Das BAG hat bei Einrichtungen, die der evangelischen oder katholischen Kirche verbunden sind und die Regelungen der AVR-Diakonie anwenden, Ansprüche der Beschäftigten aus betrieblicher Übung bejaht, weil das Diakonische Werk rechtlich bei der Gestaltung der vertraglichen Beziehungen zu seinen Beschäftigten freier als ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes sei, da es nicht den gleichen strengen haushaltsrechtlichen Überwachungsbestimmungen unterliege. Die Nichteinhaltung der in § 5 Abs. 4 AVR-Diakonie für Vertragsänderungen bzw. Nebenabreden vorgesehene Schriftform stehe der Anspruchsbegründung durch eine betriebliche Übung nicht entgegen. Eine Besonderheit im entschiedenen Fall war, dass im Arbeitsvertrag vereinbart war, dass die Vergütung in freier Vereinbarung erfolgt und sich der Arbeitgeber hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses bei objektiver Betrachtung vom Empfängerhorizont gesehen nicht streng an die AVR-Diakonie binden wollte.[1]

Ob diese Rechtsprechung auch bei einer strengen Anwendung der AVR-Diakonie aufrechterhalten werden kann, erscheint zweifelhaft. Bei einem Mitglied des Caritasverbandes, das die AVR-Caritasverband umfassend und einschränkungslos anwandte, soll eine betriebliche Übung durch eine jahrelange irrtümliche Zahlung einer Psychiatriezulage nicht entstehen können. Zwar seien das Diakonische Werk und der Caritasverband in der Gestaltung der Arbeitsverträge freier als Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, dieser größere rechtliche Freiraum soll aber nicht genügen, um ohne Weiteres bei Arbeitsverhältnissen, die umfassend den AVR unterstellt sind, einen Anspruch aus betrieblicher Übung entstehen zu lassen. Die mit der Kirche verbundenen Einrichtungen seien gehalten, die AVR umfassend anzuwenden, da die im Sozial-, Kranken- und Altenpflege- oder Erziehungsdienst tätigen Einrichtungen von der Kostenerstattung durch die öffentliche Hand und durch Sozialversicherungsträger leben und diese den Umfang der erstatteten Personalkosten auf das beschränken, was tarifgemäß ist. Die den Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes nachgebildeten und angepassten AVR seien daher quasi als Tarif von den Einrichtungen der Diakonie und des Caritasverbandes zu vollziehen. Damit seien die von der Rechtsprechung zur betrieblichen Übung im öffentlichen Dienst entwickelten Rechtsgrundsätze auf die Arbeitsverhältnisse in Einrichtungen, die mit der evangelischen oder katholischen Kirche verbunden sind, übertragbar, wenn dort die jeweiligen AVR umfassend und einschränkungslos zur Anwendung gebracht werden.[2]

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