vielmehr berechtigt, unter Beachtung der finanziellen Möglichkeiten und der von ihm zur Förderung der Herstellung der inneren Einheit gesetzten Prioritäten den sozialen Schutz der Bestandsrentner zunächst so auszugestalten, daß er für alle zumindest eine Rentenleistung sicherte, die nach der Art ihrer Ausgestaltung typischerweise, dh bei einem den allgemeinen Regeln entsprechenden Arbeitsleben, zur angemessenen Sicherung der Existenz ausreicht. Dies ist für J. durch die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen RV geschehen. Damit hat er erstmals iS von Art 14 GG Eigentum an einer sozialrechtlichen Rechtsposition erlangt. Auch deshalb ist nicht zu erörtern, ob sein Anspruch auf DBTR nach Art 2 des Verfassungsgrundsätzegesetzes der ehemaligen DDR vom 17. Juni 1990 (GBl I S 299) Eigentumsschutz in dem Sinne genossen hätte, daß die demokratisierte DDR ihn nicht auf eine einzige Volleistung aus der RV (oder aus dem Versorgungssystem) hätte verweisen dürfen.

c) Aber sogar dann, wenn J. seit Juni 1990 gegenüber der damaligen DDR nach Art 2 des Verfassungsgrundsätzegesetzes „Privateigentum … wird gewährleistet”) einen iS der Unentziehbarkeit eigentumsgeschützen Anspruch auf Weitergewährung der DBTR gehabt hätte, wäre dieser mit dem Ende der DDR untergegangen, soweit Bundesrecht anderes nicht bestimmt. Denn die Bundesrepublik Deutschland ist nicht Rechtsnachfolger der ehemaligen DDR. Dem Vorbringen der Klägerin ist nicht beizupflichten, die „Einigung” habe zu einem „Gesamtstaat” geführt, auf den die DDR im Wege einer völkerrechtlichen Vereinbarung nicht habe das Recht übertragen können, eigentumsgeschützte Rechte zu entziehen, die sie nach ihren Verfassungsgrundsätzen angeblich nicht habe beeinträchtigen dürfen. Die demokratisierte DDR hat hingegen mit der Bundesrepublik Deutschland keinen völkerrechtlichen Staatenfusionsvertrag geschlossen. Sie hat vielmehr den einheitssozialistischen Sezessionsversuch abgebrochen und ihren Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland gemäß Art 23 GG aF erklärt (Art 1 Abs 1 EV). Mit dem Wirksamwerden des Beitritts der ehemaligen DDR ist diese als staatliches Gebilde erloschen. Im selben Zeitpunkt ist das GG für die Bundesrepublik Deutschland in den am 3. Oktober 1990 zu Bundesländern gewordenen Ländern im Beitrittsgebiet in Kraft getreten (Art 3 EV). Der Beitritt iS von Art 23 Satz 2 GG aF war die freiwillige Erklärung des Beitrittswilligen, sich dem GG für die Bundesrepublik Deutschland zu unterstellen. Diese durfte (und hat) sich auch im EV nicht in eine rechtliche Abhängigkeit von der ehemaligen DDR begeben, nach der sie rechtlich nicht mehr allein, sondern nur noch im Einverständnis mit der ehemaligen DDR die Aufnahme hätte verwirklichen können (BVerfGE 36, 1, 28 f). Diese Rechtslage war der Regierung der ehemaligen DDR bekannt. Die demokratisierte DDR hat somit keine Hoheitsbefugnisse oder Pflichten auf die Bundesrepublik Deutschland übertragen, sondern den von den früheren SED-Machthabern rechtswidrig – weil dem Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes widersprechenden -erhobenen Anspruch auf Gebiets- und Personalhoheit fallengelassen, Gebiet und Bevölkerung in die Bundesrepublik Deutschland wieder eingegliedert, sich selbst dabei aufgelöst und so die staatliche Einheit Deutschlands hergestellt (vgl die Präambel des Verfassungsgrundsätzegesetzes und Präambel des EV).

Der parlamentarische Bundesgesetzgeber hat also nicht gegen die behauptete völkerrechtliche und rechtsstaatliche Kompetenzsperre verstoßen.

9. J. hat im Zeitpunkt der Entziehung der DBTR im Blick hierauf keine verfassungsrechtlich gestützte Rechtsposition zugestanden, noch ist ihm ein durch einfaches Bundesrecht gewährleisteter Anspruch in verfassungswidriger Weise entzogen worden (s auch hierzu das og Urteil vom 10. Mai 1994 – 4 RA 49/93). Trotz der vom Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung beschriebenen Bedenken gegen die Vereinbarkeit der völligen Abschaffung einer eigenständigen Dienstunfallentschädigung für sonderversorgungsberechtigte Bestandsrentner aus dem engeren Staatsdienst der DDR mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist er weiterhin nicht in dem von Art 100 Abs 1 GG vorausgesetzten Maße davon überzeugt, daß der parlamentarische Bundesgesetzgeber das GG verletzt hat.

Nach alledem war das Urteil des LSG auf die Revision der Beklagten hinsichtlich der für den Monat August 1991 zuerkannten DBTR abzuändern und die Berufung des Rechtsvorgängers der Klägerin in vollem Umfang zurückzuweisen; die Revision der Klägerin war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1173783

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