Unabdingbare Voraussetzung für die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist die vorherige Zustimmung des Beschäftigten (§ 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Diese hat der Arbeitgeber einzuholen, nachdem er den Beschäftigten über die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements informiert hat. Die Zustimmung kann formlos erklärt werden. Verweigert der Beschäftigte die Zustimmung, darf das Verfahren nicht begonnen werden. Dieser Vorbehalt ist Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts des Beschäftigten, wie er auch in § 1 SGB IX Niederschlag findet. Verweigert der Beschäftigte die Zustimmung, bedeutet das jedoch nicht, dass seine persönliche Fehlzeitenproblematik deswegen nicht zwischen dem Arbeitgeber und der Interessenvertretung in anderem Rahmen erörtert werden könnte, z. B. im Rahmen der allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 BetrVG.

Die einmal erfolgte Verweigerung der Zustimmung beendet das Verfahren zunächst. Der Arbeitgeber hat seine Pflicht zunächst erfüllt. Das bedeutet aber nicht, dass das betriebliche Eingliederungsmanagement auf Dauer nicht stattfinden darf. Hat der Arbeitnehmer ein bEM zeitlich unbegrenzt abgelehnt, besteht für den Arbeitgeber kein weiterer Anlass, ein bEM anzubieten.

Besinnt sich der Beschäftigte eines Besseren, worauf er dann aber den Arbeitgeber hinweisen muss, beginnt die Pflicht zur Durchführung erneut.

Hat sich der Arbeitnehmer nicht geäußert oder ein bEM nicht kategorisch abgelehnt, sondern nur für den aktuellen Zeitpunkt, ist zwar das aktuell eingeleitete bEM abgeschlossen. Sobald der Arbeitnehmer aber von dieser "Stunde Null" an gerechnet mehr als 6 Wochen arbeitsunfähig ist, besteht die Pflicht zum Angebot eines neuen bEM. Ein "Mindesthaltbarkeitsdatum" hat ein bEM nicht. Eine Begrenzung der rechtlichen Verpflichtung auf eine nur einmalige Durchführung im Jahreszeitraum des § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen[1].

Jedenfalls dann, wenn die Kündigung nicht zeitnah nach der Ablehnung des betrieblichen Eingliederungsmanagements durch den Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ausgesprochen wird, verlangt die Instanzrechtsprechung, dass der Arbeitgeber – wenn die Voraussetzungen für das betriebliche Eingliederungsmanagement erneut vorliegen – dieses wiederum anbietet.[2] Eine "ersthafte und endgültige" Verweigerung der Teilnahme an einem betrieblichen Eingliederungsmanagement kommt nur bei eindeutiger und unmissverständlich auf Dauer gerichteter Ablehnung durch den Arbeitnehmer in Betracht und ist daher eine seltene Ausnahme. Dann braucht das betriebliche Eingliederungsmanagement aber nicht erneut angeboten zu werden.[3]

 

Tipp

Nach der Rechtsprechung muss der Arbeitgeber einem langzeitkranken Arbeitnehmer, der sich nicht geäußert hat, alle 6 Wochen ein neues bEM anbieten. Solange die Arbeitnehmervertretung das nicht verlangt und auch nicht der Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung beabsichtigt ist, kann davon aber folgenlos abgesehen werden.

Dem Arbeitgeber ist aber zu empfehlen, vor einer beabsichtigten krankheitsbedingten Kündigung das betriebliche Eingliederungsmanagement dem Arbeitnehmer in jedem Fall nochmals zeitnah anzubieten.

Im Hinblick auf die Bedeutung des Eingliederungsmanagements für eine mögliche spätere krankheitsbedingte Kündigung sollte der Arbeitgeber diese Verweigerung sorgfältig dokumentieren.

Der Betroffene kann die Zustimmung zur Durchführung des bEM auch widerrufen; dann endet an dieser Stelle das betriebliche Eingliederungsmanagement. Der Zweck des Zustimmungserfordernisses gebietet es, das Selbstbestimmungsrecht des Beschäftigten zu wahren.

Wenn der Beschäftigte erklärt, er sehe sich jetzt nicht zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement in der Lage, aber er sei grundsätzlich zu einem späteren Zeitpunkt dazu bereit, ist zu unterscheiden: Nennt der Beschäftigte hier einen konkreten Zeitraum, sollte der Arbeitgeber danach erneut das betriebliche Eingliederungsmanagement einleiten. Macht der Beschäftigte aber keine Angaben, wann er zur Teilnahme am betrieblichen Eingliederungsmanagement in der Lage ist, sollte der Arbeitgeber ihm mitteilen, dass seinerseits jederzeit die Bereitschaft zum betrieblichen Eingliederungsmanagement besteht und der Beschäftigte mitteilen soll, wenn er dazu in der Lage ist. Ansonsten ist das betriebliche Eingliederungsmanagement jedenfalls nach Ablauf von weiteren 6 Wochen Arbeitsunfähigkeit bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen erneut anzubieten. Vor dem Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung sollte der Beschäftigte in jedem Fall nochmals auf die Möglichkeit des betrieblichen Eingliederungsmanagements hingewiesen werden.

 
Hinweis

Von der Notwendigkeit der Zustimmung des Arbeitnehmers zur Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist streng eine datenschutzrechtliche Einwilligung nach § 26 Abs. 2 BDSG zu unterscheiden. Letztere ist für die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements keine Voraussetzung. Zu den Einzelheiten siehe Ausführungen...

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