Umstritten ist, in welchem Umfang die Interessenvertretung ein Mitbestimmungsrecht im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements in Anspruch nehmen kann.

Im Rahmen der Betriebsverfassung kommen die Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 BetrVG in Betracht.[1] Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat bei Krankenrückkehrgesprächen ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.[2] Das mitbestimmungspflichtige Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer sei dabei nicht das "Krankheitsverhalten", das mitbestimmungsfrei sei, sondern das Verhalten bei der Führung dieser Gespräche mit dem Arbeitgeber. Ein derartig definiertes Ordnungsverhalten kann auch bei Gesprächen im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements eine Rolle spielen. Gegen die Annahme eines Mitbestimmungsrechts an sich spricht, dass das Eingliederungsmanagement nach dem Wortlaut vor allem eine Erörterung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat darstellt, an der der Beschäftigte "nur" zu beteiligen ist, also gar nicht die typische Situation des Krankenrückkehrgesprächs erfasst. Im Übrigen hätte es bei einem bestehenden umfassenden Mitbestimmungsrecht auch nicht der gesonderten Erwähnung des betrieblichen Eingliederungsmanagements in § 166 Abs. 3 Nr. 5 SGB IX in Zusammenhang mit der Inklusionsvereinbarung bedurft, weil sich diese Möglichkeit bereits aus einem bestehenden Mitbestimmungsrecht ergeben würde.

Das Bundesarbeitsgericht nimmt ein Mitbestimmungsrecht in Zusammenhang mit dem betrieblichen Eingliederungsmanagement nicht pauschal für das gesamte Verfahren des betrieblichen Eingliederungsmanagements an, sondern differenziert nach den einzelnen Regelungsgegenständen innerhalb des betrieblichen Eingliederungsmanagements. Danach ist bei der Ausgestaltung des betrieblichen Eingliederungsmanagements für jede einzelne Regelung zu prüfen, ob ein Mitbestimmungsrecht besteht. Ein solches kann sich bei allgemeinen Verfahrensfragen aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, in Bezug auf die Nutzung und Verarbeitung von Gesundheitsdaten aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG und hinsichtlich der Ausgestaltung des Gesundheitsschutzes aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ergeben, da § 167 Abs. 2 SGB IX eine Rahmenvorschrift im Sinne dieser Bestimmung ist.[3]

Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Verpflichtung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement besteht, sodass der Betriebsrat dieses nicht verhindern kann und sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG wegen des Bestehens einer gesetzlichen Regelung insoweit eingeschränkt ist, dass das betriebliche Eingliederungsmanagement durchgeführt werden muss.

Der durch das betriebliche Eingliederungsmanagement vorgeschriebene Klärungsprozess ist in § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nicht als ein formalisiertes Verfahren beschrieben, sondern lässt Arbeitgeber und Betriebs- bzw. Personalrat Spielraum. Es geht um die Etablierung eines unverstellten, verlaufs- und ergebnisoffenen Suchprozesses.[4] Dabei kann der Arbeitgeber den Klärungsprozess nicht ohne Wahrung der sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Anforderungen durchführen. Er muss den Betriebsrat, das Einverständnis des Arbeitnehmers vorausgesetzt, hinzuziehen.

Daher steht dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Initiativrecht für eine Ausgestaltung des Klärungsprozesses nach § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX durch generelle Verfahrensregelungen zu.[5]

Dieses Mitbestimmungsrecht hat aber vom Bundesarbeitsgericht[6] aufgezeigte Grenzen.

Dem Betriebsrat steht kein Mitbestimmungsrecht zu in folgenden Fragen:

  • Dem Betriebsrat steht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 7 BetrVG kein Mitbestimmungsrecht zu, den Arbeitgeber zu verpflichten, sämtliche betriebsangehörigen Arbeitnehmer über das betriebliche Eingliederungsmanagement zu informieren.
  • Führt der Klärungsprozess zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu keiner übereinstimmenden Beurteilung der "Möglichkeiten", verbleibt es bei einem Dissens. Das Mitbestimmungsrecht umfasst nicht die Entscheidung darüber, ob bestimmte Möglichkeiten zur Verminderung der krankheitsbedingten Fehlzeiten umzusetzen sind. Eine sich anschließende Umsetzung von konkreten Maßnahmen wird von der Rahmenvorschrift des § 176 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nicht mehr umfasst.
  • Die Bildung eines Integrationsteams ist nicht von einem Mitbestimmungsrecht gedeckt. Es handelt sich nicht um eine bloße Verfahrensausgestaltung. Vielmehr werden damit nach § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vorgesehene Zuständigkeiten der Betriebsparteien abweichend geregelt. Das kann nur durch eine freiwillige Übereinkunft von Arbeitgeber und Betriebsrat nach § 28 Abs. 2 BetrVG, sofern dessen Voraussetzungen vorliegen, erfolgen. Zudem erfolgt die "Klärung von Möglichkeiten" der Verminderung der Arbeitsunfähigkeitszeiten durch den Arbeitgeber unter anderem mit dem Betriebsrat. Hierfür ist ein Einvernehmen beider Betriebsparteien erforderlich. Die Willensbildung aufseiten des Betriebsrats findet grundsätzlich in diesem als Gremium statt. Im Rahmen der gef...

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