Bildungsurlaub

Ob und unter welchen Voraussetzungen Arbeitnehmer bezahlte oder unbezahlte Freistellung von der Arbeit zum Zwecke der beruflichen oder staatsbürgerlich-politischen Bildung fordern können (Bildungsurlaub), ist bundesgesetzlich nicht geregelt.

Das Übereinkommen Nr. 140 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24.6.1974 verpflichtet allerdings die Mitgliedstaaten (also auch die BRD) zur Festlegung und zur Durchführung einer Politik, die mit geeigneten Methoden und nötigenfalls schrittweise den bezahlten Bildungsurlaub fördert. Der Bundesgesetzgeber ist dieser Verpflichtung bisher nur in diversen Einzelvorschriften nachgekommen.

Dabei ist insbesondere auf § 37 Abs. 6 BetrVG zu verweisen, wonach Mitglieder des Betriebsrates (das Gleiche gilt für Mitglieder der Jugendvertretung etc.) von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen zu befreien sind, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrates erforderlich sind. Das gleiche gilt nach § 37 Abs. 7 BetrVG für insgesamt 3 Wochen auch für andere bestimmte Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. In den §§ 2 Abs. 3 sowie 5 Abs. 3 ArbSichG ist zudem die Verpflichtung der Arbeitgeber festgeschrieben, Betriebsärzte bzw. Fachkräfte für Arbeitssicherheit für die Zeit einer Fortbildung unter Fortentrichtung der Arbeitsvergütung von der Arbeit freizustellen, soweit die betroffenen Personen als Arbeitnehmer eingestellt sind. Zu erwähnen ist schließlich noch § 96 Abs. 4 SGB IX, wonach die Vertrauensmänner und Vertrauensfrauen der Schwerbehinderten für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die Kenntnisse desSchwerbehindertenrechts vermitteln, ohne Minderung des Arbeitsentgelts oder der Dienstbezüge zu befreien sind.

Soweit nicht in Einzelarbeitsverträgen oder Tarifverträgen bereits ein Anspruch auf (bezahlte oder unbezahlte) Freistellung vorgesehen ist, sind die einzelnen Ländergesetze zu beachten, die einzelne Bundesländer zulässigerweise (Art. 74 Nr. 12, 72 Abs. 1 GG) verabschiedet haben.

Landesgesetze

Gesetzlich geregelt ist der Bildungsurlaub in Berlin[1] Bremen[2] Hamburg[3] Hessen[4] Niedersachsen[5] und Rheinland-Pfalz.[6]

In Nordrhein-Westfalen gibt es das Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmern zum Zwecke der beruflichen und politischen Weiterbildung[7] im Saarland das Weiterbildungs- und Bildungsurlaubsgesetz[8] und in Schleswig-Holstein das Bildungsfreistellungs- und Qualifizierungsgesetz.[9]

Der Kreis der Anspruchsberechtigten ist in nahezu allen Landesgesetzen identisch. So sind fast durchweg alle Arbeitnehmer und Auszubildenden sowie in Heimarbeit Beschäftigten und arbeitnehmerähnliche Personen anspruchsberechtigt. In Nordrhein-Westfalen werden Auszubildende ausgenommen, in Berlin und Hamburg Heimarbeiter, diesen gleichgestellte und arbeitnehmerähnliche Personen. Das Saarland umfasst auch Beamte.

Die Anspruchsdauer differiert von 5 Arbeitstagen im Kalenderjahr (Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen) und 10 Arbeitstagen innerhalb von 2 aufeinander folgenden Kalenderjahren (Bremen und Hamburg) bis zu 10 Arbeitstagen im Kalenderjahr bei Arbeitnehmern bis zum 25. Lebensjahr, anschließend 10 Arbeitstage innerhalb zwei aufeinander folgender Kalenderjahre (Berlin). In Niedersachsen und im Saarland besteht die Möglichkeit, mit Einverständnis des Arbeitgebers den Anspruch von 4 Jahren im 4. Jahr zusammenzulegen.

Nach allen Gesetzen ist eine Wartezeit von 6 Monaten (Bestand des Arbeitsverhältnisses) Voraussetzung für den Anspruch. Berlin macht von dieser Wartezeit für Auszubildende eine Ausnahme.

Ebenfalls allen Gesetzen ist ähnlich, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber möglichst frühzeitig vom Zeitpunkt und von der Dauer des Bildungsurlaubs unterrichten muss. In Berlin und Hamburg hat die Mitteilung in der Regel 6 Wochen vor Beginn zu erfolgen, in den übrigen Bundesländern spätestens 4 Wochen vor Beginn.

Wiederum allen Gesetzen ist gleich, dass bei dringenden betrieblichen Belangen oder vorrangig zu berücksichtigenden Urlaubswünschen anderer Arbeitnehmer der Arbeitgeber die Freistellung zu dem vom Arbeitnehmer gewünschten Zeitpunkt ablehnen kann. In Hessen ist dies bei zur Berufsausbildung Beschäftigten nicht möglich. Kann der Bildungsurlaub wegen dringender betrieblicher Belange nicht gewährt werden, ist der Anspruch auf das folgende Kalenderjahr zu übertragen. In Bremen und in Hamburg besteht die Übertragungsmöglichkeit auch ohne besondere Voraussetzung.

[1] GVBl 1990, 2209.
[2] Gbl 1974, 349 u. 1985, 97.
[3] GVBl 1974, 6 u. 1991, 113.
[4] GVBl 1984 I, 261.
[5] GVBl 1991, 29.
[6] GVBl 1993, 157.
[7] AWbG NRW, GV 1984, 678.
[8] Amtsbl. 1990, 234.
[9] GS II 223-11.

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