BAG, Urteil v. 27.9.2017, 7 AZR 629/15

Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG sind auf die zulässige Befristungsdauer des nicht promovierten wissenschaftlichen Personals von 6 Jahren nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit anzurechnen, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung i. S. d. § 5 WissZeitVG abgeschlossen wurden. Zudem sind auch Beschäftigungszeiten, die im Rahmen eines während des Studiums begründeten befristeten Arbeitsverhältnisses als studentische Hilfskraft erbracht wurden, nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Studiums auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen. Dagegen sind Zeiten eines befristeten Arbeitsverhältnisses, die vor dem Abschluss des Studiums liegen, nach § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG von der Anrechnung ausgenommen.

Voraussetzung für die Anrechnung nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG ist, dass der Arbeitnehmer seine Beschäftigung auch zur wissenschaftlichen Qualifikation nutzen konnte. Andere Beschäftigungen an Hochschulen, z. B. reine Verwaltungstätigkeiten, sind nicht ausreichend.

Sachverhalt

Der Kläger des vorliegenden Falls war bei der beklagten Universität in der Zeit vom 1.3.2008 bis zum 30.6.2014 aufgrund aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge beschäftigt. Bereits während seines Studiums wurde er für die Zeit vom 1.3.2008 bis zum 30.4.2008 und vom 1.5.2008 bis zum 30.6.2008 als studentische Hilfskraft mit einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden befristet nach dem WissZeitVG eingestellt. Laut Vertrag sollte die Tätigkeit als studentische Hilfskraft der Weiterbildung als wissenschaftlicher oder künstlerischer Nachwuchs oder der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung dienen. Am 3.6.2008, d. h. während seiner Zeit als studentische Hilfskraft, legte der Kläger die Diplomprüfung im Studiengang Informatik und Mathematik ab. Vom 1.7. bis zum 31.8.2008 war er dann als wissenschaftliche Hilfskraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 17 Stunden und im Anschluss daran, d. h. ab dem 1.9.2008 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Vollzeit bei der Beklagten beschäftigt. Zuletzt sollte er mit Arbeitsvertrag vom 23.11.2012 erneut vom 1.1.2013 bis 30.6.2014 als Vollzeitkraft befristet weiterbeschäftigt werden. Hiergegen wandte sich der Kläger. Er machte geltend, die letzte vereinbarte Befristung sei unwirksam. Er begründete dies damit, dass die Befristung nicht auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG (in der bis zum 16.3.2016 geltenden Fassung) gestützt werden konnte, da insbesondere mit der letzten Befristung die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zulässige Höchstbefristungsdauer von 6 Jahren überschritten worden sei; denn auch die Zeit seiner Beschäftigung als studentische Hilfskraft sei nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG jedenfalls ab Studienabschluss am 3.6.2008 auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen. Zudem habe er im Rahmen der letzten Befristung nicht dem wissenschaftlichen Personal i. S. d. § 1 WissZeitVG angehört, da er nicht überwiegend wissenschaftlich tätig gewesen sei.

Die Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Die Befristung war nicht nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG zulässig.

Das Gericht führte aus, dass zwar zugunsten der Beklagten unterstellt werden könne, dass der Kläger im Rahmen des letzten befristeten Arbeitsvertrags zum wissenschaftlichen Personal i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zählte und die Befristung somit grundsätzlich auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG gestützt werden könne. Die Befristung war jedoch deshalb unwirksam, weil mit dieser die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zulässige Höchstbefristungsdauer in der Promotionsphase überschritten wurde. Nach dieser Vorschrift ist die Befristung von Arbeitsverträgen mit nicht promoviertem wissenschaftlichen und künstlerischen Personal bis zu einer Dauer von 6 Jahren zulässig. Im vorliegenden Fall war der Kläger jedoch vom 4.6.2008 bis zum 30.6.2014 insgesamt 6 Jahre und 27 Tage beschäftigt.

Das Gericht führte hierzu aus, dass nach § 2 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG auf die in § 2 Abs. 1 WissZeitVG geregelte zulässige Befristungsdauer alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung i. S. d. § 5 WissZeitVG abgeschlossen wurden, sowie entsprechende Beamtenverhältnisse auf Zeit und Privatdienstverträge nach § 3 WissZeitVG anzurechnen seien. Zudem werden nach § 2 Abs. 3 Satz 2 WissZeitVG auch befristete Arbeitsverhältnisse angerechnet, die nach anderen Rechtsvorschriften abgeschlossen werden. Nicht anrechenbar seien dagegen Zeiten eines befristeten Arbeitsverhältnisses, die vor dem Abschluss des Studiums liegen, § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG. Für den Kläger waren folglich alle Zeiten ab dem 4.6.2008 auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen: vom 1.7.2008 bis zum 31.8.2008 als wissenschaftliche Hilfskraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 17 Stunden und in der Zeit vom 1.9.2008 bis zum 30.6.2014 als wissenschaftlicher Mita...

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