Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertungsausschuß. erweiterter Bewertungsausschuß. Punktwert. Punktwertabsenkung. Kieferorthopädie. Abrechnungsstreit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Neubewertung kieferorthopädischer Leistungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen zum 1.1.1986 war rechtmäßig (Fortführung von BSGE 71, 42 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 4).

 

Normenkette

RVO §§ 368g, 368i; SGB V § 87; KVEG Art. 5 Nr. 5; GG Art. 12 Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG Hamburg (Urteil vom 15.02.1995; Aktenzeichen 3 Ka 72/92)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Februar 1995 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat der Beklagten die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der als Fachzahnarzt für Kieferorthopädie niedergelassene und zur kassenzahnärztlichen Versorgung zugelassene Kläger wandte sich mit seinen Widersprüchen gegen die Honorarbescheide der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) für die kieferorthopädischen Leistungen in den Quartalen I/86 bis I/87 und machte geltend, die Absenkung der Bewertungszahlen für diese Leistungen durch die Neufassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen (EBM-Z) zum 1. Januar 1986 sei unwirksam. Das Klageverfahren hat bis zum Ablauf des bei dem Bundessozialgericht (BSG) anhängigen Verfahrens 14a/6 RKa 1/90 geruht, in dem ein Kieferorthopäde die Neustrukturierung der Bewertung kieferorthopädischer Leistungen zum 1. Januar 1986 unmittelbar mit der Klage gegen den Bewertungsausschuß angegriffen hatte. Nachdem das BSG am 1. Juli 1992 entschieden hatte, ein Zahnarzt könne die Unwirksamkeit von Änderungen des EBM-Z nicht durch Klage unmittelbar gegen den Bewertungsausschuß geltend machen (BSGE 71, 42 ff = SozR 3-2500 § 87 Nr. 4), hat der Kläger das Verfahren wieder aufgenommen. Zwischen den Beteiligten ist allein umstritten, ob die zum 1. Januar 1986 in Kraft getretene Absenkung der Bewertungszahlen für bestimmte kieferorthopädische Leistungen rechtmäßig ist und ob die Absenkung auch für Behandlungsfälle gilt, die bereits im Jahre 1985 aufgrund entsprechender Bewilligungen der Krankenkassen begonnen worden sind. Die Beklagte bejahte beide Fragen in einem neuen Widerspruchsbescheid vom 6. September 1993, der nunmehr die Honorarbescheide für die Quartale I/86 bis I/87 erfaßte.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen und die formellen und materiellen Bedenken des Klägers gegen die Wirksamkeit der Änderungen des EBM-Z durch den Beschluß des erweiterten Bewertungsausschusses vom 11. September 1985 nicht für durchgreifend erachtet. Auch die diesen Beschluß ausführende Umsetzungsvereinbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) zur Regelung der Honorierung von Behandlungsfällen, die vor der Neufassung des EBM-Z begonnen und nach ihrem Inkrafttreten weitergeführt worden sind, hat es für rechtmäßig gehalten (Urteil vom 15. Februar 1995).

Mit seiner vom SG zugelassenen Sprungrevision erhebt der Kläger formelle und materielle Rügen gegen die Neufassung des EBM-Z. In erster Linie beanstandet er das Verfahren der Beschlußfassung des Bewertungsausschusses. Entgegen der gesetzlichen Regelung habe der „einfache” Bewertungsausschuß nach § 368i Abs. 8 Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht verhandelt und sich nicht um eine Einigung bemüht. Unmittelbar nach der Feststellung in der Sitzung dieses Gremiums vom März 1985, wonach eine einvernehmliche Regelung nicht erzielbar sei, sei der erweiterte Bewertungsausschuß angerufen worden, nachdem der unparteiische Vorsitzende dieses Ausschusses schon an der Sitzung des „einfachen” Bewertungsausschusses beratend teilgenommen habe. Das Beratungs- und Entscheidungsverfahren sei entgegen der gesetzlichen Konzeption vollständig auf den erweiterten Bewertungsausschuß übergegangen, der seinerseits eine Arbeitsgruppe eingesetzt habe, was nach § 10 der Geschäftsordnung nicht ihm, sondern allenfalls dem einfachen Bewertungsausschuß gestattet sei. Durch diese Verfahrensgestaltung sei er – der Kläger – beschwert, weil er als Kieferorthopäde zu einer Minderheit innerhalb der Zahnärzteschaft gehöre, so daß stets die Gefahr bestehe, daß sich die Zahnärzte mit den Krankenkassen zu Lasten der Kieferorthopäden auf eine für diese Berufsgruppe ungünstige Vergütungsregelung einigten.

Unklar sei, wann der Bewertungsausschuß um die unparteiischen Mitglieder erweitert worden sei und wer diese zu welchem Zeitpunkt bestellt habe. Richtigerweise hätten die Mitglieder ad hoc bestellt werden müssen und es sei nicht statthaft, auf zu einem früheren Zeitpunkt bestellte Mitglieder zurückzugreifen. Weiterhin sei zu beanstanden, daß an der entscheidenden Sitzung des erweiterten Bewertungsausschusses vom 11. September 1985 neben den unparteiischen Mitgliedern, den Vertretern der beiden Seiten und deren Stellvertretern auf seiten der Krankenkassen und der Kassenzahnärzte jeweils eine weitere, als „Sachverständige” bezeichnete Person teilgenommen habe. Die Unwirksamkeit des Änderungsbeschlusses ergebe sich auch daraus, daß sich der Niederschrift der Sitzung nicht entnehmen lasse, welcher Text des EBM-Z beschlossen worden sei. In der Niederschrift werde auf eine Beschlußvorlage Bezug genommen, die von keinem der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren habe übersandt werden können, so daß zu vermuten sei, daß es sie auch nicht gebe. Ohne diese Arbeitsunterlage, die den Mitgliedern des Bewertungsausschusses möglicherweise im August 1985 zugeleitet worden sei, seien weder die Änderungsanträge, über die in der Sitzung vom 11. September 1985 verhandelt worden sei, noch der letzlich festgestellte Beschlußtext verständlich. Bedenken bestünden schließlich gegen die Rechtmäßigkeit der Übergangsvereinbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der KZBV vom 13. November 1985, weil darin Regelungen über die Honorarhöhe in bestimmten Behandlungsfällen getroffen worden seien, die nicht durch Vereinbarung der Spitzenverbände, sondern nur durch den Bewertungsausschuß selbst hätten vorgenommen werden dürfen.

In materiell-rechtlicher Hinsicht sei die Punktwertabsenkung für die wichtigsten kieferorthopädischen Leistungen nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber des Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetzes (KVEG) sowie der Bewertungsausschuß hätten sich von der zahnmedizinisch falschen Auffassung leiten lassen, kieferorthopädische Maßnahmen gehörten wie prothetische Leistungen zu den zahnärztlichen Maßnahmen, die bereits eingetretene Schäden ausgleichen sollten. In Wirklichkeit sei die Kieferorthopädie Teil der Zahnerhaltung und damit der Prophylaxe, die nach der übereinstimmenden Auffassung aller Beteiligten gerade besonders gefördert werden sollte. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Punktwertabsenkung für die betroffenen Kieferorthopäden seien gravierend, weil diese ausschließlich die von der Absenkung betroffenen Leistungen erbrächten und keine Möglichkeit hätten, auf andere, ab dem 1. Januar 1986 besser bewertete konservierend-chirurgische Leistungen auszuweichen. Besonders hart sei er – der Kläger – durch die Absenkung des Vergütungsniveaus für die Multibandbehandlung (Nr. 126/127 Bema) um 15 % betroffen, weil diese Behandlung 30 % seines Leistungsumfangs ausmache. Die Regelung in Art. 5 Nr. 5 KVEG sei als Ermächtigungsgrundlage für derart gravierende Eingriffe in das kassenzahnärztliche Vergütungssystem viel zu unbestimmt. Im übrigen sei die Neufassung des EBM-Z mit seinen Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unvereinbar, wie sich insbesondere aus dem im Klageverfahren vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. F. aus dem Jahre 1987 ergebe.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Februar 1995 die Beklagte unter Abänderung der ihm für die Quartale I/86 bis I/87 erteilten Vierteljahresabrechnungen in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 24. Januar 1989 und 6. September 1993 zu verurteilen, ihm für diese Quartale ein höheres Honorar dadurch zu gewähren, daß die von ihm abgerechneten Leistungen nach den Gebührensätzen des Bema in der Fassung vor dem 1. Januar 1986 vergütet werden.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Der Beigeladene zu 10) beantragt ebenfalls,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladenen zu 2), 6), 8), und 9) schließen sich der Auffassung der Beklagten an. Die übrigen Beigeladenen beteiligen sich nicht am Revisionsverfahren.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision ist nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, daß die angefochtenen Honorarbescheide der Beklagten rechtmäßig sind. Zu Recht hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden den Honoraranspruch des Klägers auf der Grundlage des zum 1. Januar 1986 neugefaßten EBM-Z und der darauf beruhenden Vertragsgebührenordnung (Bema) sowie der dazu ergangenen Übergangsvereinbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der KZBV vom 13. November 1985 berechnet. Die Neubewertung der kieferorthopädischen Leitungen durch den Beschluß des zu 13) beigeladenen erweiterten Bewertungsausschusses vom 11. September 1985 ist verfahrensmäßig korrekt erfolgt und auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

Das Verfahren des Bewertungsausschusses, das zu dem vom Kläger beanstandeten Beschluß vom 11. September 1985 geführt hat, steht mit den gesetzlichen Vorschriften im Einklang. Prüfungsmaßstab ist insoweit noch § 368i Abs. 8 bis 10 RVO in der bis zum 31. Dezember 1988 gültig gewesenen Fassung, weil die Gesetzeskonformität des zur Entscheidungsfindung führenden Verfahrens nur nach Maßgabe der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden gesetzlichen Vorschriften beurteilt werden kann. § 368i Abs. 8 RVO hat – ähnlich wie heute § 87 Abs. 3 SGB V – bestimmt, daß die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und die Bundesverbände der Krankenkassen je einen Bewertungsausschuß für die ärztlichen und für die zahnärztlichen Leistungen bilden, der aus sieben von der Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigung bestellten Vertretern sowie je einem von den Bundesverbänden der Krankenkassen bestellten Vertreter besteht, dessen Vorsitz abwechselnd ein Vertreter der Ärzte und ein Vertreter der Krankenkassen führt und der sich eine Geschäftsordnung zu geben hat. In § 368i Abs. 9 RVO (heute § 87 Abs. 4 SGB V) war geregelt, daß dann, wenn im Bewertungsausschuß durch übereinstimmenden Beschluß aller Mitglieder eine Vereinbarung über den Bewertungsmaßstab ganz oder teilweise nicht zustandekommt, der Bewertungsausschuß auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und vier weitere unparteiische Mitglieder erweitert wird. Nach § 368i Abs. 10 RVO setzt der erweiterte Bewertungsausschuß mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Vereinbarung fest, die die Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung iS des § 368g Abs. 2 und 3 RVO hat (heute § 87 Abs. 5 SGB V).

Bei dem in § 368i Abs. 8 RVO angesprochenen „einfachen” Bewertungsausschuß und dem sog „erweiterten” Bewertungsausschuß nach § 368i Abs. 9 RVO handelt es sich um einen einheitlichen Ausschuß, der seine Entscheidungen lediglich in verschiedener Zusammensetzung und nach unterschiedlichen Regeln (Einstimmigkeitsprinzip, Mehrheitsentscheidung) fällt. Die Vorschriften über den Erlaß des Bewertungsmaßstabs durch den Bewertungsausschuß, hilfsweise durch den erweiterten Bewertungsausschuß beschreiben danach schon hinsichtlich des äußeren Ablaufs ein einheitliches Normsetzungsverfahren, und der vom erweiterten Bewertungsausschuß mit Mehrheit beschlossene EBM-Z hat dieselbe Rechtsnatur wie der einstimmig vereinbarte EBM-Z (BSGE 72, 42, 49 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 4 S 17). Handelt es sich aber bei dem „einfachen” und dem „erweiterten” Bewertungsausschuß im rechtlichen Sinne um dasselbe Gremium und ist die rechtliche Beurteilung der vom Bewertungsausschuß getroffenen Entscheidungen unabhängig davon, ob sie einstimmig nach § 368i Abs. 8 RVO oder nach der Mehrheitsregel gemäß § 368i Abs. 10 Satz 1 RVO getroffen worden sind, ist der Annahme des Klägers, seine Rechte könnten dadurch verletzt sein, daß 1985 anstelle des vorrangig zuständigen einfachen Bewertungsausschusses in erster Linie der erweiterte Bewertungsausschuß verhandelt und schließlich entschieden habe, weitgehend die Grundlage entzogen

Die vom Bewertungsausschuß eingeschlagene Verfahrensweise genügt den Anforderungen des Gesetzes, denn am 13. März 1985 ist zunächst der Bewertungsausschuß in der Zusammensetzung nach § 368i Abs. 8 RVO zusammengetreten. Er hat dann im Hinblick auf die fundamental gegenläufigen Ansichten und Interessen der Krankenkassen und der KZBV (vgl Altheide, Krankenversicherung 1985, S 266 ff sowie Ohlrogge, Die Ortskrankenkasse 1986, S 267 ff) festgestellt, daß eine einstimmige Meinungsbildung hinsichtlich der Neubewertung von zahntechnischen und kieferorthopädischen Leistungen nicht erreichbar sein würde. Das Gesetz schreibt nicht vor, wie lange im „einfachen” Bewertungsausschuß verhandelt und beraten werden muß, bis die Feststellung iS von § 368i Abs. 9 Satz 1 RVO getroffen werden kann, wonach durch übereinstimmenden Beschluß eine Vereinbarung ganz oder teilweise nicht zustande kommt. Gerade wenn auf der Grundlage von Besprechungen im Vorfeld einer Sitzung des Bewertungsausschusses deutlich wird, daß ein Konsens nicht erreichbar sein wird, ist es nicht nur rechtlich zulässig, sondern sachgerecht, so zügig wie möglich das Verfahren nach § 368i Abs. 9 und 10 RVO in Gang zu bringen und nicht Beratungen in einem Gremium fortzusetzen, von dem alle Beteiligten wissen, daß es eine nur einstimmig mögliche Beschlußfassung nicht wird herbeiführen können. Da das Gesetz den um unparteiische Mitglieder und einen unparteiischen Vorsitzenden erweiterten Bewertungsausschuß als Konfliktlösungsgremium im Falle einer fehlenden Einigungsfähigkeit zwischen den Vertretern der Krankenkassen und der Kassenzahnärzte vorgesehen hat, bestehen keine Bedenken dagegen, das Beratungs- und Entscheidungsverfahren bei zunächst unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Seiten weitgehend auf den erweiterten Bewertungsausschuß zu übertragen.

Machen die Vertreter beider Seiten von dieser Möglichkeit Gebrauch, ist es nicht gesetzwidrig, wenn der erweiterte Bewertungsausschuß auf der Grundlage von § 10 der Geschäftsordnung des Bewertungsausschusses (abgedruckt in Heinemann/Liebold, Kassenarztrecht, 5. Aufl, RdNr. F 34 ff) einen Arbeitsausschuß aus den Kreisen der Mitglieder, der Stellvertreter und der sachverständige Berater einsetzt, der die Entscheidungsfindung für das Plenum des erweiterten Bewertungsausschusses vorzubereiten hat. Dieser Vorschrift, die die Einsetzung von Arbeitsausschüssen regelt, ist nicht zu entnehmen, daß dem erweiterten Bewertungsausschuß verwehrt sein könnte, seine Entscheidungen durch einen sachkundig besetzten und im Hinblick auf seine Größe hinreichend arbeitsfähigen Arbeitsausschuß vorbereiten zu lassen. Sofern mit einer einheitlichen Willensbildung auf Seiten der Krankenkassen und der Kassenzahnärzte bei Bewertungsentscheidungen jedenfalls hinsichtlich aller Streitfragen nicht gerechnet werden kann, ist es sinnvoll, wenn ein Ausschuß den Streitstoff ordnet, ihn nach konsensfähigen und nicht konsensfähigen Punkten strukturiert und für die voraussichtlich nicht einstimmig zu klärenden Fragen abstimmungsfähige Alternativen vorbereitet. Inwieweit der Kläger durch eine solche Vorgehensweise beschwert sein könnte, ist nicht ersichtlich.

Nicht gefolgt werden kann weiterhin der Rüge, zumindest die unparteiischen Mitglieder sowie der unparteiische Vorsitzende nach § 368i Abs. 9 Satz 2 RVO hätten nach dem Scheitern der Beratung im einfachen Bewertungsausschuß im Frühjahr 1985 neu bestellt werden müssen: es sei daher nicht statthaft gewesen, auf länger zurückliegende Berufungs- oder Bestellungsakte Bezug zu nehmen. Für diese Rechtsauffassung findet sich im Gesetz keine Grundlage. Vielmehr ist – im Gegensatz etwa zu den Zulassungsgremien, den Schiedsämtern und den Bundes- und Landesausschüssen – für die normale Mitgliedschaft in den Bewertungsausschüssen eine bestimmte Amtsdauer gerade nicht vorgesehen (Heinemann/Liebold, a.a.O., § 87 SGB V, RdNr. C 87–52; aA Schellen, Die Bewertungsausschüsse der Ärzte, Zahnärzte und Krankenkassen nach dem KVEG, Jur Diss, 1982, S 253 f). Das ergibt sich zunächst schon aus Stellung und Funktion der Mitglieder des Bewertungsausschusses: Die Krankenkassenverbände und die Kassen(zahn)ärztliche Bundesvereinigung können nämlich jederzeit die bestellten Vertreter und deren Stellvertreter abberufen und austauschen. Diese sind – anders als etwa die Mitglieder in den Schiedsämtern – keine weisungsfreien Repräsentanten (vgl Senatsurteil SozR 3-2200 § 368g Nr. 2 S 4). Das steht im Einklang mit dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen, wonach „die Vertragspartner durch Bewertungsausschüsse einen einheitlichen Bewertungsmaßstab” vereinbaren (§ 368g Abs. 4 Satz 1 RVO = § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Bei den Bewertungsausschüssen handelt es sich im Unterschied zu den Bundes- und Landesausschüssen sowie zu den Schiedsämtern lediglich um Vertragsausschüsse der Spitzenverbände der Krankenkassen und der KZBV. Das kommt in der Praxis auch dadurch zum Ausdruck, daß die leitenden Funktionsträger beider Seiten regelmäßig, so auch im Jahr 1985, Mitglieder im Bewertungsausschuß sind. Dieses Ergebnis wird weiterhin durch die gesetzliche Regelung über die Amtsdauer desjenigen unparteiischen Vorsitzenden des erweiterten Bewertungsausschusses gestützt, der nicht einvernehmlich bestellt worden ist. § 368i Abs. 9 Satz 2 RVO verweist insoweit auf § 368i Abs. 2 Sätze 2 bis 5 RVO. Dort ist geregelt, daß für den Fall der Bestimmung des Schiedsamtsvorsitzenden durch Losentscheid seine Amtsdauer nur ein Jahr beträgt. Daraus ergibt sich im Umkehrschluß, daß keine feste Amtsdauer für den Vorsitzenden des erweiterten Bewertungsausschusses festgelegt ist, sofern dieser sein Amt nicht als Ergebnis eines Losentscheides, sondern aufgrund einer Einigung der Vertragspartner erhalten hat. Der im Jahre 1985 amtierende unparteiische Vorsitzende des erweiterten Bewertungsausschusses, Ministerialdirigent R., ist 1978 von der KZBV und den Bundesverbänden der Krankenkassen übereinstimmend als Vorsitzender benannt worden und war deshalb 1985 zur Ausübung des Amtes als Vorsitzender berufen, ohne daß es eines erneuten Bestellungsaktes bedurft hätte. Aus der erwähnten Vorschrift des § 368i Abs. 2 RVO ist zugleich abzuleiten, daß ohne ausdrückliche normative Regelung eine bestimmte Amtsdauer auch der übrigen Mitglieder des Bewertungsausschusses nicht vorgegeben ist.

Unzutreffend ist ferner die Auffassung des Klägers, die Beschlußfassung im Bewertungsausschuß am 11. September 1985 sei deshalb fehlerhaft erfolgt, weil auf Seiten der Krankenkassen bzw der KZBV jeweils eine Person an den Beratungen teilgenommen habe, die nicht Mitglied oder stellvertretendes Mitglied des Bewertungsausschusses gewesen ist. Nach § 1 Nr. 2 der Geschäftsordnung können die Vertreter der Zahnärzte und Krankenkassen zu den Sitzungen je bis zu drei sachverständige Berater zuziehen. In dieser Funktion haben die Herren O. und H. an der Sitzung am 11. September 1985 teilgenommen und teilnehmen dürfen, unabhängig davon, ob einer von ihnen auch als 4. Stellvertreter hätte anwesend sein dürfen.

Zu Unrecht rügt der Kläger weiterhin, aus der Niederschrift über die Sitzung vom 11. September 1985 gehe nicht hinreichend deutlich hervor, welchen Text des EBM-Z der Bewertungsausschuß tatsächlich beschlossen habe. Der Inhalt der Beschlüsse des Bewertungsausschusses ergibt sich aus der zum Bestandteil der Niederschrift gemachten Anlage, die den maßgeblichen Beschlußtext enthält. Nach § 7 der Geschäftsordnung, der über § 9 Satz 2 a.a.O. auch für das Verfahren des erweiterten Bewertungsausschusses gilt, ist über die Sitzungen des Bewertungsausschusses eine Niederschrift zu fertigen, die Tag und Ort der Verhandlung sowie die Namen und die Funktionsbezeichnungen der Teilnehmer enthalten muß. Die Niederschrift hat „ferner das Ergebnis der Beratungen festzuhalten. Beschlüsse sind im Wortlaut aufzuführen und die Niederschrift ist vom Vorsitzenden der Sitzung zu unterzeichnen”. Diesen Bestimmungen ist hier genügt, weil in der unter dem 11. September 1985 gefertigten Niederschrift vor der Unterschrift des Vorsitzenden auf die in der Anlage enthaltene endgültige Fassung des beschlossenen EBM-Z-Textes Bezug genommen wird. Damit ist hinreichend beachtet, daß Beschlüsse im Wortlaut aufzuführen sind, denn es ist sachgerecht, den beschlossenen Text im Zusammenhang im Anschluß an die Niederschrift über den Gang der Beratungen darzustellen. Die in der Niederschrift ausdrücklich in Bezug genommene Anlage unterscheidet sich hinsichtlich ihrer Beurkundungsqualität nicht vom eigentlichen Text der Niederschrift. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die in den Akten erwähnten, möglicherweise im August 1985 den Mitgliedern des Bewertungsausschusses zugesandten Beratungsunterlagen, die selbst nicht in den Akten enthalten sind, vorgelegen haben oder nicht. Das Verfahren des Bewertungsausschusses stünde selbst dann mit der Geschäftsordnung im Einklang, wenn entsprechende Beratungsunterlagen nicht vorhanden waren oder nicht mehr vorhanden sind. Nach § 7 Satz 8 der Geschäftsordnung sind Einwendungen gegen den Wortlaut von Beschlüssen nicht möglich, wenn ein Beschluß bei oder nach der Abstimmung schriftlich vorgelegen hat und ohne Widerspruch verlesen worden ist. Daraus ist zu schließen, daß auch über nur mündlich formulierte Anträge oder Entwürfe Beschluß gefaßt werden kann, daß solche Beschlüsse jedoch dann in der Niederschrift wörtlich niedergelegt und den Mitgliedern der Bewertungsausschüsse zugeleitet werden müssen. Falls dann Mitglieder widersprechen, muß über den korrekten Inhalt der Niederschrift und damit über den Inhalt der im Grunde bereits gefaßten Beschlüsse beraten und ggf entschieden werden. Die Anlage mit dem am 11. September 1985 beschlossenen Text ist den Mitgliedern zugeleitet worden, und kein Mitglied des Bewertungsausschusses hat innerhalb der in § 7 Satz 6 der Geschäftsordnung vorgesehenen Zeit ihrem Inhalt widersprochen. Damit steht verbindlich fest, daß der in der Anlage zur Niederschrift niedergelegte Text dem in der Sitzung tatsächlich beschlossenen Text entspricht,

Materiell-rechtlich ist die Neubewertung von kieferorthopädischen Leistungen; durch den Beschluß des erweiterten Bewertungsausschusses vom 11. September 1985 zum 1. Januar 1986 ebenfalls nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage dieser Entscheidung ist § 368g Abs. 4 RVO. Danach vereinbaren die Vertragspartner durch die Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen, und die Bewertungsmaßstäbe bestimmen den Inhalt der abrechnungsfähigen ärztlichen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander (vgl heute § 87 Abs. 2 SGB V). Ebenso wie die erstmalige Festsetzung stellt die Änderung der punktmäßigen Bewertung bestimmter zahnärztlicher Leistungen einen Akt der Normsetzung dar (vgl BSGE 72, 41, 45 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 4; vgl zum Rechtsnormcharakter des EBM-Z auch BSGE 66, 166, 167 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 2; BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 1 und für den ärztlichen Bereich BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 5 S 22). Der Charakter der einheitlichen Bewertungsmaßstäbe im ärztlichen wie im zahnärztlichen Bereich als vertragliche Regelungen mit normativer Wirkung und Verbindlichkeit auch gegenüber am Vertragsschluß nicht unmittelbar beteiligten Dritten (vgl BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 5 S 22) bestimmt den Umfang der gerichtlichen Kontrolle auch bezüglich der punktmäßigen Bewertung der einzelnen (zahn)ärztlichen Leistungen in den auf den einheitlichen Bewertungsmaßstäben beruhenden (zahn)ärztlichen Vertragsgebührenordnungen. Im Abrechnungsstreit haben die Gerichte zu prüfen, ob der Bewertungsausschuß den ihm für die Gestaltung des Bewertungsmaßstabs zustehenden Regelungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz mißbräuchlich ausgeübt hat (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 5 S 23 sowie Senatsurteil vom 7. Februar 1996 – 6 RKa 6/95 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Da die Bewertungsmaßstäbe ungeachtet ihrer Eigenschaft als Rechtsnorm durch ihren auf dem Ausgleich unterschiedlicher Interessen beruhenden vertraglichen Charakter geprägt sind, dürfen die Gerichte ihre eigenen Vorstellungen von einer angemessenen wertmäßigen Relation der einzelnen (zahn)ärztlichen Leistungen zueinander (vgl § 87 Abs. 2 SGB V) nicht an die Steile der zur Bewertung in erster Linie berufenen Ausschüsse setzen. Bei Anwendung dieses Prüfungsmaßstabes erweist sich die zum 1. Januar 1986 neu geregelte Bewertung der kieferorthopädischen Leistungen im EBM-Z als gesetzes- und verfassungskonform.

In Konkretisierung der in § 368g Abs. 4 Satz 3 RVO allgemein normierten Verpflichtung der Bewertungsausschüsse, die Bewertungsmaßstäbe in bestimmten Zeitabständen auch daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen dem Stand der medizinisch-technischen Entwicklung sowie dem Erfordernis der Rationalisierung und Wirtschaftlichkeit entsprechen, hatte der Gesetzgeber in Art. 5 Nr. 5 KVEG vom 22. Dezember 1981 (BGBl I, 1578) dem Bewertungsausschuß aufgegeben, im EBM-Z Überbewertungen der zahnärztlichen Leistungen bei Zahnersatz und Zahnkronen sowie Kieferorthopädie zu beseitigen und durch eine neue Bewertung Anreize für zahnerhaltende Maßnahmen zu schaffen. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die dem Bewertungsausschuß obliegende Beobachtungs- und Modifizierungsverpflichtung für einen bestimmten Leistungsbereich der kassenzahnärztlichen Tätigkeit aktualisiert und präzisiert und dem Bewertungsausschuß inhaltliche Vorgaben zur Umgestaltung des EBM-Z gemacht. Nach der Rechtsprechung des Senats sind die Bewertungsausschüsse bereits aufgrund ihrer allgemeinen Verpflichtung nach § 368g Abs. 4 Sätze 2 und 3 zur Vornahme von Änderungen bei den Bewertungen (zahn)ärztlicher Leistungen berechtigt (BSGE 73, 131, 133 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 4 S 21; BSG SozR 3-2200 § 368g Nr. 2 S 5 jeweils zum ärztlichen Bereich). Diese Berechtigung kann um so weniger in Zweifel gezogen werden, wenn der Gesetzgeber selbst einen auf einen bestimmten Leistungsbereich bezogenen ausdrücklich formulierten Umgestaltungsauftrag erteilt hat, wie dies mit Art. 5 Nr. 5 KVEG geschehen ist.

Mit dem KVEG hat der Gesetzgeber zunächst generell das Ziel verfolgt, den Ausgabenanstieg in der gesetzlichen Krankenversicherung zu begrenzen und damit ihre Finanzlage dauerhaft zu stabilisieren (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks 9/798 S 10). Die konkreten Umgestaltungsvorgaben hinsichtlich des EBM-Z sind damit begründet worden, daß im Interesse einer gesundheitspolitisch wünschenswerten Verbesserung der Zahnprophylaxe eine Überprüfung des Bewertungsmaßstabes in der in Art. 5 Nr. 5 KVEG genannten Zielrichtung erfolgen solle (BT-Drucks 9/798 S 16). Es bedarf keiner näheren Darlegung und wird auch weder vom Kläger noch in dem von ihm zu den Akten gereichten Gutachten von Prof. Dr. F. in Frage gestellt, daß damit Zielvorgaben formuliert sind, die der Gesetzgeber seinen eigenen Gestaltungsmaßnahmen und in gleicher Weise seinen Vorgaben für die Bewertungsausschüsse zugrunde legen darf. Der Bewertungsausschuß, der in Ausführung dieser legitimen gesetzgeberischen Ziele kieferorthopädische Leistungen anders – und zum Teil geringer – als zuvor bewertet hat, hat dadurch Art. 12 Abs. 1 iVm Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt (zum verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab bei Regelungen der Bewertungsausschüsse s. Senatsurteil SozR 2200 § 368g Nr. 2 S 5 mwN). Die entgegenstehende Annahme im Gutachten von Prof. Dr. F. beruht im wesentlichen auf der Einschätzung, der Gesetzgeber habe sich geirrt, als er im Gesetzgebungsverfahren zum KVEG 1981 davon ausgegangen sei, bei kieferorthopädischen Leistungen liege eine „Überbewertung” im Verhältnis zu anderen zahnärztlichen Leistungen vor. Zum Beleg für diesen vermeintlichen „Irrtum” verweist das Gutachten darauf, die kieferorthopädischen Leistungspositionen des Bema sollen erst zum 1. Januar 1981 durch den Bewertungsausschuß umgestaltet worden, wobei die Kieferorthopäden Abstriche hätten hinnehmen müssen. Das zwinge zu dem Schluß, die zum 1. Januar 1981 geänderten Punktwerte für kieferorthopädische Leistungen seien angemessen. Da im Gesetzgebungsverfahren nicht deutlich geworden sei, inwieweit zwischen Januar 1981 und Herbst 1981 Anlaß für Zweifel an der Angemessenheit der Bewertung kieferorthopädischer Leistungen entstanden sei, könne von einer „Überbewertung” der wichtigsten kieferorthopädischen Leistungen gerade nicht ausgegangen werden. Diese Schlußfolgerung trifft jedoch nicht zu und wird der gesetzgeberischen Bewertungs- und Gestaltungsfreiheit nicht hinreichend gerecht. Das vom Gutachten als Beleg herangezogene Senatsurteil vom 26. September 1984 (SozR 5535 Allg Nr. 1) nimmt zur Angemessenheit der Neubewertung der kieferorthopädischen Leistungen zum 1. Januar 1981 nicht Stellung. Der Senat hat damals lediglich festgestellt, die Bewertungen der kieferorthopädischen Leistungen nach Nrn 119 und 120 Bema seien nur geringfügig geändert worden (a.a.O. S 2 und S 4). Wie sich aus dem Urteil ergibt, hatten die Krankenkassen bereits seit 1977 auf eine Umstrukturierung der Bewertungen des Bema zu Lasten der kieferorthopädischen Leistungen gedrängt (a.a.O. S 8), und der Bewertungsausschuß ist dem zum 1. Januar 1981 nur insoweit nachgekommen, als durch das Honorar nach Nrn 119/120 Bema für 12 Quartale eine Behandlungsdauer von 16 Quartalen abgegolten sein sollte (a.a.O. S 4). Da einerseits zum 1. Januar 1981 nur geringfügige Änderungen bei der Bewertung kieferorthopädischer Leistungen erfolgt sind und andererseits der Gesetzgeber nicht gehalten ist, einen bestimmten Stand der Entwicklung der einheitlichen Bewertungsmaßstäbe aus seiner Sicht als angemessen hinzunehmen, kann verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden, daß das KVEG den Bewertungsausschuß zu einer nachhaltigen Korrektur des Bewertungsgefüges zugunsten der konservierend-chirurgischen zahnärztlichen Leistungen und zu Lasten prothetischer und kieferorthopädischer Leistungen verpflichtet hat.

Die Berechtigung des gesetzgeberischen Ziels wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß der im Gesetzestext und in der Begründung der Bundesregierung genannte Aspekt, wirtschaftliche Anreize für die Zahnerhaltung zu geben, die Absenkung der Punktwerte für kieferorthopädische Leistungen nicht unmittelbar zu legitimieren scheint. Die Gesetzesbegründung (BT-Drucks 9/798 S 16) bezieht sich primär auf die Absenkung des Vergütungsniveaus für zahnprothetische Leistungen, weil eine bessere Honorierung konservierend-chirurgischer Leistungen bei gleichzeitiger Absenkung der Vergütung für prothetische Maßnahmen für den behandelnden Zahnarzt einen Anreiz geben kann, so lange wie möglich um die Erhaltung eines geschädigten Zahnes bemüht zu bleiben. Diese Alternative zwischen konservierend-chirurgischen und prothetischen Maßnahmen besteht im Bereich der Kieferorthopädie nicht, weil ein Fachzahnarzt für Kieferorthopädie berufsrechtlich keine konservierend-chirurgischen Zahnbehandlungen durchführen darf und auch nicht erkennbar ist, welche zahnerhaltenden Maßnahmen im einzelnen Behandlungsfall an Stelle einer kieferorthopädischen Behandlung in Betracht kommen könnten. Eine gesetzliche Vorschrift wie Art. 5 Nr. 5 KVEG, die verschiedene Regelungsaufträge enthält, wird jedoch nicht deshalb verfassungswidrig, weil sich die Gesetzesbegründung nur auf einzelne Vorgaben bezieht und nicht den gesamten Regelungstatbestand abdeckt. Selbst wenn von der Absenkung des Honorars für kieferorthopädische Leistungen kein Anreiz für den behandelnden Kieferorthopäden ausgehen kann, im einzelnen Behandlungsfall vermehrt zahnerhaltende Leistungen zu erbringen, bleibt der Gesetzgeber berechtigt, das von ihm für zu hoch gehaltene Vergütungsniveau kieferorthopädischer Leistungen insgesamt zu senken, auch um für zahnerhaltende Maßnahmen ein höheres Vergütungsvolumen zur Verfügung stellen zu können. Dieses Ziel durfte der Gesetzgeber unabhängig davon verfolgen, daß die Kieferorthopäden wegen der Beschränkung auf ihr Fachgebiet keine Möglichkeit hatten, ab dem 1. Januar 1986 vermehrt die um ca 5 % besser bewerteten konservierend-chirurgischen Leistungen zu erbringen, um den durch die Absenkung bei kieferorthopädischen Leistungen eintretenden Einnahmeverlust auszugleichen. Aus Art. 12 Abs. 1 GG läßt sich nicht ableiten, daß der Gesetzgeber einer Berufsgruppe, deren Honoraransprüche eingeschränkt werden, die Möglichkeit geben muß, die damit verbundenen Einbußen durch die Chance von Einkommenszuwächsen in anderen Leistungsbereichen wieder auszugleichen. Der Gesetzgeber war nicht gehindert darauf hinzuwirken, daß Zahnärzte, die nicht oder nur am Rande kieferorthopädische Leistungen erbringen, bei unverändertem Leistungsverhalten etwas besser und Fachzahnärzte für Kieferorthopädie für die Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung etwas schlechter honoriert werden als zuvor. Die Grenzen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit bzw des Handlungsspielraums der Bewertungsausschusse sind allenfalls überschritten, wenn das objektiv-rechtliche Gebot der angemessenen Vergütung der kassen(zahn)ärztlichen Leistungen (vgl dazu Senatsurteil BSGE 75, 187 = SozR 3-2500 § 72 Nr. 5) verletzt wird. Das kann nach dem genannten Senatsurteil nur der Fall sein, wenn das Vergütungsniveau so niedrig ist, daß ein funktionierendes Versorgungssystem nicht mehr besteht, weil es für die (Zahn)ärzte keine hinreichenden Anreize mehr gibt, sich für die Zulassung zur kassen(zahn)ärztlichen Tätigkeit zu entscheiden, bzw wenn durch eine zu niedrige Vergütung die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden ärztlichen Leistungserbringer gefährdet ist. Daß diese Voraussetzungen vorliegen könnten, hat der Kläger weder im Klage noch im Revisionsverfahren geltend gemacht.

Die angefochtenen Honorarbescheide der Beklagten sind schließlich auch nicht deshalb rechtswidrig, weil bestimmte kieferorthopädische Leistungen des Klägers auch in solchen Fällen nach den zum 1. Januar 1986 abgesenkten Punktwerten honoriert worden sind, in denen die kieferorthopädische Behandlung bereits vor dem 31. Dezember 1985 begonnen hatte. Die beigeladene KZBV hat am 13. November 1985 in gleichlautenden Verträgen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Angestellten-Krankenkassen und der Arbeiter-Ersatzkassen Übergangsregelungen zur Neufassung des EBM-Z vereinbart. Darin ist bestimmt, daß für alle kieferorthopädischen Behandlungsfälle, für die vor dem 1. Januar 1986 ein Behandlungsplan aufgestellt wurde und deren Behandlung noch andauerte, die vom 1. Januar 1986 an gültigen Vertragsbestimmungen mit Ausnahme der Nrn 119 und 120 Bema gelten sollten. Für die Honorierung der letztgenannten Leistungen waren noch die Bewertungszahlen in der bis zum 31. Dezember 1985 gültigen Fassung des Bema maßgeblich. Für die Verlängerung von kieferorthopädischen Behandlungen sollten die bis zum 31. Dezember 1985 vereinbarten Bewertungszahlen weiter Geltung haben, soweit der Verlängerungsantrag vor dem 1. Januar 1986 gestellt worden ist. In Behandlungsfällen, in denen die Verlängerungen erst nach dem 1. Januar 1986 beantragt wurden, sollte sich die Honorierung nach den Bewertungszahlen in der Neufassung richten. Diese Regelung enthält – im Gegensatz zu der Übergangsregelung zu den Nrn 119 und 120 Bema in der ab 1. Januar 1981 geltenden Fassung, mit der sich das Senatsurteil vom 26. September 1984 (SozR 5535 Allg Nr. 1) befaßt hat – keine unzulässige Rückwirkung. In den Übergangsbestimmungen zur Bema-Änderung zum 1. Januar 1981 war bestimmt worden, daß das ursprünglich für 12 Behandlungsquartale gezahlte Honorar nunmehr eine Behandlungszeit von 16 Quartalen abgelten sollte. Das war nach der genannten Entscheidung des Senats unzulässig. Die Übergangsvereinbarungen vom 13. November 1985 ändern jedoch an den Grundlagen des Honoraranspruchs des Kieferorthopäden für Leistungen aus den Quartalen bis Ende 1985 nichts. Sie modifizieren auch die Bewertungszahlen für die Leistungen in schon abgeschlossenen Quartalen nicht. Lediglich die nach dem 1. Januar 1986 in schon laufenden Behandlungsfällen erbrachten zahnärztlichen Leistungen werden (teilweise) nach den abgesenkten Bewertungszahlen vergütet. Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken; denn der Zahnarzt hat keinen Rechtsanspruch darauf, daß seine Leistungen während einer sich über mehrere Jahre erstreckenden Behandlung immer auf der Grundlage der punktzahlmäßigen Bewertung honoriert werden, die bei Behandlungsbeginn im Bema festgelegt war. Ob eine auf zukünftige Leistungen des Zahnarztes bezogene Punktzahlreduzierung innerhalb laufender kieferorthopädischer Behandlungsfälle unechte Rückwirkung entfaltet, kann offenbleiben, denn eine solche wäre hier zulässig. Das gesetzgeberische Anliegen der Neugestaltung der Bewertungsrelationen beansprucht Vorrang vor dem Interesse der betroffenen Kieferorthopäden, ggf noch Jahre nach der Umgestaltung der Leistungsbewertung ein Honorar in einem vom Gesetzgeber als überhöht bewerteten Umfang weiterzuerhalten.

Rechtlich geschützte Positionen des Klägers sind schließlich nicht dadurch beeinträchtigt, daß die Übergangsvereinbarungen vom 13. November 1985 von den Spitzenverbänden der Kranken- und Ersatzkassen und der KZBV vereinbart und nicht formell Bestandteil des EBM-Z geworden sind. Der Senat hat es stets als rechtmäßig angesehen, daß die Partner der Bundesmantelverträge Übergangsregelungen im Zuge von Neugestaltungen der einheitlichen Bewertungsmaßstäbe treffen (vgl Senatsurteil SozR 5535 Allg Nr. 1), und er hat es gebilligt, daß die Partner des BMV-Z ergänzende Abrechnungsbestimmungen zu einzelnen Ziffern des Bema treffen können (Senatsurteil vom 15. November 1995 – 6 RKa 57/94 – nicht veröffentlicht). Die Partner der Bundesmantelverträge sind zwar nicht berechtigt, das Bewertungsgefüge des EBM-Z zu verändern. Sie sind jedoch nicht gehindert, Regelungen zur Ausführung des EBM-Z zu treffen und zu vereinbaren, wie sich der Übergang von einer alten zu einer neuen Fassung einzelner Positionen des Bema vollziehen soll. Für die KZBV und die Ersatzkassenverbände als Partner des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte gilt insoweit nichts anderes.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz.

 

Fundstellen

BSGE, 191

SozSi 1997, 237

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