Die Neuregelung in § 41 Satz 3 SGB VI erfasst jegliche "Vereinbarungen" über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze. Sie ermöglicht deshalb auch das Hinausschieben von im Tarifvertrag vereinbarten Befristungen auf die Regelaltersgrenze.

Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes sehen eine solche automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen der Regelaltersgrenze vor: Nach § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD/TV-L endet das Arbeitsverhältnis automatisch, ohne dass es einer Kündigung bedarf, "mit Ablauf des Monats, in dem die/der Beschäftigte das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersrente vollendet hat".

Der Tarifvertrag knüpft die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses somit an das Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters zum Erreichen der "Regelaltersrente" an. Die Regelaltersgrenze wird nach § 35 Satz 2 SGB VI mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht. Versicherte, die vor dem 1.1.1947 geboren sind, erreichen die Regelaltersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 235 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Für Versicherte, die nach dem 31.12.1946, jedoch spätestens im Geburtsjahr 1963 geboren sind, wird die Regelaltersgrenze in 2-Monats-Schritten bis zur Regelaltersgrenze von 66 Jahren und 10 Monaten angehoben (§ 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Die tarifliche vorgesehene Befristung auf das Erreichen der Regelaltersgrenze ist zulässig.[1]

§ 41 Satz 3 lässt es zu, durch Abschluss individueller Vereinbarungen den tariflich vereinbarten Beendigungszeitpunkt über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinauszuschieben. Erforderlich ist hierfür, dass Arbeitgeber und Beschäftigter während des laufenden Arbeitsverhältnisses eine entsprechende vertragliche Vereinbarung abschließen. Ein älterer Mitarbeiter kann über die für ihn geltende Altersgrenze hinaus beschäftigt werden, wenn z. B. noch kein Nachfolger für die an sich frei werdende Stelle gefunden ist oder ein solcher eingearbeitet werden muss. Auch kann auf diesem Weg ein Arbeitnehmer ein laufendes Projekt mit seiner Sachkunde noch zum Abschluss bringen.

 
Wichtig

Individuelle Vereinbarung vor Erreichen der Regelaltersgrenze abschließen

Die vertragliche Vereinbarung muss zwingend noch vor Erreichen der Regelaltersgrenze geschlossen werden! Es wird für notwendig erachtet, dass die Vereinbarung schriftlich abgeschlossen wird.

§ 41 Satz 3 SGB VI enthält nach dem Wortlaut zwar kein ausdrückliches Schriftformerfordernis. Die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichen der Regelaltersgrenze wird vom BAG als "kalendermäßige Befristung" des Arbeitsverhältnisses angesehen.[2] Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ist nach § 14 Abs. 4 TzBfG nur wirksam, wenn diese schriftlich vereinbart wurde. Aus diesem Grund wird dringend empfohlen, auch die "Hinausschiebens-Vereinbarung" schriftlich niederzulegen, d. h. durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer noch vor Erreichen der Regelaltersgrenze eigenhändig unterzeichnen zu lassen.

 
Praxis-Tipp

Formulierungsvorschlag für eine "Hinausschiebens-Vereinbarung"

… [Arbeitgeber] und … [Arbeitnehmer] vereinbaren, die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD/TV-L gem. § 41 Satz 3 SGB VI bis zum … [Datum einfügen] hinauszuschieben. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der genannten Frist, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

Der Gesetzeswortlaut lässt ein mehrfaches Hinausschieben zu. Dennoch dürften auch hier die Grenzen der sog. Kettenbefristung maßgebend sein.[3]

Nicht unstreitig ist, ob zeitgleich mit dem Hinausschieben der automatischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Änderung der Arbeitsbedingungen, z. B. eine Reduzierung der Arbeitszeit, vereinbart werden kann. Vertreten wird[4], dass mit der Hinausschiebens-Vereinbarung – entsprechend der Verlängerung sachgrundloser Befristungen – lediglich das Enddatum des bisherigen Vertrags hinausgeschoben werde dürfe, der Arbeitsvertrag im Übrigen jedoch unverändert bleiben müsse. Die vorliegende Situation dürfte nach hier vertretener Auffassung jedoch eher vergleichbar sein mit der Verlängerung eines befristeten Vertrags mit Sachgrund, bei der eine Veränderung der Arbeitsbedingungen jederzeit zulässig ist. Um rechtliche Risiken zu vermeiden, empfiehlt es sich bis zum Vorliegen einer gesicherten Rechtsprechung, die Änderung der Arbeitsbedingungen in einer angemessenen Zeit vor oder nach der Hinausschiebens-Vereinbarung in einer gesonderten Vereinbarung zu treffen.

[1] Zur Unionsrechtskonformität tarifvertraglicher Beendigungsvereinbarungen: vgl. EuGH, Urteil v. 12.10.2010, C 45/09, Rs. Rosenbladt.
[3] Näher zur Kettenvertragsproblematik Stichwort "Befristete Arbeitsverträge", Ziffer 5.4.
[4] Kleinebrink: Altersbefristung nach neuem Recht, DB 2014 S. 1490.

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