Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung zur Lohnkostenreduzierung. Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes bei italienischen Kulturinstituten in Deutschland

 

Normenkette

KSchG § 23 Abs. 1, § 1 Abs. 2, § 2; EGBGB Art. 27 Abs. 1, Art. 30 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 09.07.1997; Aktenzeichen 6 Sa 95/97)

ArbG Braunschweig (Urteil vom 07.11.1996; Aktenzeichen 1 Ca 154/96)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 9. Juli 1997 – 6 Sa 95/97 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Klägerin ist aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 22. August 1986 als Sekretariatsmitarbeiterin zuletzt im Kulturinstitut der Beklagten in Berlin, Sektion … beschäftigt. Das sich aufgrund des Arbeitsvertrages alle zwei Jahre um 2 % erhöhende Gehalt der Klägerin belief sich zuletzt auf 46.192,00 DM brutto jährlich. Im Institut in … waren zum Zeitpunkt der Kündigung regelmäßig weniger als sechs Arbeitnehmer beschäftigt. Die Beklagte unterhält weitere Kulturinstitute in Deutschland an insgesamt sieben Standorten, wobei die Arbeitnehmerzahlen in den Instituten zwischen einem und sieben schwanken. Der Grad der organisatorischen Selbständigkeit der Kulturinstitute ist zwischen den Parteien umstritten.

Mit Schreiben vom 4. März 1996 kündigte die Beklagte der Klägerin und zahlreichen vergleichbaren Mitarbeitern mit wortgleichen, von der Botschaft in Bonn auf Anweisung des Außenministeriums verfaßten Kündigungsschreiben ordentlich zum 30. Juni 1996. Zugleich bot sie der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Abänderung mehrerer arbeitsvertraglicher Bestimmungen an; danach sollten die vorgesehene automatische Gehaltssteigerung sowie die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlbare Abfindung entfallen, die Wochenarbeitszeit von 36 auf 39 Stunden erhöht, der Jahresurlaub von 30 auf 27 Arbeitstage reduziert und die Vergütung abgesenkt werden. Die Kündigung wurde damit begründet, daß die Personalkosten für das Außenministerium nicht mehr tragbar seien und das Ministerium sich zur Einschränkung finanzieller Mittel gezwungen sehe. Die Klägerin akzeptierte die Änderung der Arbeitsbedingungen mit Schreiben vom 14. März 1996 unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Das Kündigungsschutzgesetz sei anwendbar, denn alle Italienischen Kulturinstitute in Deutschland bildeten wegen fehlender Entscheidungskompetenzen der Institutsleiter im personellen und sozialen Bereich einen Betrieb im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes und seien Teil der Italienischen Staatsverwaltung. Die Kulturabteilung des Außenministeriums entscheide über Einstellungen, Entlassungen und Bezahlungen. Die Eigenständigkeit der Kulturinstitute betreffe ausschließlich die Programmplanung im Rahmen der örtlichen Gegebenheiten.

Unabhängig von der ausgesprochenen Änderungskündigung wurde die Klägerin zum 1. Juli 1996 in eine andere Position umgesetzt und erhält seit Juli 1996 ein Jahresgehalt von ca. 55.000,00 DM brutto.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 4. März 1996 unwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ihrer Auffassung nach genießt die Klägerin keinen Kündigungsschutz, da die Kulturinstitute in Deutschland keinen einheitlichen Betrieb bildeten. Die einzelnen Kulturinstitute seien weitgehend selbständig in der Mittelverwaltung. Die Sektion … des Kulturinstituts Berlin sei eine eigenständige Dienststelle. Die Institutsleiterin könne zwar die Höhe der Gehälter nicht selbst bestimmen und müsse die Anzahl der Stellen beim Außenministerium beantragen, entscheide aber selbst, wieviel Stellen sie beantrage; die Stellenbesetzung erfolge nicht zentral aus Bonn, sondern durch eine von ihr eingesetzte Kommission. Auch bei Entlassungen von Mitarbeitern sei die Institutsleiterin in der Regel frei von Weisungen. Dem Kulturinstitut in Berlin seien keine Leitungsaufgaben bzgl. des Kulturinstituts in … übertragen. Bei der ministeriellen Genehmigung der Registrierung der Arbeitsverträge durch den Rechnungshof handele es sich um Formalakte, die der Selbständigkeit des Kulturinstituts … in Fragen der Auswahl und Einstellung von Mitarbeitern nicht entgegenstünden, ebensowenig wie die Zuweisung von Haushaltsmitteln. Die Selbständigkeit der einzelnen örtlichen Kulturinstitute erweise sich auch dadurch, daß neben den Haushaltsmitteln auch eigene Einkünfte durch die Veranstaltung von Sprachkursen oder durch Zuwendungen von Sponsoren entstehen könnten, hinsichtlich deren Verwendung der jeweilige Leiter des örtlichen Kulturinstituts keinem Außenstehenden zur Rechenschaft verpflichtet sei. Weil das Kulturinstitut in … auch kein unselbständiger Betriebsteil sei, gehe es nicht an, die Zahl von andernorts beschäftigten Mitarbeitern hinzuzurechnen. Die Änderungskündigung beruhe auf zwingenden haushaltsrechtlichen und wirtschaftlichen Gründen und der entsprechenden Weisung des italienischen Außenministeriums.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt die Beklagte nach wie vor die Abweisung der Klage.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 23 Abs. 1, § 1 Abs. 2, § 2 KSchG).

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte sei der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen, da die Klägerin nicht mit hoheitlichen Aufgaben betraut gewesen sei und die Parteien die deutsche Rechtswahl vereinbart hätten. Auf das Arbeitsverhältnis und die ausgesprochene Kündigung sei mithin deutsches Recht anzuwenden. Die Kammer sehe in der Sektion … eine selbständige ausländische Dienststelle, wobei die Beklagte als einer der größten Arbeitgeber Europas sich nicht auf die Kleinbetriebs-Klausel des § 23 Abs. 1 KSchG berufen könne. Im Wege der teleologischen Reduktion seien vielmehr die Arbeitnehmer in den anderen Kulturinstituten der Beklagten mit einzubeziehen, zumal eine einheitliche Verwaltung vorliege. Die Klägerin genieße daher Kündigungsschutz. Die Änderungskündigung sei auch sozial ungerechtfertigt, da die Beklagte ein dringendes betriebliches Bedürfnis für die Absenkung der Löhne, die Verlängerung der Arbeitszeit usw. nicht dargelegt habe. Die Beklagte habe auch nicht vorgetragen, daß eine Kostensenkung nicht durch andere Maßnahmen möglich sei.

II. Der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts tritt der Senat im Ergebnis und auch teilweise in der Begründung bei. Im gleichen Sinne hat der Senat bereits im Urteil vom 23. April 1998 (– 2 AZR 489/97 – AP Nr. 19 zu § 23 KSchG 1969, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) entschieden.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Zwischen den Parteien bestand unstreitig ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis und nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts war die Klägerin nicht mit hoheitlichen Aufgaben betraut. In bezug auf ihre nicht hoheitliche Betätigung unterliegen auch ausländische Staaten der deutschen Gerichtsbarkeit; maßgeblich ist insoweit die Natur der umstrittenen staatlichen Handlung bzw. des streitigen Rechtsverhältnisses (BVerfGE 16, 27, 61; BAG Urteil vom 20. November 1997 – 2 AZR 631/96 – AP Nr. 1 zu § 18 GVG, zu II 1 der Gründe und BAG Urteil vom 3. Juli 1996 – 2 AZR 513/95 – AP Nr. 1 zu § 20 GVG, zu II 1 der Gründe, jeweils auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

2. Wie das Landesarbeitsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkannt hat, ist die Prüfung, ob auf die streitige Änderungskündigung der erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes anzuwenden ist, gem. § 23 Abs. 1 KSchG vorzunehmen. Die Parteien haben von der gem. Art. 27 Abs. 1, Art. 30 Abs. 1 EGBGB gegebenen Möglichkeit einer Wahl des anzuwendenden Rechts Gebrauch gemacht, indem sie in § 13 des Arbeitsvertrages vorgesehen haben, daß “für alle anderen in diesem Vertrag nicht ausdrücklich erwähnten Fälle das in Deutschland geregelte Gesetz maßgebend” sein soll. Da der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag für die Voraussetzungen einer betriebsbedingten (Änderungs-)Kündigung keine Regelungen vorsieht, gelten unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 KSchG die §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG. Es ist somit zunächst anhand des Maßstabs deutschen Rechts zu prüfen, ob der Kläger in einem Betrieb oder einer Verwaltung tätig ist, in dem bzw. in der in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt werden (§ 23 Abs. 1 KSchG).

3. Maßgeblich für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes auf Kündigungen im öffentlichen Dienst ist insoweit allein der in § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG enthaltene Begriff der Verwaltung.

a) Das Kündigungsschutzgesetz definiert den Begriff des Betriebes ebensowenig wie den der Verwaltung. Die Formulierung “Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts” in § 23 Abs. 1 Satz 1 KSchG läßt offen, ob außer auf Betriebe des privaten Rechts und Verwaltungen des öffentlichen Rechts auch auf Betriebe des öffentlichen Rechts und Verwaltungen des privaten Rechts abzustellen ist; diese Frage stellt sich auch bei § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG, der nicht zwischen privat- oder öffentlich-rechtlicher Rechtsform unterscheidet. Jedenfalls sieht § 23 Abs. 1 Satz 1 KSchG ungeachtet der Rechtsform im Einzelfall grundsätzlich die Anwendung der beiden ersten Abschnitte des Kündigungsschutzgesetzes sowohl für den Bereich der Privatwirtschaft als auch den des öffentlichen Dienstes vor (vgl. KR-Weigand, 4. Aufl., § 23 KSchG Rz 33; Löwisch, KSchG, 7. Aufl., § 23 Rz 4).

b) Die italienischen Kulturinstitute gehören bei Anlegung des Maßstabs deutschen Rechts zum Bereich des öffentlichen Dienstes. Unter Berücksichtigung des Zwecks der Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG und der Gesetzeshistorie und -systematik ist im Bereich des öffentlichen Dienstes grundsätzlich nicht auf den Begriff des Betriebes abzustellen, weshalb offenbleiben kann, ob die Kulturinstitute den Betriebsbegriff (vgl. BAGE 40, 145, 155 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Hausmeister, zu II 4a der Gründe; KR-Etzel, 4. Aufl., § 1 KSchG Rz 138 ff.) erfüllen.

Aus der Entstehungsgeschichte des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG ergibt sich, daß die Herausnahme der Kleinbetriebe aus dem Geltungsbereich letztlich auf mittelstandspolitische Erwägungen zurückgeht und den engen persönlichen Beziehungen des Kleinbetriebsinhabers sowie der geringeren verwaltungsmäßigen und wirtschaftlichen Belastbarkeit der Kleinbetriebe Rechnung tragen und dem Kleinunternehmer, bzw. Handwerker größere arbeitsmarktpolitische Freizügigkeit durch größere Vertragsfreiheit gewährleisten will (vgl. BAGE 64, 315, 322 = AP Nr. 8 zu § 23 KSchG 1969, zu II 2a bb der Gründe). Der Betriebsbegriff ist damit für die Privatwirtschaft entwickelt (BAGE 3, 155, 157 = AP Nr. 18 zu § 1 KSchG; Löwisch, aaO, § 23 Rz 7).

In der öffentlichen Verwaltung entspricht dem Betriebsbegriff in der Regel der personalvertretungsrechtliche Begriff der Dienststelle (BAGE 3, 155, 157 = AP, aaO). Bereits in seinem Urteil vom 2. Januar 1984 (– 2 AZR 593/82 –, n. v.) hat der Senat aber angenommen, mit Sinn und Zweck der Kleinbetriebsklausel sei es nicht vereinbar, den Kündigungsschutz auf dem Umweg über einen personalvertretungsrechtlichen Dienststellenbegriff zu entziehen, und er hat auf den Begriff der “nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG maßgebenden Verwaltung” abgestellt (vgl. ferner LAG Köln Urteil vom 23. Februar 1996 – 11 (13) Sa 888/95 – LAGE § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36). Auch Löwisch (aaO) bezieht auf den öffentlichen Dienst nur den Begriff der Verwaltung.

Geht es deshalb um Teile (nachgeordnete Dienststellen) einer größeren öffentlichen Verwaltung, ist für die Anwendbarkeit des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes allein auf letztere abzustellen, d. h. bei Mehrstufigkeit auf die organisatorische Einheit, in der mehrere Dienststellen zu einer administrativen Hierarchie zusammengefaßt werden (vgl. zum Begriff der Verwaltung Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 1 Rz 4). § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KSchG verwendet wie § 23 Abs. 1 KSchG den Begriff der “Verwaltungen”. Jene Vorschrift wurde durch das BPersVG 1974 eingefügt. Das BPersVG unterscheidet eindeutig zwischen “Verwaltungen” und “Dienststellen” (§§ 1, 6 BPersVG). Wenn das BPersVG einerseits das Kündigungsschutzgesetz änderte, indem es in § 1 KSchG ebenfalls den Begriff der “Verwaltungen” und zugleich den Dienststellenbegriff einführte, wenn andererseits der Begriff “Verwaltungen” in § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG beibehalten wurde, dann ist der Begriff dort auch wie im BPersVG auszulegen.

c) Diese Beschränkung ist nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, worauf das Landesarbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat. Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 27. Januar 1998 (– 1 BvL 15/87 – NJW 1998, 1475) festgestellt hat, ist es mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren, im Einzelfall auch Teile größerer Unternehmen unter § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG zu subsumieren, für die die vom Gesetzgeber angeführten billigenswerten Gesichtspunkte nicht zutreffen, die eine Benachteiligung der Arbeitnehmer von Kleinbetrieben bei der Ausgestaltung des Kündigungsschutzrechts rechtfertigen; im Wege verfassungskonformer Auslegung ist die Anwendbarkeit der Norm auf die Einheiten zu beschränken, für deren Schutz die sog. Kleinbetriebsklausel allein bestimmt ist (ebenso Dieterich, AR-Blattei, ES 1020, gem. Anm. zu Nr. 345, 346; Gragert/Kreutzfeld, NZA 1998, 567, 569). Der von der Kleinbetriebsklausel verfolgte Schutzzweck, den mit den Mitarbeitern eng zusammenarbeitenden Inhaber zu schützen und der geringeren verwaltungsmäßigen und wirtschaftlichen Belastbarkeit des Kleinbetriebs Rechnung zu tragen, trifft auf Betriebe des öffentlichen Dienstes i.S.v. § 6 BPersVG, § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG, § 23 Abs. 2 KSchG nicht zu, da es dort keinen mitarbeitenden Inhaber gibt und auch der öffentliche Betrieb regelmäßig von einer Verwaltung geführt wird (vgl. § 1 Satz 2 BPersVG, § 23 Abs. 2 KSchG), bei der nicht die Gefahr einer nicht hinreichenden Belastbarkeit besteht.

4. Die von der Beklagten in der Bundesrepublik unterhaltenen Kulturinstitute gehören einem einheitlichen Zweig derselben Verwaltung an. Daher sind die in Deutschland tätigen Mitarbeiter der Kulturinstitute insgesamt zu berücksichtigen, deren Anzahl unstreitig mehr als fünf Arbeitnehmer beträgt. Dabei ist es aufgrund der getroffenen Rechtswahl unerheblich, daß die Beklagte als ausländischer Staat nicht dem BPersVG unterfällt (§ 1 BPersVG). Auch kann dahinstehen, ob auf Einrichtungen ausländischer Staaten auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland das BetrVG Anwendung finden kann; es geht vorliegend nicht um das Eingreifen von Mitbestimmungsvorschriften, sondern um die lediglich anhand organisatorischer Kriterien vorzunehmende Frage nach dem Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes für einen staatlichen Arbeitgeber. Die Beantwortung dieser Frage setzt nicht das Eingreifen kollektivrechtlicher Regelungen voraus, sondern verlangt lediglich die auch bezüglich ausländischer Staaten mögliche Feststellung tatsächlicher Organisationsstrukturen.

Wie der Senat im Urteil vom 23. April 1998 (– 2 AZR 489/97 –, aaO) im Anschluß an die dortigen Feststellungen des Berufungsgerichts ausgeführt hat, kommt den Kulturinstituten der Beklagten keine selbständige Rechtspersönlichkeit zu. Auf diese Erkenntnisquelle kann der Senat auch im vorliegenden Fall zurückgreifen, § 293 ZPO. Danach sind die Rechtsgrundlagen der Kulturinstitute im Gesetz Nr. 401 vom 22. Dezember 1990 über die Reform der Italienischen Kulturinstitute und Maßnahmen zur Förderung der italienischen Kultur und Sprache im Ausland festgelegt. Daraus ergibt sich, daß die Kulturinstitute nicht etwa eigene Verwaltungen i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG sind, sondern nachgeordnete Stellen des institutionell allein verantwortlichen Außenministeriums der Beklagten. Nach Art. 2 Ziff. 2 des Gesetzes Nr. 401 sind die Kulturinstitute nämlich der institutionellen Verantwortung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten zugeordnet. Dieses schließt gem. Art. 3 die erforderlichen Kulturabkommen mit anderen Staaten, führt die hierzu erforderlichen Koordinierungsmaßnahmen durch, veranlaßt die Errichtung und Schließung der Institute, nimmt ihnen gegenüber Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse wahr, legt die Richtlinien der Kulturverbreitung fest und berichtet jährlich dem Parlament. Die Kulturinstitute selbst sind nach Art. 7 des Gesetzes Nr. 401 nur im Rahmen der Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse des Ministeriums und seiner jährlichen Finanzzuweisung operativ und finanziell autonom, wobei zusätzlich die allgemeinen Grundsätze zur Organisation und Funktion der Institute sowie die Bestimmungen für die Mittelverwendung durch Verordnung des Außenministeriums festgelegt sind und die Institute jährlich einen Rechnungsabschluß mit einem Tätigkeitsbericht zu übermitteln haben. Die Institutsleitung obliegt zwar gem. Art. 15 des Gesetzes den Direktoren, diese jedoch können nur im Rahmen der Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse des Ministeriums gem. Art. 3 des Gesetzes Tätigkeitsprogramme erstellen, kulturelle Maßnahmen planen und für die Organisation der Verwaltung und der Personalführung sowie die Vermögensverwaltung sorgen und müssen den nach Art. 7 erforderlichen Jahrestätigkeitsbericht und den Rechnungsabschluß verfassen und weiterleiten. Die Einstellung von Mitarbeitern ohne italienische Staatsangehörigkeit bedarf gem. Art. 17 des Gesetzes der Genehmigung des Außenministeriums. Demnach steht fest, daß die Kulturinstitute in den Verwaltungsbereich des Außenministeriums eingebunden und von ihm abhängig sind. Es besteht nicht lediglich eine Rechtsaufsicht; vielmehr ist das Außenministerium als Verwaltungsträger fachlich weisungsbefugt und gibt die kulturellen Zielsetzungen vor, die dann ebenso verbindlich sind wie die in einer Verordnung des Ministers vorgegebenen Grundsätze zur Organisation und Funktion der Institute und die hierin enthaltenen Bestimmungen für die Mittelverwendung. Aus seiner alleinigen institutionellen Verantwortung nach Art. 2 Ziff. 2 des Gesetzes Nr. 401 vom 22. Dezember 1990 für die Verfolgung der kulturellen Zwecke des Gesetzes und der sich aus Art. 3 Ziff. 1 lit. d, Art. 5 Ziff. 5 ergebenden Befugnis, Kulturinstitute zu errichten und zu schließen, ergibt sich, daß die Kulturinstitute als nachgeordnete Verwaltungsstellen des Außenministeriums anzusehen sind. Die Aufgabe der Förderung der italienischen Kultur und Sprache im Ausland wird somit nicht von den Instituten als gesonderten Verwaltungsträgern wahrgenommen, sondern als letztlich ausführenden Organen des Außenministeriums. Dieses kann zwar vorliegend nicht insgesamt als die für § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG maßgebende Verwaltung angesehen werden, da die Voraussetzungen für die Erfüllung dieser Vorschrift im Inland erfüllt werden müssen (Senatsurteil vom 9. Oktober 1997 – 2 AZR 64/97 – AP Nr. 16 zu § 23 KSchG 1969, zu II 2 der Gründe, m. w. N., auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen), jedoch ist abzustellen auf die Gesamtheit aller Kulturinstitute auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, da diese jeweils Teil derselben Verwaltung und sämtlich dem Außenministerium zuzuordnen sind. Das wird im übrigen auch dadurch deutlich, daß vielen Arbeitnehmern der italienischen Kulturinstitute in Deutschland ein von der italienischen Botschaft in Bonn auf Anweisung des Außenministeriums verfaßtes textgleiches Kündigungsschreiben übergeben wurde und der Ausspruch der Kündigung aufgrund der durch das übergeordnete Außenministerium verfügten Mittelkürzungen erfolgte. Aufgrund der organisatorischen und programmatischen Kompetenzen der Institutsleiter und ihrer jedenfalls bestehenden Mitwirkungskompetenz bei personellen wie auch sozialen Fragen wären die Kulturinstitute bei Anwendbarkeit des BPersVG möglicherweise als Dienststellen zu qualifizieren, was aber nichts daran ändert, daß sie Teil der vom italienischen Außenministerium geführten Staatsverwaltung und von ihm bis hin zur Frage ihrer Eröffnung und Schließung und damit existentiell abhängig sind.

5. Mit zutreffender und von der Revision nicht angegriffener Begründung hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 4. März 1996 sozial ungerechtfertigt und die Änderungskündigung damit unwirksam ist, § 2, § 1 Abs. 2 KSchG. Der Sachvortrag der Beklagten läßt nicht den Schluß zu, daß das Änderungsangebot durch dringende betriebliche Erfordernisse i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist. Die Revision hat auch nicht zu der Argumentation des Landesarbeitsgerichts Stellung genommen, es sei nichts dafür dargelegt, daß eine Senkung der Kosten nicht durch andere Maßnahmen möglich sei.

 

Unterschriften

Etzel, Bitter, Bartz, Bröhl, Baerbaum

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2628894

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