Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Übung in Diakonie- und Caritas-Einrichtungen

 

Leitsatz (amtlich)

Die von der Rechtsprechung zur betrieblichen Übung im öffentlichen Dienst entwickelten Rechtsgrundsätze sind auf Arbeitsverhältnisse in Einrichtungen, die der evangelischen oder katholischen Kirche verbunden sind, übertragbar, wenn dort die jeweiligen AVR umfassend und einschränkungslos zur Anwendung gebracht werden (Abgrenzung zu BAG, Urteil vom 26.05.1993, 4 AZR 130/93, AP Nr. 3 zu § 12 AVR Diakonisches Werk).

 

Normenkette

AVR-Caritasverband § 12

 

Verfahrensgang

ArbG Krefeld (Urteil vom 23.07.2002; Aktenzeichen 5 Ca 3639/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom23.07.2002 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte arbeitsvertraglich die Weitergewährung einer Zulage schuldet.

Der Kläger ist seit dem 01.03.1991 als Pflegehelfer bei der Beklagten in dem von ihr betriebenen A.-Krankenhaus, einem Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie, beschäftigt. Die Beklagte gehört dem Caritasverband an und macht dessen „Richtlinien für Arbeitsverträge” (AVR) zum Gegenstand der mit den Mitarbeitern geschlossenen formularmäßigen Arbeitsverträge.

Am 21.02.1991 unterzeichneten die Parteien einen solchen „Dienstvertrag”, der die Geltung der AVR in ihrer jeweiligen Fassung (§ 2 Satz 1), die Eingruppierung des Klägers in Vergütungsgruppe KR 2, Ziff. 4 (§ 4 b) und den Schriftformzwang für spätere Vereinbarungen (§ 8) vorsieht. In einer von der Beklagten unterzeichneten „Anlage zum Dienstvertrag – Berechnung der Dienstbezüge” ist ausgeführt, wie sich die monatlichen Bruttobezüge des Klägers ab dem 01.03.1991 errechnen. In dem Formular ist unter II k) Sonstige Zulagen” eingetragen: „Psychiatriezulage 90,00 DM.”

Bei Vertragsschluss ist zwischen den Parteien über die Psychiatriezulage nicht weiter gesprochen worden. Nach Absatz 1 b der Anlage 2 a zu den AVR, Hochziffer 1, erhält Pflegepersonal der Vergütungsgruppen KR 1 bis KR 7, das zeitlich überwiegend die Grund- und Behandlungspflege bei Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen psychiatrischen Abteilungen oder Stationen ausübt, für die Dauer der Tätigkeit eine monatliche Zulage von DM 90,00 (= EUR 46,02).

Der Kläger wurde anfänglich, etwa ein Jahr lang, auf der Station 3, einer geschlossenen gerontopsychiatrischen Station, eingesetzt. Danach war er weder auf geschlossenen noch auf halbgeschlossenen Psychiatriestationen tätig. Mit der Vergütung erhielt er weiter die Psychiatriezulage von monatlich DM 90,00. Zum 30.06.1998 stellte die Beklagte die Zulagengewährung mit der Begründung ein, dass dem Kläger die Zulage nach dem Arbeitsvertrag und den AVR nicht zustehe und die Zahlung bis zum 30.06.1998 irrtümlich erfolgt sei.

Mit der im Oktober 2001 vor dem Arbeitsgericht Krefeld erhobenen Klage verlangt der Kläger die Nachzahlung der Psychiatriezulage für den Zeitraum von August 2000 bis September 2001 (14 Monate × DM 90,00 = DM 1.260,00 = EUR 644,23). Er meint, dass die „Berechnung der Dienstbezüge” Inhalt der am 21.02.1991 getroffenen Vergütungsvereinbarung sei und die „Psychiatriezulage” als „sonstige Zulage” an keine weiteren Voraussetzungen, insbesondere nicht an Anspruchsvoraussetzungen nach den AVR geknüpft worden sei, und verweist darauf, dass die Beklagte an ihn, auch nachdem er nicht mehr auf einer geschlossenen oder halbgeschlossenen Station eingesetzt gewesen sei, jahrelang die Psychiatriezulage weitergezahlt habe.

Die Beklagte hält entgegen, dass die „Berechnung der Dienstbezüge” lediglich eine Mitteilung und nicht den Inhalt einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung darstelle. Arbeitsvertraglich schulde sie Vergütung nur nach Maßgabe der AVR.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 23.07.2002 die Klage abgewiesen. Gegen das Urteil, auf das hiermit zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, wendet sich der Kläger mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

Er beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 23.07.2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 644,23 brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

In der Berufungsinstanz wiederholen und ergänzen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen. Zu dem in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörterten BAG-Urteil vom 26.05.1993 (AP Nr. 3 zu § 12 AVR Diakonisches Werk) hat die Beklagte darauf verwiesen, dass es keine betriebliche Übung gegeben habe, die Psychiatriezulage Pflegekräften ohne Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der AVR zu zahlen. Die Psychiatriezulage sei allein an den Kläger irrtümlich weitergezahlt worden.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgeri...

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