Das Arbeitsrecht besteht aus einer Vielzahl rechtlicher Regelungen, die - verstreut über zahlreiche unterschiedliche Gesetze - zum Ziel haben, die von Arbeitnehmern in abhängiger Tätigkeit geleistete Arbeit rechtlich auszugestalten.

Dabei sind die Rechte des Unternehmers mit den Rechten der Arbeitnehmer sowie den Vorgaben der europaweit geltenden arbeitsrechtlichen Regelungen in Einklang zu bringen.

2.1 Was ist überhaupt "Arbeitsrecht"?

Das Arbeitsrecht soll nicht alles, was mit "Arbeit" zu tun hat regeln, sondern ist nur die Summe der rechtlichen Regelungen, die sich auf eine in abhängiger Tätigkeit geleistete Arbeit beziehen. Arbeit i.S.d. Arbeitsrechts wird von Arbeitnehmern geleistet. Diese Arbeitnehmer sind persönlich abhängig, weil sie die Arbeit persönlich erbringen müssen (§ 613 BGB) und dem Weisungsrecht (= Direktionsrecht) des Arbeitgebers hinsichtlich des Orts, der Art und der Zeit der Arbeitsleistung unterliegen[1], sofern keine besonderen anderen Vereinbarungen diesesWeisungsrecht eingrenzen (z.B. Sonderregelungen im Arbeitsvertrag). Die Arbeitnehmer sind aber in aller Regel auch wirtschaftlich abhängig, weil sie zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts auf die Ausnutzung ihrer Arbeitskraft angewiesen sind.

Der Arbeitgeber muss sein Unternehmen nach wirtschaftlichen Grundsätzen führen. Deshalb ist er mit Blick auf die

  • Konkurrenten: an einer Kostensenkung,
  • Investoren im eigenen Betrieb: an einer Gewinnmaximierung,
  • rasanten Marktveränderungen: an einer schnellen Entscheidungsfindung und deren unverzüglicher Umsetzung interessiert.

Bei einem großen zur Verfügung stehenden Arbeitsmarkt (Überangebot an geeigneten Arbeitskräften), kann dieses Ziel rein wirtschaftlich betrachtet durch Zahlung niedriger Löhne, der Möglichkeit jederzeitiger Personalauswechslung, alleiniger Entscheidungsbefugnis und sehr weitgehendem Weisungsrecht im Arbeitsverhältnis erreicht werden. Dabei stehen dem Arbeitgeber die

  • Verfügungsmöglichkeit über die Produktionsmittel,
  • Möglichkeiten der Gründung, Auf-, Abspaltung und Verlagerung von Unternehmen (= der Rechtsträger, z.B. AG, GmbH, KG, OHG, E.V.)[2], Betrieben (= die organisatorische Einheit im Hinblick auf bestimmte arbeitstechnische Zwecke)[3] oder Betriebsteilen sowie die
  • faktische Möglichkeit der Vertragsgestaltung[4]

Der Arbeitnehmer ist dagegen doppelt abhängig (persönlich und wirtschaftlich).

Sein vorrangiges Interesse besteht an

  • hohem Lohn
  • einem gesicherten Arbeitsplatz
  • zusätzlicher Altersversorgung
  • möglichst weitgehender Beteiligung an Entscheidungsprozessen
  • weitgehender Einschränkung der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers.

Ihm stehen nur die Möglichkeiten qualifiziertes Wissen zu erwerben und sich gemeinsam mit anderen (kollektiv) um Veränderungen zu bemühen zur Verfügung.

Der Konflikt zwischen den gegenläufigen Interessen liegt auf der Hand, zwischen denen das Arbeitsrecht einen Ausgleich finden soll. Da das Kräftegleichgewicht zu Lasten der Arbeitnehmers verschoben ist, wirkt das heutige Arbeitsrecht vor allem als Sonderrecht zum Schutz der Arbeitnehmer.[5] Es ist das Ergebnis einer über hundertjährigen Entwicklung. Besonders in der Zeit der industriellen Revolution hat sich gezeigt, das der einzelne Arbeitnehmer aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Unternehmer dersozial Schwächere ist und daher eines besonderen Schutzes bedarf.

 
Praxis-Tipp

Ziel des Arbeitsrechts ist es, einen Ausgleich für die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers unter Beachtung der gegenläufigen Interessen der Beteiligten zu bilden. Denn durch seine persönliche Abhängigkeit ist der Arbeitnehmer gehindert, seine Arbeitskraft und seine Fähigkeiten nach Belieben je nach Marktangebot anderweitig zu verwerten.

[1] Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch (AH) § 2 II. 1., S. 2.
[3] Vgl. hierzu Schaub, AH § 18 I.1., S. 80.
[4] Vgl. zu den Ergebnissen der Auswertung von 921 Arbeitsverträgen aus unterschiedlichen Bereichen: Preis, Grundfragen der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, S. 51 ff., 58.
[5] Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Übersicht über das Recht der Arbeit 1989, Nr. 1.8, S. 26; Schaub, AH § 2 Nr. 1, S. 2.

2.2 Schutzfunktion des Arbeitsrechts

Die Schutzfunktion des Arbeitsrechts wirkt sich arbeitsrechtlich und sozialversicherungsrechtlich aus. Sie wird durch Gesetze, Rechtsverordnungen oder Tarifverträge geregelt. Aber sie kann auch durch richterliche Rechtsfortbildung ausgeübt werden.

Beispiele für arbeitsrechtliche Schutzgesetze:

Arbeitsplatzschutzgesetz

Arbeitssicherheitsgesetz

Arbeitszeitgesetz (v. 6.6.1994)

Beschäftigtenschutzgesetz (v. 24.6.1994)

Betriebsverfassungsgesetz

Bundeserziehungsgeldgesetz

Bundesurlaubsgesetz

Entgeltfortzahlungsgesetz (v. 26.5.1994)

Heimarbeitsgesetz

Jugendarbeitsschutzgesetz

Kündigungsschutzgesetz

Mutterschutzgesetz

Schwerbehindertengesetz

Beispiele für sozialversicherungsrechtliche Schutzgesetze:

SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung)

SGB VI (Gesetzliche Rentenversicherung)

SGB XI (Pflegeversicherungsgesetz v. 26.5.1994)

AFG (Arbeitslosenversich...

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