Entscheidungsstichwort (Thema)

Fälligkeit der Wechselschichtzulage

 

Leitsatz (amtlich)

Wechselschichtzulagen nach § 33a BAT für einen bestimmten Monat sind entsprechend § 36 Abs. 1 Unterabs. 2 erst am 15. des übernächsten Kalendermonates zu zahlen.

 

Normenkette

BAT §§ 36, 33a

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 07.02.1996; Aktenzeichen 18 Sa 147/95)

ArbG Berlin (Urteil vom 09.05.1995; Aktenzeichen 3 Ca 13136/94)

 

Tenor

  • Die Revision der Klägerin und die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitgerichts Berlin vom 7. Februar 1996 – 18 Sa 127/95, 137/95, 147/95 – werden zurückgewiesen.
  • Von den Kosten der Revision trägt die Klägerin 4/13 und die Beklagte 9/13.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung einer tariflichen Wechselschichtzulage.

Die Klägerin ist im Klinikum der Beklagten als Krankenschwester (teilzeit-)beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung.

Die Klägerin arbeitet nach einem Dienstplan in sogenannten Wechselschichten. Das sind nach § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2 BAT Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird.

In der Zeit vom 28. Juni 1993 bis zum 11. August 1993 befand sich die Klägerin in Erholungsurlaub.

In den Monaten Juni bis September 1993 leistete sie neben Früh- und Spätdiensten folgende Nachtdienste von jeweils 8,4 Stunden:

13. – 17. Juni 1993

fünf Nachtschichten

17. – 21. August 1993

fünf Nachtschichten

06. – 10. September 1993

fünf Nachtschichten.

Die Beklagte zahlte der Klägerin für die Monate August und September 1993 jeweils nur eine Schichtzulage von 70,-- DM brutto. Die Klägerin verlangt für beide Monate die Differenz zur tariflichen Wechselschichtzulage von 200,-- DM brutto (2 × 130,-- DM).

Zur Wechselschichtarbeit und deren Bezahlung bestimmt der BAT:

“§ 33a

Wechselschicht- und Schichtzulagen.

(1) Der Angestellte, der ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt ist, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten (§ 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2) vorsieht und der dabei in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leistet, erhält eine Wechselschichtzulage von 200,-- DM monatlich.

(2) Der Angestellte, der ständig Schichtarbeit (§ 15 Abs. 8 Unterabs. 7) zu leisten hat, erhält eine Schichtzulage, wenn

a) er nur deshalb die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt,

aa) weil nach dem Schichtplan eine Unterbrechung der Arbeit am Wochenende von höchstens 48 Stunden vorgesehen ist oder

bb) weil er durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht nur in je sieben Wochen leistet,

b) die Schichtarbeit innerhalb einer Zeitspanne von mindestens

aa) 18 Stunden

bb) 13 Stunden

geleistet wird.

Die Schichtzulage beträgt in den Fällen des

a) Unterabsatzes 1 Buchst. a 120 DM,

b) Unterabsatzes 1 Buchst. b

aa) Doppelbuchst. aa 90 DM

bb) Doppelbuchst. bb 70 DM

monatlich.”

Die Klägerin ist der Ansicht, die Zeit ihres Erholungsurlaubs sei bei der Festlegung des maßgeblichen Zehn-Wochen-Zeitraumes zu überspringen. Sie hat daher beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 260,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 15. Oktober 1993 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der Urlaub der Klägerin habe den Berechnungszeitraum von zehn Wochen unterbrochen. Dieser beginne erst wieder mit der Arbeitsaufnahme nach Beendigung des Urlaubs zu laufen. Im übrigen sei der Anspruch der Klägerin für den Monat September 1993 verfallen, weil ihn die Klägerin erst mit Schreiben vom 6. April 1994, zugegangen am 8. April 1994, geltend gemacht habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 180,-- DM stattgegeben und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter, während die Beklagte mit ihrer Revision Klageabweisung beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen beider Parteien sind nicht begründet.

Die Vorinstanzen haben zu Recht erkannt, daß der Klägerin für den Monat August 1993 eine Wechselschichtzulage von 120,-- DM und für den Monat September 1993 eine solche in Höhe von 200,-- DM zusteht. Da die Beklagte für die beiden Monate je 70,-- DM gezahlt hat, kann die Klägerin noch 180,-- DM verlangen.

1. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, in die Berechnung des Durchschnitts der Nachtarbeitsstunden seien auch Zeiten einzubeziehen, in denen der Arbeitnehmer – wie beim Erholungsurlaub – keine Arbeit geleistet hat. Diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.

2.a) Bei der Wechselschichtzulage nach § 33a BAT handelt es sich um eine Zulage, die monatlich zu zahlen ist. Damit ist für jeden Monat festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Zahlung der Zulage auch in diesem Monat gegeben sind.

Die Berechnung des Durchschnitts der Nachtschichtstunden innerhalb von je fünf – oder sieben – Wochen ist tariflich nicht geregelt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bedingt die Berechnung eines Durchschnitts, daß mindestens zwei Zeiträume von je fünf bzw. sieben Wochen, mithin 10 bzw. 14 Wochen, in die Berechnung einzubeziehen sind.

Daraus folgt, daß der Anspruch auf eine Wechselschichtzulage für einen bestimmten Monat jeweils dann gegeben ist, wenn der Angestellte in den letzten 10 bzw. 14 dem Monatsende vorausgehenden Wochen 80 Nachtarbeitsstunden geleistet hat. Dabei ist es aus Praktikabilitätsgründen zulässig, einheitlich im Betrieb entweder auf die letzten 70 bzw. 98 Kalendertage oder auf die letzten 10 bzw. 14 vollen Kalenderwochen abzustellen (vgl. zuletzt Urteil vom 7. Februar 1996 – 10 AZR 203/94 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, m.w.N.).

b) Die durch Urlaub ausgefallenen Nachtschichtstunden sind bei der Ermittlung der Zahl der für die Wechselschichtzulage erforderlichen Nachtdienststunden nicht mitzurechnen (vgl. Urteil vom 7. Februar 1996, aaO).

§ 33a BAT setzt voraus, daß der Angestellte mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht “leistet”. Diese Regelung ist dahin zu verstehen, daß die Nachtschichtstunden tatsächlich geleistet sein müssen. Die Wechselschichtzulage ist eine Erschwerniszulage, die neben den Erschwernissen der Wechselschichtarbeit auch die Erschwernisse der Arbeit in der Nachtschicht abgelten soll und deswegen zunächst ein Mindestmaß an Nachtschichtstunden voraussetzt und weiter hinsichtlich ihrer Höhe nach dem Umfang der geleisteten Nachtschichtarbeit – 40 Stunden in fünf Wochen oder 40 Stunden in sieben Wochen – differenziert.

Leistet der Arbeitnehmer keine Nachtschichtstunden, weil er arbeitsunfähig erkrankt ist oder sich in Urlaub befindet oder auch aus anderen Gründen, so fällt für ihn die Erschwernis der Arbeit in Nachtschichten nicht an. Die durch diese Ereignisse ausgefallenen Nachtschichtstunden können daher bei der Ermittlung des geforderten Umfangs der geforderten Nachtarbeit nicht mitberücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 7. Februar 1996, aaO).

c) Nach alledem sind die im Zeitraum von 10 oder 14 vollen Kalenderwochen geleisteten tatsächlichen Nachtschichtstunden vor dem jeweiligen Monatsende (letzter Monatstag 24.00 Uhr) zu ermitteln.

aa) Danach hat die Klägerin für den Monat August 1993 Anspruch auf die Wechselschichtzulage in Höhe von 120,00 DM, weil sie in den letzten 14 vollen Kalenderwochen vor dem 31. August 1993 mindestens 80 Nachtschichtstunden geleistet hat (21. bis 34. Kalenderwoche: 10 Nachtschichten á 8,4 Stunden). Sie kann allerdings keine Wechselschichtzulage in Höhe von 200,-- DM verlangen, weil sie in den letzten 10 vollen Kalenderwochen vor dem 31. August 1993 nicht die erforderlichen 80 Nachtschichtstunden erreicht (25. bis 34. Kalenderwoche, fünf Nachtschichten á 8,4 Stunden).

bb) Für den Monat September 1993 steht der Klägerin die Wechselschichtzulage in Höhe von 200,00 DM zu. Sie hat in den letzten 10 vollen Kalenderwochen vor dem 30. September 1993 die erforderlichen 80 Nachtschichtstunden geleistet (29. bis 38. Kalenderwoche: 10 Nachtschichten á 8,4 Stunden).

3. Der Anspruch der Klägerin für den Monat September 1993 ist nicht verfallen. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten war die Wechselschichtzulage für September 1993 nicht bereits am 15. September 1993 fällig, weil die erforderliche Berechnung erst am Monatsende vorgenommen werden kann. Die Zulage kann daher nicht bereits am 15. des laufenden Monats verlangt werden (§ 36 Abs. 1 Satz 1 BAT). Die Wechselschichtzulage ist zwar in Monatsbeträgen festgelegt. Es handelt sich bei ihr aber nicht um eine Zulage, die aufgrund eines einmal gegebenen Tatbestandes durchlaufend in jedem Monat gezahlt wird, sondern um eine Zulage, die je nach den tatsächlichen Verhältnissen in einem Monat zu zahlen ist, in einem anderen Monat wiederum nicht, und zwar unter Umständen auch dann, wenn Nachtschichtstunden nicht durch Urlaub oder Krankheit ausgefallen sind (vgl. Urteil vom 7. Februar 1996, aaO). Die Zulage kann daher entsprechend § 36 Abs. 1 Unterabs. 2 BAT erst am 15. den übernächsten Monats verlangt werden. Bei Fälligkeit am 15. November 1993 endete die sechsmonatige Ausschlußfrist nach § 70 BAT erst am 15. Mai 1994, so daß die Klägerin ihren Anspruch am 8. April 1994 fristwahrend geltend gemacht hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92, 97 ZPO.

 

Unterschriften

Matthes, Hauck, Mikosch, Burger, Tirre

 

Fundstellen

Haufe-Index 884798

NZA 1997, 264

PflR 1997, 19

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