Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss und Ablehnung von Gerichtspersonen. richterliche Amtsausübung im Laufe des vorinstanzlichen Verfahrens. Besorgnis der Befangenheit

 

Orientierungssatz

1. Wie sich aus § 60 Abs 2 SGG, der die Mitwirkung bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren betrifft, folgern lässt, reicht eine richterliche Amtsausübung im Laufe des vorinstanzlichen Verfahrens im Rahmen des § 41 Nr 6 ZPO nicht aus.

2. Soweit ein Richter nicht nach § 41 Nr 6 ZPO ausgeschlossen ist, kann seine frühere Tätigkeit in derselben Sache nur bei Hinzutreten weiterer Umstände eine Ablehnung iS von §§ 42, 48 ZPO rechtfertigen.

 

Normenkette

SGG § 60 Abs. 1-2; ZPO § 41 Nr. 6, §§ 42, 48

 

Verfahrensgang

Hessisches LSG (Entscheidung vom 28.08.2003; Aktenzeichen L 4 VG 548/02)

SG Darmstadt (Entscheidung vom 10.04.2002; Aktenzeichen S 5 VG 197/00)

 

Gründe

Mit Anzeige vom 4. Februar 2004 hat die Richterin K. mitgeteilt, dass sie im vorinstanzlichen Verfahren L 4 VG 548/02 bis zum 31. März 2003 als Berichterstatterin tätig gewesen sei. Die Beteiligten haben Gelegenheit gehabt, sich dazu zu äußern. Entsprechende Stellungnahmen sind nicht eingegangen.

Die Anzeige ist unbegründet.

Nach § 60 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gelten für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen die §§ 41 bis 44, 45 Abs 2 Satz 2, §§ 47 bis 49 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Gemäß § 48 ZPO hat das für die Entscheidung eines Ablehnungsgesuchs zuständige Gericht auch dann zu entscheiden, wenn ein solches Gesuch nicht angebracht wird, ein Richter aber von einem Verhältnis Anzeige macht, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte, oder wenn aus anderer Veranlassung Zweifel darüber entstehen, ob ein Richter kraft Gesetzes ausgeschlossen sei. Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich hier aus § 171 Abs 1 SGG; er entscheidet im Hinblick auf § 47 ZPO ohne Beteiligung der Richterin K.

Die Richterin K. ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht gemäß § 41 ZPO von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen. Insbesondere hat sie nicht iS von § 41 Nr 6 ZPO an der vorinstanzlichen Entscheidung mitgewirkt. Wie sich aus § 60 Abs 2 SGG, der die Mitwirkung bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren betrifft, folgern lässt, reicht eine richterliche Amtsausübung im Laufe des vorinstanzlichen Verfahrens im Rahmen des § 41 Nr 6 ZPO nicht aus.

Es sind auch keine Umstände ersichtlich, die eine Besorgnis der Befangenheit iS von § 42 ZPO begründen könnten. Soweit - wie hier - ein Richter nicht nach § 41 Nr 6 ZPO ausgeschlossen ist, kann seine frühere Tätigkeit in derselben Sache nur bei Hinzutreten weiterer Umstände eine Ablehnung iS von §§ 42, 48 ZPO rechtfertigen (vgl zB Putzo in Thomas/Putzo, 25. Aufl, § 42 ZPO RdNr 13). Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte. Zwar hat die Richterin K. die Sache am 5. März 2003 als Berichterstatterin beim Landessozialgericht zur Sitzung geschrieben, ohne die Ladung der von der Klägerin benannten Zeugen zu notieren, sie hat damit jedoch nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie sich insoweit - unabhängig von dem Eindruck der noch ausstehenden mündlichen Verhandlung - endgültig festgelegt habe. Ebenso wenig hat die Richterin nunmehr zu Erkennen gegeben, dass sie nicht bereit sei, die Frage der Erforderlichkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung erneut zu prüfen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1755853

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